
Unterstützung für energieintensive Industrie: Entlastungen ab Jahresbeginn 2026
Übertragungsnetzkosten, Stromsteuer und Strompreiskompensation (SPK)
Nach dem Beschluss des Bundestags am 13. November hat der Bundesrat den Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten gebilligt. Der Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro im Jahr 2026 wird aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert und den vier großen Übertragungsnetzbetreibern zugutekommen, die die Zuwendung entsprechend in der Kalkulation der Netzentgelte zu berücksichtigen haben. Des Weiteren beschloss die Koalition eine niedrigere Stromsteuer für rund 600.000 produzierende Unternehmen; dem Staat entgehen durch diese Entlastung etwa drei Milliarden Euro jährlich an Steuereinnahmen.
Aktuell profitiert die energieintensive Industrie insbesondere von der SPK, welche die indirekten und durch den CO2-Preis verursachten Kosten bei der Strombeschaffung ausgleicht. Dieses Instrument soll nun ausgeweitet und der Kreis der beihilfeberechtigten Branchen erweitert werden. Ausschlaggebend hierfür ist eine Aktualisierung der Beihilfeleitlinien durch die Europäische Kommission, die im Anschluss von der Bundesregierung in eine angepasste SPK-Förderrichtlinie überführt werden soll. Konkret könnten 20 neue Sektoren in die Liste beihilfeberechtigter Branchen aufgenommen werden, darunter z.B. die Batteriezellfertigung und weite Teile der Chemieindustrie. Aktuell profitieren in etwa 350 Unternehmen von der SPK.
Industriestrompreis und der EU-Beihilferechtsrahmen CISAF
Als Ergänzung zur SPK hat sich der Koalitionsausschuss zudem auf die Einführung eines Industriestrompreises zum 01.01.2026 geeinigt. Dieser unterliegt dem europäisch festgesetzten Beihilferechtsrahmen, dem Clean Industrial Deal State Aid Framework (CISAF). Der CISAF wurde im Juni 2025 durch die EU-Kommission beschlossen und erlaubt den Mitgliedsstaaten unter anderem, ihre energieintensive Industrie vorübergehend zu entlasten. Konkret sieht der CISAF vor, dass ein energieintensives Unternehmen maximal 50% seines jährlichen Strombezugs im Rahmen des Industriestrompreises geltend machen darf. Auf diese Strommenge darf dann ein Rabatt von höchstens 50% des Großhandelsstrompreises angewendet werden. Hinzu kommt die Verpflichtung, Gegenleistungen in Höhe von 50% der erhaltenen Beihilfe in Form von Investitionen zu erbringen, die zur Energiewende und mittel- bis langfristig zur Senkung der Kosten des Energiesystems beitragen.
Konkret bedeutet dies die Pflicht zur Investition in neue oder modernisierte Anlagen, die einen messbaren Beitrag zur Senkung der Kosten des Stromsystems leisten, ohne den Verbrauch fossiler Brennstoffezu erhöhen. Grundlage für die Anspruchsberechtigung des Instruments ist die Teilliste 1 des Anhangs I der Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitlinien (KUEBLL). Die Begünstigung weiterer (Teil-)Sektoren ist möglich, sofern von der Europäischen Kommission die Erfüllung der Beihilfefähigkeitskriterien nach Rn. 116, 117 CISAF gebilligt wird. Der Industriestrompreis ist auf eine Dauer von drei Jahren begrenzt und wird in Deutschland für die Jahre 2026-2028 umgesetzt. Die Auszahlung erfolgt ex-post, d.h. der Rabatt für 2026 wird entsprechend im Jahr 2027 ausgezahlt.
Begrenzte Wirkung und falsche Erwartungen
Der CISAF untersagt eine Kumulierung von SPK und Industriestrompreis (Doppelförderung), was den Kreis der Begünstigten signifikant reduzieren dürfte. Nach strenger Lesart würde dies bedeuten, dass sich ein beihilfefähiges Unternehmen künftig entscheiden muss, ob es die SPK oder den Industriestrompreis in Anspruch nehmen möchte. Unklar ist allerdings noch, ob ein Unternehmen Strommengen, auf welche die SPK aktuell nicht angewendet wird, für den Industriestrompreis geltend machen darf. Sollte diese Möglichkeit in der finalen Ausarbeitung der Förderrichtlinie für den Industriestrompreis nicht enthalten sein, würde das die Zweckdienlichkeit des neuen Instruments erheblich einschränken. Der BDI setzt sich vor diesem Hintergrund für eine Kombinierbarkeit von SPK und Industriestrompreis ein.
Ungeachtet dieser Einschränkungen entstand durch eine missverständliche mediale Kommunikation zum Thema der Eindruck, die gesamte Industrie zahle ab dem kommenden Jahr einen Strompreis von 5 ct/kWh. Tatsächlich ist dies allerdings lediglich ein von der Bundesregierung genannter Zielpreis, der durch die obigen Limitierungen des CISAF nicht gewährleistet wird.
Entsprechend löste die Berichterstattung zum neuen Instrument bei vielen Kunden und Investoren von Unternehmen falsche Erwartungen aus, die es jetzt zu korrigieren gilt. Vor diesem Hintergrund ist es nun umso wichtiger, die genaue Ausgestaltung des Industriestrompreises schnell zu klären, um der Industrie die nötige Planungssicherheit zu geben. Noch in diesem Jahr sollte die Bundesregierung dementsprechend die genaue Funktionsweise des Instruments mit der EU-Kommission finalisieren.
Notwendigkeit der zielgerichteten Ausgestaltung auf EU-Ebene
Der BDI erkennt den klaren Willen der Bundesregierung, die Teile der Industrie, die aktuell besonders unter den hohen Stromkosten leiden, gezielt und schnell zu entlasten. Entscheidend für die Wirksamkeit des Industriestrompreises im Speziellen sind die Verhandlungen auf europäischer Ebene; hier gilt es, bestehende Einschränkungen weitestgehend aufzuheben und so eine wirksame Ausgestaltung des Instruments zu sichern.
Zudem müssen schnellstmöglich die richtigen Weichenstellungen getroffen werden, um der Industrie auch nach Auslaufen der dreijährigen Entlastung wettbewerbsfähige Strompreise zu bieten. Die SPK sollte zudem, wie von der Bundesregierung geplant, zügig ausgeweitet werden. So kann das Problem der hohen Stromkosten in Deutschland zwar nicht dauerhaft behoben werden, jedoch eröffnen die Entlastungen ein strategisches Zeitfenster für strukturelle Anpassungen.