Lieferkettenstörungen in der internationalen Containerschifffahrt
Im März 2021 kam das Containerfrachtschiff Ever Given im Suezkanal vom Kurs ab und blockierte für etwa eine Woche die Durchfahrt durch den Kanal, der kürzesten Seewegverbindung zwischen Asien und Europa. Das belastete die ohnehin schon angespannten maritimen Lieferketten zusätzlich. Schon zuvor verschärften sich nicht zuletzt durch pandemiebedingte Beeinträchtigungen auf den Routen zwischen Asien und Europa die Lage im Seeverkehr. Mangelnde Verfügbarkeit von Containern, Engpässe bei Transportkapazitäten und die zunehmende Unpünktlichkeit von Schiffen belasten die Transportkette in der Folge. Die Industrie beklagte Qualitätsmängel in den Seefrachtdienstleistungen bei gleichzeitig steigenden Transportkosten. Störungen wie diese haben erhebliche Auswirkungen auf Lieferketten und Produktverfügbarkeit. Im schlimmsten Fall geraten Produktionsprozesse ins Stocken.
Welche Bedeutung hat der Seeverkehr für die Industrie und die Konsumenten?
Darüber hinaus bereiten der Industrie zunehmend unkalkulierbare Frachtkosten für Containertransporte zusätzliche Sorgen, da sie den Unternehmen die Kostenkalkulation erschweren und sich erheblich auf die Produktpreise auswirken können. Die Blockade des Suezkanals und die coronabedingten Teilschließung von Terminals in einigen südchinesischen Häfen wie in Yantian und Ningbo, die für die deutsche Industrie wichtige Drehkreuze für Im- und Export von Waren und Rohstoffen sind, haben die ohnehin schon angespannte Situation in den maritimen Lieferketten weiter verschlechtert.
Warum gibt es die Spannungen in der Containerschifffahrt?
Die Gründe für die Spannungen in der Containerschifffahrt sind vielfältig: Der Ausbruch der Pandemie und die Stilllegung großer Teile der Industrieproduktion weltweit führten zu zahlreichen sogenannten "blank sailings", d. h. dem Ausfall ganzer Liniencontainerschiffe. Transportkapazitäten wurden aufgrund der gesunkenen Nachfrage zu diesem Zeitpunkt nicht benötigt. Zudem führten länderspezifische Quarantänebestimmungen zu Komplikationen bei Besatzungswechseln und zu Personalengpässen. Eingeschränkten Abfertigungskapazitäten in den Häfen in Folge von Staus an den Terminals wirkte sich auf die Umschlagszeiten in den Häfen aus und verzögerte den Frachttransport. Die Schiffe stauten sich vor den Hafeneinfahrten. Die rasche Wiederaufnahme der Industrieproduktion und die damit verbundene erhöhte Nachfrage nach Schiffsraum konnte daher nicht befriedigt werden. Da sich weite Teile der Welt im Lockdown befanden, stieg zudem die Nachfrage nach Konsumgütern, in Asien hergestellt werden. Für diese Waren wurde ebenfalls Containerkapazität benötigt, was die Situation zunehmend verschärfte.
Anfang 2021 stieg die Nachfrage nach Seetransporten in Vorbereitung auf das chinesische Neujahrsfest zusätzlich an. Die führte zu Spannungen in der internationalen Containerschifffahrt, insbesondere zwischen Europa und Asien/China. Die Häfen müssen bis heute mit erhöhten Transporten und Rückständen fertig werden, während die Lagerkapazitäten in den meisten Häfen für ausgehende Fracht begrenzt sind. Lange Wartezeiten in den Häfen bzw. an den Terminals für das Löschen der Fracht sind die Folge.
Wie geht es weiter?
Auch wenn die Häfen voll ausgelastet sind und die Blockade des Suezkanals längst überwunden ist, wird sich die Situation nur langsam entspannen. Die Nachfrage nach Transportkapazitäten ist nach wie vor sehr hoch. Ersten Prognosen zufolge wird der Druck im Seeverkehr voraussichtlich auch über den Jahreswechsel 2021-2022 anhalten. Engpässe und Teilschließungen von Häfen bedingt durch Corona-Ausbrüche ziehen gewaltige „Welleneffekte“ auf die weiteren Lieferketten nach sich. Das zeigen Abfertigungsstaus, verspätete Schiffsankünften und Transportverknappung. Daher bleibt die Lieferkette weiterhin anfällig, solange coronabedingt logistische Drehkreuze weltweit unter Druck geraten. Das Ende der Pandemie und zusätzliche Containerkapazitäten, die langsam auf den Markt strömen, lassen auf Entspannung für den Jahresverlauf 2022 hoffen.