EU-Viertel, Brüssel. © Unsplash/ Patrick Freyer/

Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft erfordert globalen Konsens, der auch für Europa gilt

Die Digitalisierung geht mit immensen steuerlichen Herausforderungen einher. Um diese zu lösen, braucht es einen weltweiten Konsens. Insofern treten die EU-Kommission und der deutsche EU-Ratsvorsitz zu Recht für eine globale Lösung auf OECD-Ebene ein. Nur diese führt zu einer essenziellen Planungs- und Rechtssicherheit für Unternehmen. Unilaterale Maßnahmen bergen hingegen die Gefahr langwieriger Besteuerungs- und Handelskonflikte.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich inmitten der digitalen Transformation ihrer Geschäftsmodelle. Das geht auch mit Herausforderungen für die internationalen Regeln der Unternehmensbesteuerung einher, da diese digitalen und oftmals grenzüberschreitenden Geschäftsmodelle in vielen Fällen nicht mehr steuerlich erfasst werden können. Die G20-Staaten haben sich im Auftrag der OECD diesem Problem angenommen. Aktuell wird eine konsensfähige globale Lösung für die vielfältigen steuerlichen Herausforderungen erarbeitet, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben. 

Dazu hat die OECD im Oktober 2019 einen Zwei-Säulen-Ansatz präsentiert. Die erste Säule umfasst dabei eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte an Unternehmensgewinnen zwischen den Staaten. Die zweite Säule zielt darauf ab, ein globales effektives Mindestbesteuerungsniveau für Unternehmensgewinne einzuführen. Diese Vorschläge werden aktuell intensiv diskutiert und bis Ende 2020 soll eine konsensfähige globale Lösung erzielt werden. 

Digitalsteuer weiterhin Thema

Ein wichtiger Player in diesem Feld ist auch die EU, die eine Einführung einer Digitalsteuer vorantreiben möchte. Bereits im Jahr 2018 hatte die EU-Kommission zwei Richtlinienvorschläg präsentiert, über die allerdings keine Einigung erzielt werden konnte. In der Konsequenz kam es zum Scheitern der Verhandlungen auf europäischer Ebene. Seitdem ruht die Debatte auf EU-Ebene. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Thema vom Tisch ist – ganz im Gegenteil: Die Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft zählt gemäß den politischen Leitlinien der EU-Kommission zu den steuerpolitischen Prioritäten in der aktuellen europäischen Legislaturperiode. Dabei bekennt sich die EU-Kommission zu Recht zu den Arbeiten auf OECD-Ebene.

Der deutsche EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2020 zählt die Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft ebenfalls zu seinen steuerpolitischen Prioritäten. Die Bundesregierung bekennt sich dabei richtigerweise zu den Arbeiten auf OECD-Ebene. In ihrem Arbeitsprogramm für die EU-Ratspräsidentschaft betont sie, an der Einhaltung des internationalen Zeitplans zu arbeiten und nach Abschluss der internationalen Verhandlungen die Umsetzung der Ergebnisse in der EU vorantreiben zu wollen. 

Globaler Kompromiss statt unilaterale Sonderlösungen

Die deutsche Industrie spricht sich mit Nachdruck für eine globale Lösung aus, um die Herausforderungen bei der Besteuerung der Digitalisierung der Wirtschaft zu meistern. Es braucht einen globalen Konsens über die OECD-Vorschläge (Säulen 1 und 2), der auch für Europa gilt. Im Falle eines Scheiterns droht die Einführung von Digitalsteuern einzelner EU-Mitgliedstaaten oder eine Sonderlösung in der Europäischen Union, die seitens der EU-Kommission angestrebt wird.  Diese Sonderlösungen schaffen Rechtsunsicherheit, langwierige internationale Besteuerungskonflikte oder rufen Handelskonflikte hervor – mit allen Konsequenzen für Wachstum und Beschäftigung. 

Die deutsche Wirtschaft hat daher ein hohes Interesse, dass die Staaten sich auf eine weltweite Lösung zur Besteuerung der Digitalisierung der Wirtschaft einigen. Für die Unternehmen dürfen neue Regelungen allerdings nicht zu bürokratischem Mehraufwand führen. Ebenso müssen Doppelbesteuerungsrisiken der Unternehmen verhindert werden, die durch eine unabgestimmte Geltung neuer Regelungen in den Staaten entstehen können. Entscheidend ist vor allem, dass für internationale Steuerkonflikte Lösungen geschaffen werden, die einen Streit zwischen Staaten von vornherein vermeiden oder verbindlich beilegen.