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Potenziale der Zuwanderung nutzen

Deutschland braucht angesichts der demografischen Entwicklung mit einer schrumpfenden und alternden Erwerbsbevölkerung eine umfassende und in sich stimmige Strategie zur Arbeits- und Fachkräftesicherung. Neben der weiteren Mobilisierung der heimischen Potenziale und weiteren Anstrengungen im Bereich Bildung, Aus- und Weiterbildung gehört zu einer solchen Gesamtstrategie auch eine gesteuerte arbeitsmarktorientierte Zuwanderung.

Deutschland ist eines der ältesten Länder der Welt. Der demografische Wandel ist bereits spürbar und wird in den kommenden Jahren - wenn nach und nach die sog. Babyboomer in Rente gehen - noch stärkere Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Gut qualifizierte Fachkräfte bilden jedoch eine wichtige Voraussetzung für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Deutschland. Angesichts der notwendigen Dekarbonisierung und Digitalisierung der Unternehmen fehlen vor allem Fachkräfte aus dem MINT-Bereich.

Notwendig ist ein in sich stimmiges Gesamtkonzept zur Erschließung aller inländischen Potenziale sowie die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften auch aus dem EU-Ausland. Denn Migration aus der EU wird das Fachkräfteproblem der deutschen Wirtschaft auf Dauer nicht lösen können, da viele EU-Länder selbst vom demografischen Wandel betroffen sind.

Das inländische Arbeitskräftepotenzial u. a. von Frauen, Älteren, Langzeitarbeitslosen oder Menschen mit Migrationshintergrund muss noch besser mobilisiert werden. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf würde z. B. vor allem Frauen eine vollzeitnähere Tätigkeit ermöglichen. Frühverrentungsanreize wie die sog. „Rente mit 63“ und das Ziel, ältere Menschen länger im Arbeitsleben zu halten, passen nicht zusammen.

Mehr Erwerbsmigration nach und weniger Abwanderung aus Deutschland sind weitere Bausteine, um Fachkräfteengpässen zu begegnen. Die 2023 beschlossene Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes geht an vielen Stellen in die richtige Richtung und kann einen Beitrag zur Linderung des Arbeits- und Fachkräfteproblems leisten. Allerdings gilt nach wie vor: Die Erwerbsmigration nach Deutschland steht und fällt mit einer funktionierenden Migrationsverwaltung. Die Reform wird nur wirken können, wenn es gelingt, die praktische Umsetzung deutlich und zügig zu verbessern. Die Verwaltungsverfahren müssen spürbar vereinfacht, beschleunigt und digitalisiert werden. Sonst laufen auch die rechtlichen Neuregelungen ins Leere. Für ausländische Fachkräfte muss Deutschland zudem insgesamt ein attraktiver Standort werden. Hierfür ist auch eine gelebte Willkommenskultur entscheidend.

Unabhängig von der arbeitsmarktorientierten Zuwanderung zur Sicherung der Arbeits- und Fachkräftebasis der deutschen Wirtschaft ist die Zuwanderung von Geflüchteten Ausfluss des grundrechtlich geschützten Asylrechts und der Genfer Flüchtlingskonvention. Damit ist sie kein Ersatz für eine gesteuerte Erwerbsmigration als Antwort auf den Fachkräftebedarf deutscher Unternehmen. 

Dennoch ist es richtig, diejenigen, die ein Bleiberecht in Deutschland haben, möglichst schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Deshalb unterstützt der BDI den von der Bundesregierung gestarteten Job-Turbo, der eine Beschleunigung der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zum Ziel hat. Nähere Informationen hierzu finden Sie auf der Seite: https://www.arbeitsagentur.de/k/job-turbo und in der Broschüre „Gemeinsam Zukunft gestalten – Arbeitsmarktchancen für geflüchtete Menschen“.