
Deutschland gehört erneut zu den Konjunktur-Schlusslichtern
Einen guten Morgen auch von mir, meine Damen und Herren. Lassen Sie mich mit etwas Positivem beginnen, auch wenn es schnell abgehakt ist: Ja, es gab im vergangenen Jahr auch Lichtblicke. Wachstumsimpulse kamen aus dem Dienstleistungssektor, allerdings nur von dort. Hier war die Bruttowertschöpfung seit Mitte 2021 wieder höher als vor Ausbruch der Pandemie.
Nicht jedoch im Verarbeitenden Gewerbe: Hier war die Bruttowertschöpfung zwar im Jahr 2023 wieder etwas höher als vor Ausbruch der Pandemie. Seit Anfang 2024 ist jedoch ein deutlicher Rückgang zu beobachten.
Und was noch schlimmer ist: Im Vergleich mit den EU-Mitgliedstaaten gehört Deutschland erneut zu den Konjunktur-Schlusslichtern.
Es wird nicht besser, sondern es bleibt schwierig, und zwar auf ganzer Linie. Das ifo-Geschäftsklima ist im Dezember 2024 erneut gesunken. Die Unternehmen beurteilen sowohl die aktuelle Lage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate mehrheitlich negativ.
Die Industrieproduktion sinkt kontinuierlich, trotz der im historischen Vergleich noch immer hohen Auftragsbestände. Im 3. Quartal 2024 war die Industrieproduktion um fast elf Prozent niedriger als vor Beginn der Pandemie. Im Vergleich zum Allzeithoch im 2. Quartal 2018 beträgt der Abstand sogar über 16 Prozent.
Seit Kriegsbeginn in der Ukraine sank die Produktion in den energieintensiven Industrien in der Spitze um ein Fünftel. Mittlerweile betreffen die Produktionsrückgänge die Breite der Industrie, inklusive Schlüsselbranchen: So sank von Januar bis November 2024 die Produktion im Fahrzeugbau um knapp 7 Prozent, im Maschinenbau um acht Prozent und in der Elektroindustrie sogar um über zehn Prozent.
Eine konjunkturelle Erholung der deutschen Wirtschaft bleibt also in weiter Ferne. Der BDI geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung auch in diesem Jahr erneut leicht sinken wird. Eine spürbare Belebung des Privaten Konsums ist aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage und drohender Arbeitsplatzverluste nicht zu erwarten. Da die Kapazitäten im Verarbeitenden Gewerbe nur niedrig ausgelastet sind, dürften die Investitionen in Maschinen und Anlagen weiter nachgeben. Die Bauwirtschaft erfährt zwar ein wenig Belebung durch Investitionen in den Bereichen Verkehr und Netzausbau. Der gewichtige Wohnungsbau leidet aber weiterhin unter den hohen Materialkosten und Zinsen.
Zwar dürfte die Weltwirtschaft ihren Expansionskurs weiter fortsetzen und voraussichtlich um 3,2 Prozent wachsen. Hieran wird die deutsche Wirtschaft jedoch weniger stark partizipieren als in der Vergangenheit, zumal sie an preislicher Wettbewerbsfähigkeit verloren hat. Die Exporterwartungen sind nach der Mini-Erholung im November wieder gesunken. Ein Rekord, aber kein guter: Seit mittlerweile 20 Monaten werden die Exporterwartungen von den Unternehmen mehrheitlich negativ eingeschätzt. Dies hat es über einen so langen Zeitraum noch nicht gegeben.
Alles in allem rechnen wir in diesem Jahr mit einem BIP-Rückgang von minus 0,1 Prozent – im Szenario ohne neue Zölle. Damit liegen wir im Euroraum, für den wir ein moderates Wachstum von 1,1 Prozent erwarten, erneut auf den hinteren Plätzen.
Es ist alles höchst unsicher, fest steht aber: Die Signale aus dem Oval Office zu den Zielen der US-Handelspolitik können einen signifikanten Einfluss auf die Größe unserer wirtschaftlichen Krise haben. Im Fall neuer Zölle der USA droht der EU ein Wachstumseinbruch, einzelnen Ländern die Rezession. Die deutsche Wirtschaft könnte statt um minus 0,1 Prozent um fast ein halbes Prozent schrumpfen.
Meine Damen und Herren, die deutsche Industrie steht erneut vor einem schwierigen Jahr, die Aussichten sind trübe – umso wichtiger, dass eine künftige Bundesregierung die Zeichen der Zeit richtig deutet und beherzte Maßnahmen gegen den Negativ-Trend ergreift.