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Wie zukunftsfähig ist die soziale Marktwirtschaft?

Auf dem Fundament der Sozialen Marktwirtschaft steht die Bundesrepublik. Die Wirtschaft aber steckt mitten in großen Umbrüchen. Umwälzungsprozesse als Resultat aufkommender Krisen stellen die Systemfrage: Wie lässt sich das Erfolgsmodell von einst in die Zukunft führen?

Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach hat die Soziale Marktwirtschaft 2021 in Deutschland an Popularität gewonnen: 56 Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben demnach eine gute Meinung vom deutschen Wirtschaftssystem. Das ist der höchste Wert seit 1996. Ihnen stehen 15 Prozent gegenüber, die das Wirtschaftssystem kritisch sehen bzw. keine gute Meinung haben. Auch die Coronakrise hat an der grundsätzlich positiven Einschätzung nichts geändert. Aus Sicht der Wirtschaft sind die Studienergebnisse erst einmal eine gute Nachricht, zumal in früheren Krisen das Vertrauen in unser Wirtschaftssystem und in wesentliche Akteure wie Finanzinstitute und Unternehmen stark erschüttert wurde.

Die grundsätzliche Zustimmung zum Wirtschaftssystem ist indes nur ein Indikator für seine Funktionsfähigkeit, darf aber den Blick auf globale Umwälzungsprozesse nicht verstellen, die es künftig unter Druck setzen werden. Vieles hat sich verändert, seit Ludwig Erhard zusammen mit anderen Vordenkern wie Alfred Müller-Armack die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft in praktische Politik umgesetzt hat. Dabei hat sie sich über die Jahrzehnte hinweg als anpassungsfähig erwiesen. Die Soziale Marktwirtschaft ist „kein fertiges System, kein Rezept, das, einmal gegeben, für alle Zeiten im gleichen Sinne angewendet werden kann. Sie ist eine evolutive Ordnung, in der es neben dem festen Grundprinzip, dass sich alles im Rahmen einer freien Ordnung zu vollziehen hat, immer wieder nötig ist, Akzente neu zu setzen gemäß den Anforderungen einer sich wandelnden Zeit.“

In Deutschland stehen Industrie und industrienahe Dienstleistungen immer noch für etwa 30 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist im internationalen Vergleich herausragend. Als Industrieland sind wir zugleich Innovationsland und Exportland – daher müssen wir, um unser Wirtschaftsmodell zukunftsfähig zu machen, unsere industrielle Basis sichern. Wir stehen vor gravierenden Umbrüchen, die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam meistern müssen.

Der demografische Wandel wird sich in den nächsten Jahren massiv bemerkbar machen – auf dem Arbeitsmarkt mit einem größer werdenden Mangel an qualifizierten Fachkräften, aber auch mit Blick auf die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme. Digitalisierung und Dekarbonisierung sind zwei dominierende Megatrends, die unser industriebasiertes Wirtschaftsmodell auf die Probe stellen. Und die Globalisierung, die das Exportland trägt, steht unter Druck durch Protektionismus und Systemkonflikt zwischen dem transatlantischen Westen und China.

Dieser Beitrag erschien im Buch "Welche Zukunft hat die Soziale Marktwirtschaft", herausgegeben von Siegfried Russwurm und Joachim Lang, erschienen im Herder Verlag.