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EU-Verordnungsvorschlag zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr

Im September 2023 hat die EU-Kommission ein Entlastungspaket zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vorgelegt. Kernstück ist der Verordnungsvorschlag zur Bekämpfung von Zahlungsverzug, der die bisher geltende Zahlungsverzugsrichtlinie ersetzen soll. Der BDI sieht Nachbesserungsbedarf.

Der Verordnungsvorschlag zur Bekämpfung von Zahlungsverzug, den die EU-Kommission als Teil des Entlastungspakets im September 2023 vorgelegt hat, soll die bisherigen Vorschriften der Zahlungsverzugsrichtlinie vereinheitlichen, insgesamt verschärfen sowie relevante Begrifflichkeiten präzisieren. Ähnlich wie die geltende Richtlinie betrifft der Verordnungsvorschlag sowohl Zahlungen zwischen Unternehmen als auch Zahlungen seitens öffentlicher Auftraggeber.

Die Eckpunkte des Verordnungsvorschlags

Im Wesentlichen beinhaltet der Vorschlag folgende Änderungen gegenüber der Zahlungsverzugsrichtlinie:

  • Regelungsform: Zur Vereinheitlichung der Vorschriften im EU-Binnenmarkt soll eine Verordnung die bisherige Richtlinie ablösen.
  • Zahlungsfristen: Artikel 3 des Verordnungsvorschlags sieht eine Obergrenze von 30 Tagen für vertraglich vereinbarte Zahlungsfristen sowie Abnahme- und Überprüfungsverfahren vor. Bisher lag die Obergrenze bei 60 Tagen. Ausnahmen sollen künftig nicht mehr möglich sein.
  • Verzugszinsen werden automatisch fällig ohne Erfordernis einer Mahnung (Artikel 5).
  • Vereinheitlichung der Höhe der Verzugszinsen auf acht Prozentpunkte über Basiszinssatz (Artikel 6).
  • Automatische Pauschalentschädigung in Höhe von 50 Euro als Beitreibungskosten für jeden einzelnen Geschäftsvorgang (Artikel 8).
  • Im öffentlichen Bauwesen Nachweispflicht der fristgemäßen Zahlung an beteiligte Unterauftragnehmer durch den Bauauftragnehmer​ (Artikel 4).
  • Auflistung von Vertragsklauseln und -praktiken, die nichtig sind (Artikel 9 Absatz 1), unter Streichung des bisherigen Begriffs „grob missbräuchlich“ des Artikels 7 der geltenden Zahlungsverzugsrichtlinie​.
  • Klageberechtigung von Organisationen (Artikel 9 Absatz 3)​.
  • Einführung von neuen behördlichen Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen (Artikel 13 und 14​).

Die BDI-Position

  • Grundsätzlich unterstützt der BDI das Ziel der Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und begrüßt die Sicherstellung von EU-einheitlichen Regelungen durch eine Verordnung. Allerdings beschränken viele Vorschriften des Verordnungsentwurfs die Vertragsfreiheit von Unternehmen im Binnenmarkt spürbar. Daher richten wir folgende Forderungen zur Nachbesserung an die beteiligten Akteure:
  • Einzelfallgerechte Zahlungsfristen über 30 Tage hinaus müssen weiterhin möglich bleiben.  
  • Der Anwendungsbereich muss auf Geschäftsbeziehungen mit KMU beschränkt werden.​
  • Die bestehende zivilrechtliche Systematik zu Verzugszinsen und das Konzept der Mahnung und der Geltendmachung eines Verzuges​ sind beizubehalten. Die automatische Fälligkeit von Verzugszinsen berücksichtigt die synallagmatische Leistungsbeziehung und das Äquivalenzinteresse nicht ausreichend.
  • Die Sonderregelungen für das öffentliche Bauwesen​ sind zu beseitigen.
  • Das Konzept „grob missbräuchlich“ des Artikels 7 der geltenden Zahlungsverzugsrichtlinie muss beibehalten und konkretisiert werden.​ Denn es erlaubt einen besseren Umgang mit besonderen Konstellationen und Einzelfällen als es eine Verbotsliste vermag.
  • Es gibt keinen Bedarf an neuen behördlichen Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen. Eine solche Praxis erscheint für den angestrebten Zweck weder erforderlich noch angemessen und würde auf Unternehmensseite unnötigen Verwaltungsaufwand verursachen. Die bestehenden privatrechtlichen Rechtsschutz- und Durchsetzungsmöglichkeiten haben sich als ausreichend erwiesen.
  • Ebenso verhält es sich mit einer Verbandsklagebefugnis. Es bestehen bereits hinreichende rechtsstaatliche Möglichkeiten in Form von Mahnverfahren und zivilrechtlichen Klagen, die aus unserer Sicht angemessen und ausreichend sind.

Die nächsten Verfahrensschritte

Im Europäischen Parlament ist der Ausschuss für Binnenmarkt- und Verbraucherschutz (IMCO) federführend zuständig. Am 20. November 2023 hat die Berichterstatterin Roza Thun und Hohenstein (Renew Europe, Polen) ihren Berichtsentwurf veröffentlicht. Dieser sieht weitere Verschärfungen des Kommissionsvorschlages vor, u.a. eine Erhöhung der Entschädigung für Beitreibungskosten, eine Ausweitung des Nichtigkeitskatalogs in Artikel 9, die Stärkung der Kontrollbefugnisse der Europäischen Kommission und erweiterte Berichtspflichten für große Unternehmen.

Deadline zur Einreichung von Änderungsanträgen zum Berichtsentwurf ist der 12. Dezember 2023. Für den 24./25. Januar 2024 ist eine Aussprache zu den Änderungsanträgen und Kompromissänderungsanträgen im IMCO geplant. Die finale IMCO-Abstimmung über den Berichtentwurf soll am 22. Februar 2024 stattfinden. Im März 2024 soll das EP-Plenum abstimmen.