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Schiene und Straße – Kombinierter Verkehr als Teil der Grünen Logistik

Um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, muss noch einiges passieren. Kombinierter Verkehr kann als Schlüssel für eine stärkere Verlagerung auf die Schiene betrachtet werden und ist Teil der Grünen Logistik. Die Vorteile dessen und potenziell einzugehenden Kompromisse erläutert Sebastian Ruckes, Vorstand der Initiative Shift 2030 im Interview.

Warum ist der Schienengüterverkehr heute so wichtig?

Ruckes: Im Transportsektor werden seit Jahrzehnten die Treibhausgasemissionen nicht reduziert. Es wird noch lange dauern, bis die für eine Dekarbonisierung nötigen Elektro- und Wasserstofftechnologien flächen- und kostendeckend eingeführt worden sind. Die Klimaziele für 2030 können wir also ehrlicherweise nur erreichen, wenn wesentlich mehr auf die Schiene verlagert wird, die im Vergleich zur Straße 80 Prozent an CO2 Emissionen einspart und darüber hinaus auch noch fünfmal energieeffizienter ist.

Was versteht man unter Kombiniertem Verkehr?

Beim Kombinierten Verkehr (KV) werden Ladeeinheiten (Container, Wechselbrücken oder Lkw-Sattelauflieger) über längere Distanzen auf der Schiene oder der Wasserstraße transportiert. Der Lkw wird nur auf einer möglichst kurzen Strecke eingesetzt, um die Ladeeinheiten zu einem Umschlagterminal zu transportieren oder von dort abzuholen und zum Entladeort zu bringen.

Der Kombinierte Verkehr kann als Schlüssel für eine stärkere Verlagerung auf die Schiene betrachtet werden. In diesem Segment werden die höchsten Wachstumsraten erzielt; ein klarer Beleg für den Erfolg. Hier sorgen viele verschiedene Anbieter durch eine intelligente Kombination von Straße und Schiene für wettbewerbsfähige Lösungen, die den heutigen Transportanforderungen gerecht werden.

Nicht alle Verlader und Spediteure teilen diese Ansicht. Es werden Bedenken geäußert, dass die Schiene, auch der Kombinierte Verkehr, nicht ausreichend Kapazität für mehr Gütertransporte hat?

Das sind in der Tat Herausforderungen, die wir jedoch von verschiedenen Seiten angehen müssen. Das Kapazitätsproblem ist adressiert, wenngleich der Ausbau noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Auf kurze bis mittlere Sicht helfen das 740m-Netz, eine schnellere Digitalisierung aber auch prozessuale Veränderungen; beispielsweise im Terminalablauf oder durch eine stärkere Zusammenarbeit in Form von Kooperationen. Genauso braucht es die Bereitschaft nach Kompromisslösungen zu suchen: vielleicht bekomme ich nicht meinen Wunschslot bei der Trasse oder im Terminal, kann aber womöglich in einer anderen Zeitlage fahren. So etwas muss im Dialog geprüft werden.

Die Verbesserung der Qualität ist eine Aufgabe, der sich der Schienensektor ganz konkret stellen muss. Hier erleben wir immer wieder empfindliche Rückschläge; beispielsweise bei Streckensperrungen, Unwettern oder – ganz aktuell – dem Baustellenmanagement. Neben konkreten Maßnahmen wie einer optimierten Planung und Abstimmung mit allen Stakeholdern, einer schnelleren Reaktionsgeschwindigkeit bei Störungen und einem besseren Informationsaustausch plädieren wir dafür, – genauso wie bei der Kapazität – den Dialog mit Verladern und Spediteuren zu suchen und zu verdeutlichen, dass nicht durchgängig exakt dieselben Maßstäbe bei verschiedenen Verkehrsträgern angelegt werden können. Die Schiene hat nun einmal bestimmte Restriktionen. Dem kann ich als Verlader beispielweise durch eine Anpassung meiner Supply Chain Rechnung tragen. 

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Glauben Sie, dass Verlader bereit sind, die Kompromisse einzugehen?

Zunächst einmal nehmen wir Verlader tatsächlich beim Wort: wenn sie uns erklären, dass der Klimawandel die größte Herausforderung unserer Zeit ist, erwarten wir, dass sie ihre Komfortzone verlassen und alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, die klimafreundliche Schiene zu nutzen. Natürlich sind wir nicht so naiv zu glauben, dass Verlader nun „um jeden Preis“ auf die Schiene wechseln und selbstverständlich gibt es Transporte, für die die Schiene (noch) kein passendes Angebot hat. Aber wir sehen ja, dass zunehmend mehr Verlader insbesondere den Kombinierten Verkehr erfolgreich nutzen. Ein Thema, dass wir im Rahmen unserer Action „Commit2Rail“ näher betrachten wollen: wieso hat es ein bestimmter Verlader geschafft, eine klare Strategie für den Schienentransport zu etablieren, während diese bei seinem direkten Mitbewerber nicht zu finden ist – obwohl beide dieselben Transportanforderungen haben?

Wie sieht ein best practice Vorschlag von shift2030 konkret aus?

Wir haben beispielsweise mit der Action Match2Rail gemeinsam mit unserem Partner digi-trust eine digitale Plattform entwickelt, mit der Verlader ganz leicht ihre Transportströme (Tür-zu-Tür) mit bereits existierenden Verbindungen im Kombinierten Verkehr abgleichen können. Gleichzeitig bündeln wir Sendungsmengen, für die es heute noch kein attraktives Angebot gibt und bilden so genannte 'Virtual Trains', um darauf aufbauend neue Verbindungen zu schaffen. Damit geben wir Verladern einen Überblick der passenden Intermodal-Spediteure für ihre Transporte und erweitern darüber hinaus das Angebot im Kombinierten Verkehr.

Sebastian Ruckes ist nach seinen beruflichen Stationen bei SCI Verkehr und dem Kontraktlogistik-Dienstleister arvato seit 2014 als Business Development Manager bei dem europäischen Schienenlogistiker TX Logistik tätig. Er ist Gründer und Vorsitzender der Modal Shift Initiative shift2030. © shift2030

Über shift2030

Die Non-Profit Initiative shift2030 arbeitet an innovativen Praxisprojekten, die die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs steigern und Impulse geben sollen. Anhand von best practices soll gezeigt werden, wie die Verlagerung auf die Schiene gelingt. Dazu lädt shift2030 als offenes Netzwerk alle Stakeholder ein – auch Spediteure und Verlader.