Hinweisgeberschutzgesetz auf der Zielgeraden
Der aktuell vorliegende Gesetzesentwurf basiert auf der Richtlinie 2019/1937 „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“. Die Umsetzungsfrist der Richtlinie lief bereits im Dezember 2021 ab. Eine Umsetzung in Deutschland steht weiterhin aus. Die Koalitionsparteien haben im Koalitionsvertrag aus November 2021 festgelegt, die Umsetzung der Richtlinie „rechtssicher und praktikabel“ zu gestalten. Im Juli 2022 legte der Bundesjustizminister sodann den Regierungsentwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen,
die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (HinSchG-E) vor.
Der BDI unterstützt die Zielsetzung des Gesetzes, einen wirksamen Hinweisgeberschutz zu gewährleisten. Denn Unternehmen sind daran interessiert, sichere und effiziente Meldewege und damit einhergehend, einen möglichst lückenlosen Schutz für Hinweisgeber sicher zu stellen. Häufig existieren bereits heute Meldesysteme in Unternehmen. Insofern ist es aus Perspektive des BDI insbesondere wichtig, die Konzernlösung bei der Einrichtung von Meldestellen im Gesetz beizubehalten. Die Einrichtung zentraler Meldewege stellt sicher, dass in Konzernen einheitliche Lösungen gefunden werden und dass eine Stelle mit ausreichend Fachpersonal für die teilweise komplexen Probleme zur Verfügung steht.
Industrie fordert Anpassung des Gesetzentwurfs
Darüber hinaus schafft der aktuelle Gesetzesentwurf nicht ausreichend Anreize zur vorrangigen Nutzung interner Meldewege. Nach Art. 7 der Richtlinie sollen sich die Mitgliedstaaten aber gerade dafür einsetzen, dass interne Meldestellen vorrangig genutzt werden. Diese Regelung soll den Unternehmen die Möglichkeit dafür bieten, die Verstöße zunächst intern zu prüfen, um so möglichen rufschädigenden Wirkungen vorzubeugen. Eine interne Meldung erleichtert es zudem die Probleme zu beseitigen, da sich Personen mit dem gemeldeten Missstand auseinandersetzen, die die internen Abläufe kennen. Sie können den Umfang des Problems besser und schneller einschätzen und die Beseitigung kann effektiv und zügig stattfinden.
Letztlich bereitet auch der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzesentwurfs Schwierigkeiten. Dieser umfasst über den von der Richtlinie vorgesehenen Anwendungsbereich auf Verstöße gegen europäisches Recht auch Verstöße gegen nationales Recht. Das ist vor allem insoweit problematisch, als das Verhältnis von bereits bestehendem nationalen Recht zum HinSchG-E nicht geregelt ist. Der HinSchG-E erfasst auch die Meldung von Antragsdelikten im Strafrecht, was zu einem Wertungswiderspruch innerhalb der Rechtsordnung führt.
Aktueller Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Ende September 2022 wurde der Regierungsentwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz in 1. Lesung im Bundestag eingebracht. Der BDI nahm an der Sachverständigenanhörung des zuständigen Rechtsausschusses im Oktober 2022 teil. In diesem Zusammenhang betonte der BDI erneut die hohe Relevanz der Konzernlösung und die Anreizschaffung zur vorrangigen Nutzung interner Meldewege.
Am 14.12.2022 hat der Rechtsausschuss des Bundestages den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Gesetzentwurf mehrheitlich angenommen. Der Bundestag hat am 16.12.2022 in 2./3. Lesung den Gesetzentwurf in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung beschlossen. Im Vergleich zum Regierungsentwurf ergeben sich einige Änderungen. Zu begrüßen ist, dass der Ausschuss in seiner Beschlussempfehlung die sog. „Konzernlösung“ ausdrücklich befürwortet und auf ihre hohe Praxisrelevanz hinweist. Auch die Anpassung der Löschfrist und die Informationspflicht externer Meldestellen auf interne Meldewege ist eine Verbesserung.
Nichtsdestotrotz bleiben die Änderungen hinter den Erwartungen der Wirtschaft zurück und setzen die Europäische Richtlinie überschießend um. Insbesondere im Hinblick auf die Pflicht zur Einführung anonymer Meldewege hatte sich der BDI dafür eingesetzt, dass es den Unternehmen selbst überlassen bleibt, ob sie diese einführen oder nicht. Diese Forderung hat der Bundestag leider nicht berücksichtigt. Im Anschluss an die Zustimmung des Bundesrates tritt das Gesetz drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft.