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Klimaziele auf der Kippe: Genehmigungsverfahren und Fachkräftemangel bremsen Transformation der Industrie

Die Unzufriedenheit mit der Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren ist seit Jahren ein Problem. Die Verfahren dauern heute oft doppelt so lang wie gesetzlich vorgesehen – teils vergehen Jahre. Solche Verzögerungen blockieren Milliardeninvestitionen in den klimafreundlichen Umbau der Industrie.

„Deutschland ist bei Genehmigungsprozessen nicht mehr wettbewerbsfähig.“ So deutlich beschreiben viele Unternehmerinnen und Unternehmer das Tauziehen mit der Bürokratie. Unternehmen wollen in neue Anlagen investieren und werden von der Bürokratie ausgebremst. Jede Produktionsumstellung, etwa für die Nutzung von Wasserstoff, braucht eine Genehmigung. Und die Zahlen steigen: Bedingt durch die grüne und digitale Transformation prognostizieren Experten eine Verdoppelung der Genehmigungsverfahren bis 2030.

Aktuelles Stimmungsbild: Dauer und Komplexität von Genehmigungsverfahren steigt weiter

Die Ergebnisse einer aktuellen BDI-Umfrage bei rund 600 Unternehmen sind alarmierend: Trotz politischer Beteuerungen sind die Dauer und Komplexität der Genehmigungsverfahren weiter gestiegen. Dies bringt sowohl Behörden als auch Unternehmen an ihre Grenzen. Besonders kritisch: Die Anforderungen an Gutachten steigen, doch die Zahl der Gutachter nimmt ab.

Rechtliche Verschärfungen erschweren den Prozess

Anzahl, Umfang sowie Anforderungen an die fachliche Tiefe von Gutachten sind zuletzt deutlich gestiegen. Ursache sind die Verschärfungen und Differenzierungen von gesetzlichen Regelungen, aber auch die Forderungen nach immer detaillierteren Betrachtungen seitens der Behörden. Seit 2021 gab es im Umwelt- und Arbeitsschutzrecht rund 1.200 neue Normen und etwa 360 Gesetzesänderungen.

Schleppende Genehmigungsverfahren gefährden die Klimaziele

Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Industriesektor die CO2-Emissionen von 2020 bis 2030 von 186 Millionen auf 118 Millionen Tonnen CO2 senken. Branchen wie Stahl, Chemie, Zement und Energieerzeugung brauchen weitreichende Umbaumaßnahmen, etwa für die Erzeugung von Wasserstoff. Ihre Produkte sind unerlässlich für die Klimaneutralität aller Bereiche, einschließlich dem Bau von Windrädern. Verzögern sich die Genehmigungen, wackeln auch die Klimaziele.

Wege zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren

Es bedarf verbindlicher Standards, Stichtagsregelungen, besserer Datengrundlagen und eindeutiger gesetzlicher Vorgaben, um den Umfang der Gutachten zu reduzieren. Zudem sind weitere Änderungen im Bundesimmissionsschutzgesetz notwendig. Der Entwurf der Bundesregierung bringt keine Beschleunigung für Industrieanlagen, da wesentliche Verfahrenserleichterungen nur für Erneuerbare-Energien-Anlagen gelten sollen. Diese Erleichterungen müssen auch auf Industrieanlagen ausgeweitet werden. Anderenfalls bleibt die Transformation der Industrie zur Klimaneutralität auf der Strecke.

Konkrete Schritte für eine effiziente Verfahrensabwicklung

Der Gesetzgeber hat zuletzt eine Reihe von Beschleunigungsgesetzen auf den Weg gebracht – ohne wesentliche Wirkung. Das muss sich schnell ändern:

  • Übertragung der Regelungen für erneuerbare Energien auf Industrieanlagen
  • Nutzung der Fuel-Switch-Regelungen als Modell für dauerhafte Beschleunigungen
  • Praxistaugliche Gestaltung des vorzeitigen Baubeginns
  • Reduzierung und gesetzliche Festlegung des Detaillierungsgrad der Antragsunterlagen

Die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft wird mit einem deutlichen Anstieg von Genehmigungsverfahren verbunden sein. Bund und Länder müssen deshalb für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen, sowohl für den Ausbau der erneuerbaren Energien als auch für Investitionsvorhaben der Industrie.