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Neue EU-Kommission: Wie geht es weiter in der Energie- und Klimapolitik?

Mitte September präsentierte Kommissionspräsidentin von der Leyen die geplante Struktur der neuen EU-Kommission. Die Neugestaltung der Kommission könnte den Weg ebnen für einen neuen Ansatz auch in der Energie- und Klimapolitik. Bereits im Juni hatte der BDI hatte seine Empfehlungen für die kommende EU-Kommission nach Brüssel geschickt und dabei einen Schwerpunkt auf die Wettbewerbsfähigkeit gelegt.

Brüssel nach der Wahl

Kaum waren die diesjährigen Europawahlen Anfang Juni abgeschlossen, begann in Brüssel der institutionelle Prozess zur Bildung der neuen Europäischen Kommission. Auf Vorschlag der europäischen Staats- und Regierungschefs bestätigte das neu gewählte Europäische Parlament am 18. Juli erneut Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin und ebnete damit den Weg für die Bildung eines neuen Kollegiums. Die geplante Struktur und Ressortverteilung dieses Kollegiums präsentierte Frau von der Leyen am 17. September, wobei neben der grünen und digitalen Transformation vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der EU als übergeordnetes Ziel im Mittelpunkt stand.

Wie geht es weiter in der europäischen Energie- und Klimapolitik?

Bereits in ihren im Juli veröffentlichten politischen Leitlinien bekräftigte Frau von der Leyen, den Zielen des European Green Deal treu bleiben zu wollen, und forderte eine „einfache, faire und kosteneffiziente“ Umsetzung des bestehenden EU-Rechtsrahmens für 2030. Gleichzeitig kündigte sie an, innerhalb der ersten 100 Tage ihres neuen Mandats einen ‚Clean Industrial Deal‘ zu präsentieren, der den Green Deal um eine industriepolitische Perspektive erweitern und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität stärken soll. Auch wenn die angekündigten Maßnahmen bislang wenig konkret sind, werden wesentliche BDI-Empfehlungen aufgegriffen. So soll der Fokus des Clean Industrial Deal unter anderem auf der Mobilisierung von Investitionen, dem Ausbau von Infrastrukturen, der Bereitstellung wettbewerbsfähiger Energiepreise sowie der gezielten Unterstützung energieintensiver Industrien liegen.

Wer soll den Clean Industrial Deal umsetzen?

Wie den kürzlich veröffentlichten Aufgabenbeschreibungen (‚Mission Letters‘) der designierten Kommissare zu entnehmen ist, beauftragt die Kommissionspräsidentin ein Vierergespann mit der Umsetzung des Clean Industrial Deal. Die Koordination übernehmen federführend die beiden ‚Exekutiven Vizepräsidenten‘: der liberale ehemalige französische Außenminister und Macron-Vertraute Stéphane Séjourné sowie die sozialdemokratische langjährige spanische Ministerin für ökologischen Wandel, Teresa Ribera. Als Klimakommissar wird der Christdemokrat und ehemalige niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra gemeinsam mit dem designierten Energiekommissar, dem dänischen Sozialdemokraten Dan Jørgensen, zudem die Arbeit der beiden Vizepräsidenten maßgeblich unterstützen.

Wie genau die Aufgabenverteilung unter den vier Kommissaren aussehen wird, bleibt abzuwarten. In den Mission Letters werden einzelne Projekte im Rahmen des Clean Industrial Deal, wie beispielweise die Entwicklung eines ‚Industrial Decarbonisation Accelerator Act‘ zur Unterstützung energieintensiver Unternehmen, gleich mehreren Kommissaren zugewiesen. Interessant ist vor allem, dass Ribera neben ihrer federführenden Rolle beim Clean Industrial Deal die einflussreiche Generaldirektion Wettbewerb (DG COMP) leiten wird, die unter anderem für das EU-Beihilfenrecht zuständig ist. Klimakommissar Hoekstra soll zudem neben der Generaldirektion Klimapolitik (DG CLIMA) auch die Generaldirektion Steuern und Zollunion (DG TAXUD) anvertraut werden.

Einordnung und Ausblick

Während einige politische Beobachter in Brüssel diese komplexe und teils fragmentierte Kompetenzverteilung als Versuch der Kommissionspräsidentin werten, die Macht in der Kommission weiter zu zentralisieren, kann man dies auch als Chance sehen: Die formelle Einbeziehung aller relevanten Generaldirektionen bei der Umsetzung des Clean Industrial Deal könnte die Koordination innerhalb der Kommission deutlich verbessern. Schließlich erfordert eine erfolgreiche Vereinbarung von Klimaschutz und industrieller Wettbewerbsfähigkeit eine enge Zusammenarbeit über Politikfelder hinweg – darunter Steuern, Wettbewerb (einschließlich Beihilfenrecht), Industrie sowie Energie und Klima.

Ob den vielversprechenden Ankündigungen nun auch rasch konkrete und effektive Maßnahmen folgen, bleibt abzuwarten. Der BDI wird den Prozess weiterhin kritisch, aber stets konstruktiv begleiten. Der nächste wichtige Schritt ist nun die Anhörung der designierten Kommissare im Europäischen Parlament Anfang November, bevor die neue Kommission dann voraussichtlich im Dezember 2024 ihre Arbeit aufnehmen kann.