Level Playing Field im internationalen Wettbewerb
Um ein Level Playing Field, sicherzustellen, müssen internationale Handelsregeln und Wirtschaftspartnerabkommen der EU mit Drittstaaten stärker durchgesetzt werden und der Binnenmarkt vor unfairem Wettbewerb durch Dritte geschützt werden. Bei der Ausgestaltung darf die EU dabei dem internationalen Trend zu Protektionismus keinen Vorschub leisten, sondern muss sich diesem strategisch entgegenstellen.
Offene Strategische Autonomie
Seit dem Frühjahr 2020 wird in Europa intensiv über das Konzept einer „offenen strategischen Autonomie” (Open Strategic Autonomy) der Europäischen Union diskutiert, oft im Zusammenhang mit dem globalen Systemwettbewerb zwischen offenen Marktwirtschaften und staatsgetriebenen Modellen. Weitere Themen sind in diesem Zusammenhang die Krise der Welthandelsorganisation (WTO), die vermehrte Nutzung von unilateralen Maßnahmen, sowie die zunehmende Rückkehr zu wirtschaftlichem Nationalismus. Im Fokus dieser Debatten steht auch der Wettbewerb auf Augenhöhe für europäische Wirtschaftsbeteiligte.
Für eine robuste und durchsetzungsstarke EU-Handelspolitik unter dem Leitgedanken der offenen strategischen Autonomie, die sich die Schaffung eines Level Playing Fields zum Ziel setzt, sollte dies bedeuten:
- Offenheit: Ein multilateral geregelter Welthandel muss der Königsweg europäischer Handelspolitik bleiben. Eine Reform, Stärkung und Weiterentwicklung der WTO ist erforderlich. Gerade in der Folge der Covid-19-Pandemie muss die EU mit gutem Beispiel vorangehen und sich gegen zunehmenden Protektionismus und für Offenheit der Märkte einsetzen.
- Strategisch und autonom: Die EU muss ihre globale Führungsrolle durch strategische Bündnisse mit zentralen Partnern weiter stärken und ausbauen. Auch geoökonomische Ziele sind dabei zu berücksichtigen. Zudem muss die Handelspolitik der EU durchsetzungsstark sein, um ein internationales Level Playing Field für europäische Wirtschaftsbeteiligte sicherzustellen. Hierzu bedarf es effektiver und ausgewogener Instrumente, um europäische Unternehmen vor unfairem Marktverhalten schützen und in Abkommen getroffene Vereinbarungen und internationale Regeln durchzusetzen. Autonomie darf dabei keinesfalls mit Autarkie verwechselt werden. Europa muss angemessen selbstbestimmt handeln können, ohne aber die etablierte, effiziente und wohlstandsschaffende Arbeitsteilung in der Weltwirtschaft insgesamt zu gefährden.
Ein effektiver und ausgewogener Instrumentenkasten
Um ein Level Playing Field im internationalen Wettbewerb zu sichern, sind die deutsche und europäische Industrie auf effektive und ausgewogene Instrumente angewiesen. Über multilaterale, plurilaterale und bilaterale Handelsübereinkünfte sowie unilaterale Maßnahmen der EU muss auf Strukturen hingewirkt werden, die einen Wettbewerb auf Augenhöhe ermöglichen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass sich insbesondere unilaterale Maßnahmen der EU an den Interessen einer offenen Marktwirtschaft orientieren. Ein regelbasierter Welthandel muss das Fundament europäischer Handelspolitik bleiben. Die EU darf die Regeln des multilateralen Systems nicht untergraben, sondern muss auf ihre Weiterentwicklung und Stärkung hinwirken.
Der Instrumentenkasten der EU muss den sich ändernden Rahmenbedingungen im internationalen Handel, wie beispielsweise international steigendem Protektionismus oder der Schwächung internationaler Organisationen, entsprechen und ein Level Playing Field sicherstellen können.
Internationale Zusammenarbeit für ein Level Playing Field
Defensivinstrumente können jedoch nur ein zusätzlicher Weg zur Sicherstellung des Wettbewerbs auf Augenhöhe darstellen. Das wirtschaftspolitische Primat der EU muss auf der Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit liegen. Nur eine dynamische und innovative europäische Wirtschaft kann langfristig global erfolgreich sein und als Vorbild agieren. Dies setzt marktorientierte, industriefreundliche und technologieoffene Rahmenbedingungen voraus. Einen besonderen Schwerpunkt müssen zudem weiterhin offensive Maßnahmen der EU zur Öffnung von Drittmärkten und zur Förderung des gegenseitigen Handels bilden. Dazu gehören weitere Freihandels- und Investitionsabkommen mit wichtigen Wirtschaftspartnern.
Darüber hinaus sollte die EU gemeinsam mit anderen interessierten Staaten plurilaterale Wege einschlagen, um marktwirtschaftlich ausgerichtete Länder besser vor den wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen staatswirtschaftlicher Systeme schützen zu können. Schließlich sollten die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten den Dialog mit staatswirtschaftlichen Drittstaaten nutzen, um zu marktwirtschaftlichen Reformen zu ermutigen und anzumahnen.
In einer Zeit, in der die Weltwirtschaft unter geopolitischen und geoökonomischen Druck gerät, muss die EU grundsätzlich für eine offene, kooperative und multilaterale Weltwirtschaft stehen – aber gleichzeitig auch ihre eigenen strategischen Interessen verfolgen. Für die deutsche Industrie gilt es, globale Chancen zu nutzen, sich Herausforderungen zu stellen und Risiken zu minimieren. Dies erfordert wieder mehr globale Zusammenarbeit, um die aktuellen Hindernisse zu überwinden. Es bedarf aber auch eines wirksamen Instrumentenkastens, um selbstbestimmt agieren zu können.