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Resilienz der Industrie muss höchste Priorität haben
Im Auftrag des Netzwerks Zukunft der Industrie e.V. hat die Prognos AG eine Studie zur Industriellen Resilienz und strategischen Souveränität Deutschlands vorgelegt. Die Studie zeigt auf, welche Positionen der Wertschöpfungskette in vier Schlüsselindustrien unseres gegenwärtigen und künftigen Wohlstands (Automobil, Technologien für die Energiewende, Mikroelektronik, Verteidigung) von Staaten besetzt werden, die als Handelspartner aktuell oder in naher Zukunft ihre herausragende Stellung politisch instrumentalisieren könnten.
Wir sind bei Rohstoffen, deren Verarbeitung und im Handel gefährlich abhängig
Die Studie stellt fest:
Bei Rohstoffen sind Deutschland und Europa zu teilweise über 90 Prozent von China abhängig, z. B. bei seltenen Erden oder Graphit.
In der globalen Arbeitsteilung haben Deutschland und Europa viele wichtige Kompetenzen an andere Staaten, insbesondere an China, verloren, z. B. die Erschließung von Rohstoffvorkommen und die Verarbeitung der Rohstoffe zu industriefähigem Material.
Es fehlen Kapazitäten und Fertigungskompetenzen für wirtschaftlich oder strategisch entscheidende Glieder der Wertschöpfung – von der Förderung der Rohstoffe bis zur Produktion spezifischer Vorprodukte, z. B.
- verfügt China über eine herausragende Kompetenz für die Errichtung von Fertigungsanlagen für Lithium-Ionen-Batterien für E-Fahrzeuge.
- Obwohl Europa rund 20 Prozent der global hergestellten Mikrochips verbraucht, werden hier nur rund zehn Prozent der Chips produziert. Eine extrem hohe Abhängigkeit besteht in Bezug auf Speicherchips und hochmodernen „Leading-Edge- Chips“, die u. a. für KI-Anwendungen erforderlich sind.
- Permanentmagnete für die Windkraft werden zu über 90 Prozent aus China importiert. Chinesische Unternehmen agieren vielfach als Generalunternehmer und verfügen auch hier über eine herausragende Marktposition (u. a. Giga Factories für Batteriezellen).
Es braucht eine koordinierte Strategie über die gesamte Wertschöpfungskette
IG Metall und BDI stellen in einer gemeinsamen Erklärung fest, dass Deutschland ohne eine Koordinierung der verschiedenen Aktivitäten des Staats, der Unternehmen und ihrer Beschäftigten hochgradig anfällig bleibt. „Mit einem marktkonformen Zugang zu Rohstoffen und Verarbeitungskapazitäten, zu Zwischen- und Endprodukten und verlässlichen Liefer- und Produktionsketten stehen und fallen Sicherheit und Wohlstand unseres Landes.“
Industrieverband und –Gewerkschaft forderten in einer gemeinsamen Erklärung eine anspruchsvolle wirtschaftspolitische Strategie von der Bundesregierung und der EU:
- Auf der Basis der gründlichen Erfassung der kritischen Abhängigkeit, muss ein transparenter Prozess zur Reduzierung dieser Abhängigkeiten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg treten. Wesentliche Ziele erfordern politische Entscheidungen. Da Märkte sicherheitspolitische Risiken nicht vorab richtig "bepreisen" können, können sie allein keine vollständigen sicherheitspolitische Lösungen erbringen.
- Um die sicherheitspolitische Anforderung nach höherer Resilienz der gesamten Volkswirtschaft konkret auszugestalten, brauchen wir ein mehrjähriges Arbeitsprogramm mit einer klaren handels-, finanz- und wirtschaftspolitischen Strategie. Grundlage hierfür muss eine Abstimmung von Regierung und Stakeholdern sein. Sinnvoll wäre eine strukturierte Konsultation der Regierung mit der Wirtschaft in Feldern kritischer Abhängigkeiten.
- Die Verschränkung von Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten muss über die verschiedenen Akteure viel besser gelingen. Allgemeine Rahmenregelungen auf EU-Ebene ohne eine klare Finanzierung über EU-Programme oder nur einer partiellen nationalen führt zu keinem befriedigenden Ergebnis.