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Die Gefahrstoffverordnung 2024: Wesentliche Änderungen und neue Anforderungen

Nach jahrelangen Beratungen ist im Dezember 2024 die neugefasste Gefahrstoffverordnung veröffentlicht worden und in Kraft getreten. Mit der umfassenden Änderung der Verordnung werden schwerpunktmäßig die Regelungen zu Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen aktualisiert und umfassende strukturelle Anpassungen vorgenommen.

Die Gefahrstoffverordnung 2024 beinhaltet die Implementierung des risikobezogenen Maßnahmenkonzepts, die Einführung neuer Asbestregelungen sowie die nationale Umsetzung der geänderten EU-Richtlinie 2004/37/EG (CMRD-Richtlinie). Außerdem wurden die Anforderungen an die Lagerung von Stoffen unter Verschluss und Sachkundeanforderungen bei der Verwendung von Bioziden angepasst.

Implementierung des Risikokonzepts und Aufnahme der europäischen Arbeitsplatzgrenzwerte

Zur Verankerung des risikobezogenen Maßnahmenkonzepts werden mit der Novelle für krebserzeugende Gefahrstoffe Bereiche geringen, mittleren und hohen Risikos definiert und Maßnahmen entsprechend der Risikohöhe festgelegt. Neben der Toleranzkonzentration wird die Akzeptanzkonzentration eingeführt, die eine Zielgröße darstellt und durch kontinuierliche Verbesserungen vom Arbeitgeber angestrebt werden soll.

Um neben der Implementierung des Risikokonzeptes auch die Vorgaben der CMRD-Richtlinie (EU 2004/37 EG) umsetzen zu können, werden mit der Novelle die bindenden europäischen Arbeitsplatzgrenzwerte aus der Richtlinie (BOELV, Binding Occupational Limit Values) als einzuhaltende Grenzwerte in die Verordnung aufgenommen.

Pflicht zur Erstellung eines Maßnahmenplans und Mitteilungsplicht im Bereich hohen Risikos

Gemäß den neuen Regelungen muss zukünftig bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen ein Maßnahmenplan erstellt werden, wenn der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten wird oder die Tätigkeiten im Bereich mittleren Risikos liegen. Der Plan soll die vorgesehenen Maßnahmen, die angestrebte Expositionsminderung und den geplanten Zeitrahmen darlegen.

Für Tätigkeiten, bei denen der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten wird oder die im hohen Risikobereich liegen, besteht zukünftig eine Mitteilungspflicht an die zuständige Behörde (inklusive der Übersendung des Maßnahmenplans und der ermittelten Expositionshöhe).

Neuerungen zum Expositionsverzeichnis sowie zur Lagerung unter Verschluss

In Bezug auf das Expositionsverzeichnis werden mit der Novelle weitere Anpassungen aus der CMRD-Richtlinie umgesetzt. Dies führt dazu, dass zukünftig auch ein Verzeichnis über die Beschäftigten geführt werden muss, die Tätigkeiten mit reproduktionstoxischen Stoffen der Kategorie 1A und 1B ausüben. Gemäß den Vorgaben der EU-Richtlinie beträgt die Aufbewahrungsfrist fünf Jahre nach Ende der Exposition. Die Vorgaben zur Lagerung unter Verschluss wurden ebenfalls angepasst. Diese betreffen zukünftig nur noch Stoffe und Gemische, die als akut toxisch (Kategorie 1,2,3) eingestuft sind.

Umfassende Neufassung der Asbestregelungen aufgenommen

Seit 1993 sind Tätigkeiten mit Asbest in Deutschland grundsätzlich verboten. Die alte Gefahrstoffverordnung erlaubte Ausnahmen nur für Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten. Tätigkeiten mit asbesthaltigen Baustoffen wie Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern waren bisher nicht geregelt. Die Gefahrstoffverordnung 2024 umfasst neue Asbestregelungen und schafft damit in diesen Bereichen mehr Klarheit beim Bauen im Bestand.

Unter anderem werden hierbei die Vorschriften zu zulässigen Tätigkeiten und die Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten neu geregelt. Zudem müssen im Rahmen von Mitwirkungs- und Informationspflichten zukünftig Veranlasser von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen den Baubeginn oder das Baujahr des Objekts feststellen und dem Auftragnehmer mitteilen.

Auswirkungen auf die Praxis

Die umfassenden Anpassungen sind von großer Bedeutung für die betriebliche Praxis in den Unternehmen und das technische Regelwerk für Gefahrstoffe insgesamt. Durch die umfassende Änderung der Gefahrstoffverordnung ergibt sich auch im Technischen Regelwerk für Gefahrstoffe erheblicher Anpassungsbedarf, der zeitnah vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) umzusetzen ist.

Novelle der Gefahrstoffverordnung 2025

Nachdem die umfassend angepasste Gefahrstoffverordnung Ende 2024 in Kraft getreten ist, wurde im Jahr 2025 bereits ein weiteres Verfahren zur Anpassung der Gefahrstoffverordnung gestartet. Das BMAS hat hierzu im Juli einen entsprechenden Referentenentwurf veröffentlicht.

Die erneute Überarbeitung der Gefahrstoffverordnung dient in erster Linie der Umsetzung der kürzlich angepassten EU-Asbest-Richtlinie (2009/148/EG) in nationales Recht. Außerdem soll die Gefahrstoffverordnung aufgrund der Delegierten Verordnung (EU/2023/707) durch die neue Gefahrenklassen in die CLP-Verordnung (1272/2008/EG) aufgenommen wurden, geändert und vereinfacht werden.

Die Verabschiedung des Verordnungsentwurfes im Bundeskabinett ist bereits im Oktober erfolgt. Der Bundesrat hat Diesen im November 2025 beraten und mit Änderungen verabschiedet. Es ist davon auszugehen, dass die erneute Verabschiedung durch die Bundesregierung zeitnah erfolgen wird und die neuerlich angepasste Gefahrstoffverordnung in den nächsten Monaten in Kraft tritt.