Finanztransaktionssteuer: Nationale und europäische Alleingänge vermeiden
Der EU-Gipfel hat im Juli 2020 den EU-Haushalt für die kommenden Jahre („Mehrjähriger Finanzrahmen“) und den darin eingebetteten Wiederaufbaufonds („NextGenerationEU“) beschlossen. Damit ist auch ein steuerpolitischer Dauerbrenner auf EU-Ebene wieder in den Fokus gerückt. Denn die Schlussfolgerungen der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom Juli 2020 sehen vor, dass die EU im Laufe des kommenden „Mehrjährigen Finanzrahmens“ auf die Einführung neuer Eigenmittel hinarbeiten wird. Dazu zählt neben geplanten Steuern und Abgaben auf nicht recycelte Kunststoffabfälle u. a. auch eine Finanztransaktionssteuer.
Die Diskussionen um die Einführung einer solchen Steuer auf Finanzgeschäfte sind allerdings nicht neu. Die ersten Initiativen zur Einführung reichen bis in das Jahr 2011 zurück und es wurden bereits zahllose Debatten über den vorgeblichen Nutzen einer solchen Steuer geführt. Ausschlaggebend für die ursprüngliche Diskussion war das Ziel, die Finanzwirtschaft an den Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise zu beteiligen. Zahlreiche Vorschläge und Verhandlungsrunden erzielten allerdings keine sichtbaren Fortschritte zur Einführung einer solchen Steuer, bis es Ende 2016 sogar zum vorläufigen Stillstand der Debatte kam. Es waren Deutschland und Frankreich, die sich auf der Tagung der europäischen Wirtschafts- und Finanzminister im Mai 2019 erneut auf Eckpunkte zur Einführung einer solchen Steuer geeinigt hatten. Erneut blieb allerdings ein Fortschritt der Verhandlungen auf europäischer Ebene aus. Zuletzt hatte Deutschland Ende 2019 einen eigenen Entwurf für die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer vorgelegt.
BDI: Finanztransaktionssteuer falsches Signal
Trotz mehr als zehnjähriger Debatte sind zahlreiche Fragestellungen im Zusammenhang mit einer Finanztransaktionssteuer ungelöst. Für eine Reihe von technischen Fragen und Problemen liegen noch immer keine Lösungen parat. Es wurde noch kein Königsweg gefunden, die Finanzmärkte wie gewünscht zu stabilisieren und die Verantwortlichen der letzten Finanzkrise an den Kosten zu beteiligen – ohne damit Europa als Finanz- und Investitionsstandort zu schwächen. Vor dem Hintergrund des Brexit, der nach Ende des Übergangszeitraums ab Anfang Januar 2021 voll durchschlagen wird, wären unwiderrufliche Ausweichreaktionen von Finanzmarktteilnehmern zu erwarten. Mit London liegt dann ein bedeutender Finanzplatz vor der Haustür der EU, der in direktem Wettbewerb mit europäischen Finanzplätzen wie Frankfurt oder Paris steht.
Die Idee einer Finanztransaktionssteuer steht im Widerspruch zum erklärten Ziel der EU-Kommission, Europa als Wirtschafts- und Investitionsstandort im globalen Wettbewerb zu stärken. Gerade während des notwendigen Wiederaufbaus der europäischen Wirtschaft nach der Corona-Krise gilt es, negative Auswirkungen auf die gewerbliche Wirtschaft und damit auf Wachstum und Beschäftigung zu vermeiden. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wäre somit das falsche Signal.