Europaparlament diskutiert über verbindliches EU-Energieeinsparziel
Wie auch in der aktuell geltenden Richtlinie (EED) sollen künftige Steigerungen der Energieeffizienz an konkrete Grenzen im Primär- und Endenergieverbrauch geknüpft werden, wobei es bisher den EU-Staaten zur Wahl stand, im Primär- oder Endenergiebereich aktiv zu werden. Neu ist, dass die EU-Staaten künftig selbst entscheiden sollen, inwieweit sie in die Erhöhung der Energieeffizienz oder in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren möchten – sofern die EU in ihrer Gesamtheit ihre Ziele in beiden Bereichen erreicht. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten ihre Zielsetzungen und Strategien in nationalen Energie- und Klimaplänen festlegen und so für mehr Transparenz sorgen.
Während der Rat die Erhöhung der Energieeffizienz um 30 Prozent allein als indikative Zielsetzung akzeptieren möchte, wird im Parlament über EU-weit verbindliche Vorgaben bis zu 40 Prozent wie auch über bindende Ziele für die nationale Ebene diskutiert. Eine einheitliche fraktionsübergreifende Ausrichtung des Parlaments zeichnet sich hier jedoch noch nicht ab.
Energieeinsparverpflichtung bleibt auch nach 2021 bestehen
Starke Differenzen gibt es darüber hinaus bei der Frage der Höhe und Ausgestaltung der Energieeinsparverpflichtung für Energieunternehmen. Die Verpflichtung, dass Energieversorger bei ihren Kunden Effizienzsteigerungen bewirken sollen, wird weder im Rat noch im Parlament grundsätzlich in Frage gestellt, solange die EU-Staaten die Energieeffizienzsteigerungen ebenso durch alternative Maßnahmen erreichen dürfen. Diese können beispielsweise in Förderprogrammen für Unternehmen oder für den Gebäudesektor bestehen.
Da viele der EU-Staaten die jährliche Einsparvorgabe von 1,5 Prozent abgeschwächt wissen möchten, hat sich der Rat im Juni auch für eine Absenkung des Einsparziels auf jährlich 1 Prozent ab 2026 positioniert. Bislang können die EU-Staaten den Energieabsatz im Verkehrssektor und zum Teil auch in den Industrieanlagen, die unter den EU-Emissionshandel fallen, aus der Einsparverpflichtung herausrechnen. Diese Flexibilität wollen sich die Mitgliedstaaten auch in Zukunft nicht nehmen lassen, zumal sie ermöglicht, Doppelregulierung zu vermeiden. Sie möchten vielmehr ihre Spielräume durch die Möglichkeit erweitern, Einsparungen aus der laufenden Dekade auf die nächste Periode anrechnen zu können oder am Gebäude erzeugte erneuerbare Energien von der einzusparenden Energiemenge teilweise in Abzug zu bringen.
Europaparlament noch uneinig: Ambition versus Flexibilität
Im Parlament fordern dagegen mehrere Abgeordnete, die Energieeinsparverpflichtung für Energieversorger noch einmal zu erhöhen und die beschriebenen Flexibilitätsmechanismen nach 2021 auslaufen zu lassen. Entschieden ist auch hier noch nichts, weder innerhalb der politischen Gruppen noch fraktionsübergreifend. In diesen Auseinandersetzungen geht es immer um die Grundfragen: Ambition und Kontrolle versus Flexibilität und Energieeffizienz versus feste Einspargrenzen.
Deutsche Industrie bei Energieeffizienz an drittoberster Stelle
Dieser Kurs hat sich bewährt. In einer jüngsten Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln steht die deutsche Industrie im Vergleich zu 23 Industrieländern in Sachen Energieeffizienz an dritter Stelle – bei einem deutlich höheren Industrieanteil Deutschlands gegenüber den beiden Vorreitern Dänemark und Großbritannien. Unstrittig ist jedoch, dass viele Bereiche noch großes Potenzial zur Steigerung der Energieeffizienz bergen, wie z. B. der Gebäudesektor. Diese müssten auch gezielt angegangen und politisch flankiert werden, sonst lohnt es sich auch nicht, über ein höheres Energieeffizienzziel nachzudenken.
Das Europaparlament stimmt Ende November 2017 im Industrie- und Energieausschuss über den künftigen Energieeffizienzrahmen ab; die Abstimmung im Plenum soll im Januar 2018 erfolgen. Der BDI spricht sich in diesem Zusammenhang für mehr Energieeffizienz, aber gegen starre Einsparziele, für ein hohes Maß an Flexibilität und für nachhaltige, kosteneffiziente Lösungen aus.