Wasserstoff kommt ins Energiewirtschaftsgesetz
Der Ausbau einer Wasserstoff-Infrastruktur ist ein entscheidendes Element beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft, sodass der Wasserstoff auch beim Endkunden ankommt. Damit diese betrieben werden kann, muss ein entsprechender Rechtsrahmen eingeführt werden.
Der BDI hat hierzu im Verbändebündnis mit FNB Gas, DIHK, VIK und BDEW bereits Anfang letzten Jahres einen Vorschlag vorgelegt. Darin rief dies Bündnis dazu auf, die bestehende Gasmarktregulierung um eine technologieoffene Definition von Wasserstoff zu erweitern. Der BDI erachtet es als den pragmatischen und kosteneffizienteren Weg, Wasserstoff in den bestehenden Rechtsrahmen für Erdgas zu integrieren und ein zukünftiges Wasserstoffnetz stufenweise aus dem bestehenden Gasnetz entstehen zu lassen. Schließlich können Erdgasnetze, wie etwa L-Gas-Netze, die langfristig leerlaufen werden (z.B. aufgrund der Drosselung der Erdgasproduktion in den Niederlanden), auch für den Gebrauch von Wasserstoff umgewidmet werden.
Dieser Ansatz, Wasserstoffnetze über einen erweiterten Gasbegriff zu regulieren impliziert auch, dass die Finanzierung über die Gasendkunden getragen werden würde. Auch wenn dies die Industrie selbst trifft, hält der BDI dies dennoch für den kosteneffizienteren Weg, zumal aller Voraussicht nach Wasserstoffkunden zu den neuen Gaskunden werden.
Was wurde beschlossen?
Mit der Anpassung des EnWG wird „Wasserstoff“ erstmalig als weiterer gleichwertiger Energieträger neben Elektrizität und Gas aufgeführt und mit der Einführung von Artikel 3b eine Regulierung für reine Wasserstoffnetze geschaffen.
Mit der EnWG-Novelle wird eine Opt-in-Regelung für Wasserstoffnetze eingeführt: So können Wasserstoffnetze nun auf freiwilliger Basis nach positiver Bedarfsprüfung reguliert werden.
Neben Einstiegsregelungen zu Netzanschluss, -zugang und -entgelten sowie zu Entflechtung und Netzplanung werden ergänzend Regelungen aufgenommen, die eine Umstellung auch bestehender Erdgasleitungen auf reinen Wasserstoff ermöglichen sollen.
Was heißt das konkret?
Entgegen unseres Vorschlags, den bestehenden Regulierungsrahmen für Gas um eine technologieoffene Definition von Wasserstoff zu erweitern, hält die Bundesregierung an einer strikten Trennung eines Regulierungsrahmens für Gas und Wasserstoff fest. Dies impliziert ebenso eine separate Finanzierung über reine Wasserstoffnetzentgelte, entgegen einer von uns im Verbändebündnis (BDI, FNB Gas, VIK, DIHK) vorgeschlagenen Re-Finanzierung über die bestehenden Gasnetzentgelte. Dabei entsteht allerdings das Risiko, dass es zu prohibitiv hohen Netzentgelten für die ersten Wasserstoffkunden kommen könnte, die zu einer großen Eintrittsbarriere führen könnten. Denn schließlich wird es anfangs erst wenige „first movers“ geben, die an einem neuen Wasserstoffnetz angeschlossen werden würden und die so schon sehr teuren Netzentgelte würden dann zwischen den wenigen ersten Wasserstoffnetzkunden aufgeteilt werden.
Aus unserer Sicht wäre das stufenweise Herauswachsen eines zukünftigen Wasserstoffnetzes aus der bestehenden Gasinfrastruktur die pragmatischere und (kosten)effizientere Variante. Die Bundesregierung schließt diesen Ansatz allerdings aufgrund „unionsrechtlicher Bedenken aus“.
Als Anreiz zum Ausbau von Wasserstoffnetzen sowie zur Kompensation prohibitiv hoher Wasserstoffnetzentgelte für Netznutzer sollen laut Bundesregierung staatliche Zuschüsse aus dem Konjunkturprogramm zur Verfügung gestellt werden. Hier braucht es allerdings noch eine klare Zusicherung!
Der freiwillige Regulierungsansatz ist ein nachvollziehbarer Schritt, um die Balance zwischen Freiheitsgraden erster Pilotprojekte und Hineinführung in ein Regulierungsregime zu wahren. Jedoch birgt sie die Gefahr einer Flickenteppichbildung. Besser wäre, wenn bis auf einzelne Ausnahmen (wie etwa bestehende Arealnetze) von vorneherein einen einheitlichen Regulierungsansatz einzuführen. Schließlich soll ein zukünftiges deutsches Wasserstoffnetz auch anschlussfähig an einen europäischen Wasserstoffmarkt werden.
Wie geht es weiter?
Das vorliegende Gesetz fungiert als Übergangsregulierung bis entsprechende Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene gesetzt werden. Die Anpassung des EU Gas Pakets, um die EU-Regulierung fit für die Integration von erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen zu machen, wird erst Ende des Jahres angepackt. Viele Wasserstoffprojekte stehen bereits in den Startlöchern. Investitionsentscheidungen brauchen Planbarkeit – dazu gehört auch, ob Projekte in absehbarer Zeit mit einem Anschluss an eine funktionierende Wasserstoffinfrastruktur rechnen können.
Die Bundesregierung hätte ruhig mit mutigeren Schritten vorangehen können. Jetzt wartet alles auf klare Ansagen aus Brüssel – all eyes on Brussels!
Ende Mai soll das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen werden, so dass die neuen H2-Regelungen voraussichtlich vor der Sommerpause in Kraft treten können.