Steuerpolitik als Standortpolitik begreifen
„In den deutschen Chefetagen wächst die Unruhe“, so der aktuelle ifo-Geschäftsklimaindex im Januar 2019. Dieser Wert ist im Januar auf den niedrigsten Stand seit Januar 2016 gefallen und die Erwartungen haben sich sogar massiv verschlechtert. „Die deutsche Wirtschaft hat die Hochkonjunktur hinter sich gelassen und beginnt sich abzukühlen“, heißt es auch in der Winterprognose des ifo-Instituts.
Andere Länder machen es uns vor: Sie nehmen Steuersenkungen vor und schaffen Investitionsanreize durch besondere Abschreibungsbedingungen oder eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung. Dies gilt nicht nur für die USA nach der US-Steuerreform, sondern auch für zahlreiche europäische Länder. Das Ergebnis ist eine durchschnittliche Steuerbelastung von Unternehmen in den OECD-Ländern in Höhe von 24,7 Prozent, während Deutschland sich auf einem Niveau von rund 30 Prozent befindet. So konstatiert auch der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 2018/2019, dass Deutschland bei den Gewinnsteuersätzen allmählich wieder an die Spitze gerückt ist. Seit der letzten Unternehmensteuerreform 2008 sind mehr als zehn Jahre vergangen und die Auswirkungen dieser Reform wurden bis heute nicht evaluiert.
Steuerbelastung von maximal 25 Prozent sicherstellen
Als Industrie- und Exportland kann sich Deutschland dem globalen Standortwettbewerb nicht entziehen. Die steuerliche Gesamtbelastung von Unternehmen muss an das international niedrigere Niveau von maximal 25 Prozent angepasst werden: Nur so kann Deutschland als Unternehmensstandort attraktiv bleiben und die Wertschöpfung in Deutschland erhalten.
Dass dies auf verschiedene Art und Weise erreicht werden kann, zeigen auch die aktuellen Vorschläge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: In erster Linie muss der Solidaritätszuschlag bis Ende 2021 für alle Steuerzahler abgeschafft werden und darf nicht – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – die Unternehmen hiervon ausschließen . Der einfachste Weg, der insbesondere im Ausland eine hohe Signalwirkung entfalten würde, ist eine Senkung der Körperschaftsteuerlast.
Die hierfür erforderlichen Haushaltsspielräume sind vorhanden: Allein aus der Körperschaftsteuer nimmt der Fiskus zwischen 2017 und 2022 kumuliert über 34 Milliarden Euro zusätzlich ein. Für die Personenunternehmen sollte Belastungsgleichheit hergestellt werden, indem die bisherige Anrechnung der Gewerbesteuer (GewSt) auf die Einkommensteuer verbessert wird und eine Nachbesserung der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) erfolgt. Die Möglichkeit der Thesaurierungsbegünstigung wird bisher kaum genutzt. Die Vorschrift muss daher dringend praxistauglich reformiert werden.
Hürden des Unternehmensteuerrechts beseitigen
Eine Modernisierung des Unternehmensteuerrechts ist daneben insbesondere bei einzelnen gesetzlichen Regelungen des Körperschaftsteuer- und Umwandlungsteuerrechts notwendig. Das Unternehmensteuerrecht darf zeitgemäße Unternehmensstrukturen nicht durch überschießende, pauschale Missbrauchsregeln und ein restriktives Umwandlungsteuerrecht behindern.
Reform der Gewerbesteuer muss wieder auf die Tagesordnung
Die aktuellen internationalen Entwicklungen zur Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung wie auch die Diskussion zu einer gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage zeigen: für den Sonderweg, den Deutschland mit der Gewerbesteuer geht, gibt es keine Rechtfertigung mehr. Ziel muss es bleiben, die deutsche Gewerbesteuer für die Kommunen aufkommensneutral in die Ertragsteuern zu integrieren. Als Zwischenschritt muss zumindest die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage nachgebessert werden. Dies kann durch einen Abbau der ertragsunabhängigen Elemente bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, die Einführung einer teilweisen Anrechnung der GewSt auf die Körperschaftsteuer und eine Verbesserung der Gewerbesteuer-Anrechnung auf die Einkommensteuer erfolgen.
Höchste Zeit für Modernisierung der Unternehmenssteuern
Die letzten Jahre waren steuerpolitisch von den Zielen Transparenz und Verhinderung von Steuervermeidung geprägt. Nun ist es höchste Zeit für eine Modernisierung der Unternehmensteuern. Abzuwarten, bis die Unternehmen ihre Entscheidung gegen den Standort Deutschland treffen müssen, ist keine Alternative.