Mutiger Fahrplan, aber Industrie vermisst wichtige Antworten auf zentrale Fragen
„Die EU zeigt einen mutigen und konkreten Fahrplan für Europas Weg zur Klimaneutralität auf. Mit ihren Vorschlägen zur Erreichung der Klimaziele kommt die EU von der Zieldiskussion endlich ins Handeln. Die deutsche Industrie vermisst wichtige Antworten auf zentrale Fragen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Innovationsstandorts Europa. Die deutsche Industrie erwartet von Brüssel mehr Rückendeckung im globalen Rennen um beste Klimaschutzlösungen, damit aus dem EU-Green-Deal eine echte Wachstumsstrategie wird.
Der Klimaplan wird nur dann zum Erfolg und internationale Nachahmer finden, wenn unsere Industrie trotz Dekarbonisierung global wettbewerbsfähig bleibt. Europäische Klimaschutzlösungen können und müssen zum Exportschlager werden. Die Politik muss Unternehmen einen verlässlichen Rahmen geben, der die immensen notwendigen Investitionen in klimafreundliche Prozesse und Technologien betriebswirtschaftlich attraktiv macht.
Eine zehnjährige Übergangsfrist für einen neuen Klimazoll (CBAM) ist für mehr Planungs- und Investitionssicherheit in der Industrie besser als eine abrupte Einführung dieses neuen, unerprobten Instruments. Die Gefahr von Importbarrieren für die Exportnation Deutschland ist nicht gebannt. Klimazölle riskieren neue Handelskonflikte.
Bei konkreten Umsetzungsplänen zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft bleibt die EU hinter dem Notwendigen zurück. Ohne einen sehr viel stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien bleibt das klimaneutrale Europa eine Wunschvorstellung. Für den europaweiten und internationalen Handel mit erneuerbarem sowie CO2-armem Wasserstoff braucht es eine einheitliche Klassifizierung und Zertifizierung.
Das faktische Verbot des Verbrennungsmotors ist die falsche Antwort auf die Anforderungen des Klimaschutzes im Verkehr. Hier sind alle möglichen Technologieoptionen zu nutzen. Dazu gehören auch Wasserstoff und weitere CO2-neutrale Kraftstoffe. Sich de facto einseitig auf reine Elektromobilität festzulegen ist hoch riskant und beschneidet internationale Marktchancen.
Europas Zukunftsfähigkeit steht und fällt mit einer verlässlichen CO2-Bepreisung auf EU- und globaler Ebene. Es ist richtig, in der Ausweitung des EU-Emissionshandels auf Gebäude und Straßenverkehr auf getrennte Systeme zu setzen. Wichtig ist, dass die Energiesteuerrichtlinie Anreize für CO2-neutrale Energieträger und Erleichterungen für Wasserstoff vorsieht. Wettbewerbsverzerrungen für den europäischen Luft- und Seeverkehr durch europäische Insellösungen sollten vermieden werden.
Europa steht vor der Jahrhundert-Aufgabe, der Welt zu beweisen, dass ein klimaneutraler Industriekontinent möglich ist. Ein europäischer Alleingang im Klimaschutz hilft dem Weltklima nicht. Künftig muss sich die EU noch stärker für weltweit gleiche Klimaschutz-Spielregeln einsetzen, beginnend mit den G7- und G20-Staaten. Klimadiplomatie muss künftig noch mehr Gewicht bekommen.“