Steueroasen-Abwehrgesetz: Navigieren zwischen Compliance und Wettbewerbsfähigkeit
Die Debatte um das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) zeigt die komplexen Herausforderungen, vor denen deutsche Unternehmen stehen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, ohne dabei ihre globale Wettbewerbsposition und soziale Verantwortung zu gefährden. Die jüngste Erweiterung der Liste der nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete und die damit verbundene Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Gesetzes unterstreichen die Dringlichkeit einer präzisen und praktikablen Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen. Der Entwurf des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zielt darauf ab, die Regelungen des StAbwG handhabbarer zu machen und eine effiziente, bürokratiearme Umsetzung zu fördern. Im Kreis der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft hat der BDI seine Einschätzung zum Entwurf vorgelegt.
Kein Einfluss deutscher Unternehmen auf Steuerpolitik von Steueroasen
Der BDI befürwortet gezielte Maßnahmen, gegen aggressive Steuerplanungen und Gewinnverlagerungen, um ein Level Playing Field in der Besteuerung zu schaffen. Eine kritische Betrachtung des StAbwG zeigt jedoch, dass insbesondere deutsche Unternehmen von den Maßnahmen betroffen sind, weniger die Geschäftspartner in den Steueroasen. Die fortlaufende Aktualisierung der EU-"Black-List" und die damit verbundene Veränderung der steuerlichen Landschaft erschweren die Planbarkeit für Unternehmen erheblich. Es stellt sich die Frage, in welchem Maße es Unternehmen möglich sein soll, Änderungen in den Steuersystemen ihrer Geschäftspartner zu beeinflussen oder herbeizuführen. Darüber hinaus sehen sich die Unternehmen mit staatlichen Sanktionen und potenzieller Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsfähigkeit konfrontiert, falls sie sich aus nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten zurückziehen.
Fokussierung der Maßnahmen auf echte Missbrauchsfälle
Das Gesetz erfasst sämtliche Geschäftsvorgänge, unabhängig davon, ob steuerliche Überlegungen oder realwirtschaftliche Vorgänge mit örtlicher Substanz betroffen sind. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Unternehmen auszunehmen, die die erforderliche sachliche und personelle Ausstattung für ihre Tätigkeit im jeweiligen Staat nachweisen können und gerade nicht steuermissbräuchlich agieren. Besonders sollte für wirtschaftlich sinnvolle Vereinbarungen, die zum Kerngeschäft eines Unternehmens in Deutschland gehören, eine Ausnahme gelten, um keine übermäßig negativen Effekte auf den internationalen Wettbewerb zu erzeugen. Besonders problematisch wird dies, wenn Unternehmen aus tatsächlichen, humanitären, rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sind, sich diesen Beziehungen zu entziehen.
Speziell das Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs gemäß § 8 StAbwG ist ein Beispiel für eine Regelung, die deutsche Unternehmen erheblich belasten könnte. Eine weitergehende Konkretisierung und Einschränkung dieses Verbots, eventuell durch zeitnahe (unter-)gesetzliche Anpassungen, ist notwendig, um die Last für die Unternehmen zu mindern. Gleiches gilt für die erweiterte Quellensteuerpflicht nach § 10 StAbwG.
Auswege aus dem Bürokratiedschungel
Die erweiterten Mitwirkungspflichten nach § 12 StAbwG führen ebenfalls zu erheblichen bürokratischen Aufwendungen. Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf die für die Finanzverwaltung relevanten Sachverhalte, etwa durch die Ausklammerung von Kleinstbeträgen, sowie die Einführung einer "White-List" könnten hier Erleichterung bieten. Darüber hinaus wäre eine effiziente technische Gestaltung der Meldeverfahren wünschenswert, um den Aufwand für Unternehmen so gering wie möglich zu halten.
Es bleibt abzuwarten, wie die vorgeschlagenen Regelungen beziehungsweise Auslegungen des BMF-Schreibens umgesetzt werden. Entscheidend wird sein, inwiefern diese dazu beitragen, die Belastungen für die Unternehmen zu minimieren und gleichzeitig effektive Maßnahmen gegen schädliche Steuerpraktiken zu etablieren.