30 Jahre Binnenmarkt: Europas unvollendete Erfolgsgeschichte
Dieses Jahr feiert der europäische Binnenmarkt sein dreißigjähriges Jubiläum. Neben der Wahrung dauerhaften Friedens ist der gemeinsame Markt die größte Errungenschaft des europäischen Integrationsprojekts:
- Mit mehr als 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger sowie 22 Millionen Unternehmen aus 27 Staaten ist er der größte gemeinsame Markt der Welt.
- Dank einer Wirtschaftsleistung von knapp 16 Billionen US-Dollar ist er nach den USA der global zweitgrößte Wirtschaftsraum.
- Handel innerhalb der EU und mit dem Rest der Welt ist für fast ein Drittel des gesamten Welthandels verantwortlich.
- Seit seinem Inkrafttreten hat er das BIP seiner Mitgliedstaaten zwischen zwölf und 22 Prozent erhöht und mehr als 2,7 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen.
Der Binnenmarkt bildet somit die zentrale Grundlage für Erfolg, Prosperität, und den internationalen Einfluss Europas – heute und in Zukunft.
Vollendeter Binnenmarkt bleibt Wunschdenken
Trotz dieser Erfolgsgeschichte bleibt der Binnenmarkt Europas größte und wichtigste Baustelle. Nach wie vor sind grenzüberschreitend tätige Unternehmen, allen voran KMU, mit einer Vielzahl von Barrieren und Hindernissen konfrontiert: divergierende nationale Rechtsrahmen, hoher Verwaltungsaufwand, fehlender Zugang zu Informationen, bis hin zur Marktabschottung. Oft übersteigt die Überwindung dieser Barrieren dabei die Kapazitäten der Firmen bzw. den avisierten Nutzen einer Expansion. In Realität ist der in den EU-Verträgen geregelte freie Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen, Kapital und Daten oft Wunschdenken. Letztendlich untergräbt dies Scale-up und Wachstum europäischer Unternehmen und kostet die EU bis zu 1,1 Billionen Euro oder bis zu 8,6 Prozent an zusätzlichem EU-BIP.
Politische Versprechen endlich einlösen: Forderungen der deutschen Industrie
Der Abbau dieser Barrieren und die weitere Vertiefung des Binnenmarkts ist ein langjähriges Versprechen europäischer und nationaler Politik, welches bis heute uneingelöst bleibt. Angesichts der potenziell enormen Wachstumsgewinne und der zentralen Bedeutung eines starken Binnenmarkts für den politischen und wirtschaftlichen Einfluss Europas in der Welt, erhebt der BDI folgende zehn industriepolitische Forderungen:
- Weiterentwicklung des Binnenmarktes zur politischen Top-Priorität erklären
- Unerschlossene Potentiale im Dienstleistungssektor freisetzen
- Wiederbelebung des „New legislative Framework“ (NLF) forcieren
- Europa vernetzen, Transport und Mobilität steigern
- Europäischen Markt für nachhaltige Kreislaufwirtschaft schaffen
- Chancen der Digitalisierung voll nutzen
- Integration des europäischen Energiebinnenmarkts vorantreiben
- EU-Richtlinien für öffentliche Aufträge nicht aushöhlen
- Steuerliche Hemmnisse abbauen
- Governance stärken und besser(es) Recht setzen