© BDI

Was kann die längste Wasserstoffbrücke der Welt?

Die Delegation des BDI und acatech waren Ende Mai auf einer intensiven Fact-Making-Mission in Australien. Die Delegierten und die australischen Stakeholder aus Industrie, Wissenschaft und Politik kamen zu erkenntnisreichen Interaktionen – um den Hochlauf eines globalen Wasserstoffmarktes zu beschleunigen.

Seit Dezember 2020 untersuchen der BDI und acatech, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, gemeinsam mit einem australischen Konsortium erstmalig, ob und wie der Import von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien gelingen kann. Die Erkenntnisse aus dem sogenannten HySupply-Projekt sollen den Weg für eine langfristige Wasserstoffpartnerschaft zwischen beiden Ländern ebnen.

Die Reise nach Australien war einer der Meilensteine im Projekt HySupply. Seit dem Beginn des Projekts wurde untersucht, ob der Import von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien technisch, ökonomisch und regulatorisch machbar ist. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass Australien zukünftig ein wichtiger und verlässlicher Partner für eine langfristige Wasserstoffpartnerschaft für Deutschland sein kann.

Um dieses Potenzial zu heben und die Umsetzung der deutsch-australischen Lieferketten für erneuerbaren Wasserstoff zu unterstützen, reiste eine BDI-Delegation in Begleitung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und mit einer Reihe von führenden Unternehmen und Fachleuten aus der Wissenschaft nach Australien.

Der erste Reisetag begann in Perth im Westen des Kontinents, das neben den vielen Sonnenstunden auch bekannt für seine reichhaltigen Vorkommen an Rohstoffen und kritischen Mineralien ist. Western Australia verfügt über die Hälfte der chemischen Elemente im Periodensystem. Aber auch in Bezug auf Wasserstoff ist Western Australia ganz weit vorne: Der Bundesstaat ist ähnlich wie bei Flüssigerdgas in der Lage, große Mengen zu exportieren. 

Der zweite Tag begann um vier Uhr morgens, um von Perth nach Sydney im australischen Südosten zu fliegen. Dort war es uns nach langem Warten aufgrund der Corona-Reisebeschränkungen endlich möglich, unsere Projektpartner live und in Farbe vor Ort zu treffen. 

Der dritte Tag führte nach Brisbane, wo die Delegation erneut eine Reihe konkreter Wasserstoff-Projekte kennenlernen durfte, die bereits umgesetzt werden. Ein Beispiel ist die bestehende Ammoniak-Anlage in Gibson Island, die zeitnah auf die Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff umgewandelt wird und für den Export bereitsteht.

Danach ging es zur letzten Station in Adelaide, wo neben dem Potenzial auch die Herausforderung der bilateralen Lieferketten insbesondere im Bereich Infrastruktur diskutiert wurden. Der australische Süden ist aufgrund der Erfahrungen im Export von Rohstoffen und kritischen Mineralien gut aufgestellt.

Fazit der Reise: Neben den greifbaren Möglichkeiten und Potenzialen für eine langfristige und verlässliche Wasserstoffpartnerschaft mit Australien gibt es nach wie vor Hindernisse für die Umsetzung der bilateralen Lieferketten, die schnellstmöglich überwunden werden müssen. Das Problem Nummer eins ist der „Offtake“, also das Eingehen von Verpflichtungen zur Abnahme des erneuerbaren Wasserstoffes in Zeiten unsicherer regulatorischer Rahmenbedingungen. Die zweite Herausforderung liegt bei den Kosten von Elektrolyseuren, die nach wie vor noch nicht in ausreichendem Maßstab und automatisiert hergestellt werden. 

Eine weitere Unsicherheit stellt das Thema Zertifizierung dar: Wie soll ein globaler Markt organisiert werden, wenn die Anforderungen nicht einheitlich geregelt sind? Schließlich besteht neben der Frage der Export-Bereitschaft vor allem die Frage der Import- und Verteil-Bereitschaft in Deutschland und Europa. Hier muss die Politik dringend die notwendigen Wasserstoff-Infrastrukturen schaffen – vor allem mit der Verkürzung und Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsgefahren von Infrastrukturprojekten.