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Nationale Wasserstoffstrategie: Entwurf des BMWK geht nicht weit genug

Angesichts veränderter Rahmenbedingungen ist eine Weiterentwicklung der Nationalen Wasserstoffstrategie dringend erforderlich. Ein inoffizieller Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zur Fortschreibung geht jedoch nicht weit genug, um den notwendigen Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland zu sichern.

Im Juni 2020 hat die damalige Bundesregierung die Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) erstmals verabschiedet. Sie umfasste 38 Maßnahmen und bietet viele gute Ansätze, um Wasserstoff als zentrales Element im Energiesystem zu etablieren. Der BDI begrüßt eine Anpassung der NWS, denn in den vergangenen Jahren haben sich einige Rahmenbedingungen geändert: Das vorgezogene Klimaneutralitätsziel, die Anhebung der 2030-Klimaziele und der Krieg in der Ukraine mit seinen globalen Auswirkungen sind nur einige Beispiele. Eine Weiterentwicklung der NWS ist daher dringend erforderlich.

Mit dem im März 2023 bekannt geworden inoffiziellen Entwurf des BMWK zur Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie konkretisiert die Bundesregierung ihre Pläne, das heimische Elektrolyseziel auf zehn Gigawatt bis 2030 zu verdoppeln. Der BDI begrüßt den Fokus auf die heimische Wasserstofferzeugung, das angekündigte Wasserstoffbeschleunigungsgesetz sowie die geplante Importstrategie. Ebenfalls positiv ist die Berücksichtigung von blauem Wasserstoff, da die Technologie- beziehungsweise Farbenoffenheit beim Wasserstoff eine zentrale Rolle für den unmittelbaren Markthochlauf spielt. 

Verdopplung des heimischen Elektrolyseziels ist anspruchsvoll

Das Zehn-Gigawatt-Ausbauziel ist jedoch nur zu erreichen, wenn die regulatorischen und förderpolitischen Rahmenbedingungen während der Hochlaufphase besonders investitionsfreundlich sind. Diesem Anspruch wird der bekannt gewordene Entwurf nicht gerecht.  

Laut Entwurf soll der Ausbau der Elektrolyse möglichst systemdienlich erfolgen, um das Erfordernis eines Stromnetzausbau zu begrenzen. Für den Wasserstoffhochlauf und eine zeitnahe Dekarbonisierung braucht es aus Sicht der Industrie jedoch auch verbrauchsnahe Elektrolyse. Auch das Vorhaben des BMWK, eine staatliche Netzgesellschaft mit der Planung und dem Aufbau eines Wasserstoffnetzes zu beauftragen, bewertet der BDI kritisch. Ein solcher staatlicher Eingriff und damit einhergehende bürokratische Entscheidungsprozesse könnten den dringend notwendigen Infrastrukturaus- und -aufbau verlangsamen. 

Für die Investitionskosten im Industriesektor kündigt das BMWK neben Förderprogrammen auch Klimaschutzverträge an. Der BDI begrüßt ausdrücklich die Arbeiten des BMWK an der Förderrichtlinie zu Klimaschutzverträgen. Allerdings wird befürchtet, dass das Instrument im Vergleich zu starken Anreizen im Ausland nur langsam wirken wird. Zur Erreichung des heimischen Elektrolyseziels bis 2030 braucht es daher eine Weiterentwicklung der Förderinstrumente. Diese sollten speziell in der Hochlaufphase auch eine Förderung von Betriebskosten (OpEx) ermöglichen. 

Inflation Reduction Act hat den Handlungsdruck noch einmal erhöht 

Die USA haben mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) insbesondere im Wasserstoffbereich vorgemacht, wie es gehen kann. Steuergutschriften sind ein pragmatischer Ansatz, um schnell und unbürokratisch klimafreundliche Technik zu fördern und eine hohe Investitionssicherheit zu schaffen. So werden die USA zu einem der wettbewerbsfähigsten Orte der Welt für die Erzeugung von grünem Wasserstoff.  

Ohne eine wirksame deutsche und vor allem europäische Antwort auf den IRA droht Deutschland beziehungsweise Europa beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft den Anschluss zu verlieren. Es besteht die Gefahr, dass europäische Unternehmen ihre Investitionsvorhaben verlagern, wenn die Politik nicht zeitnah praxistaugliche Rahmenbedingungen schafft.