USA nehmen Investitionen aus dem Ausland stärker unter die Lupe

Die kritische Haltung der US-Regierung gegenüber Offenheit schlägt sich auch im Umgang mit Auslandsinvestitionen nieder. Die zunehmende Sorge vor dem Einfluss ausländischer Investoren kommt der der nun umgesetzten Reform der Kontrolle von Auslandsinvestitionen (FIRRMA) zum Ausdruck. Die Kompetenzen des für Investitionskontrollen zuständigen Ausschusses CFIUS wurden deutlich ausgeweitet.

Die USA unterwerfen ausländische Direktinvestitionen einer kritischen Prüfung. Grundlage hierfür ist das Gesetz zur Kontrolle von Auslandsinvestitionen (FIRRMA) aus dem Jahr 2018, das die Prüfrechte der Regierung und des zuständigen Ausschusses CFIUS noch einmal deutlich erweiterte. Der 46. Präsident der USA, Joe Biden, will zwar mehr Investitionen in die USA holen. An der kritischen sicherheitspolitischen Prüfung wird dies jedoch nichts ändern.

Mit dem Foreign Investment Risk Review Modernization Act (FIRRMA) verschärfte die US-Regierung Ende 2018 die staatlichen Kontrollen ausländischer Investitionen. FIRRMA ist Teil des Gesetzespaketes National Defense Appropriations Bill. Zu diesem gehört auch eine Reform des US-Exportkontrollrechts. Im September 2019 wurde der Entwurf der Durchführungsbestimmungen für die Anwendung der verschärften Prüfungen veröffentlicht. Am 15. Oktober 2020 trat die endgültige Regelung zur Umsetzung der grundlegenden Anforderungen von FIRRMA in Kraft.

Investitionskontrollen haben lange Tradition in den USA

Die staatliche Überprüfung ausländischer Investitionen in den USA ist nicht neu. Schon seit 1975 unterzieht die US-Regierung Auslandsinvestitionen einer Kontrolle. Die Prüfungen erfolgen durch das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS). In diesem Komitee sind die Ministerien für Wirtschaft, Justiz, Homeland Security, Verteidigung, Äußeres, Handel und Forschung und Energie vertreten.

Ausdrückliches Ziel der Überprüfungen war schon vor FIRRMA der Schutz der nationalen Sicherheit. Wenn CFIUS im Rahmen seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis kommt, dass eine Investition die nationale Sicherheit gefährden könnte, kann das Gremium den Fall dem US-Präsidenten zur Entscheidung vorlegen. Die Entscheidung des Präsidenten ist bindend und nicht rechtlich anfechtbar. Von 2014 bis 2016 hat CFIUS 208 Untersuchungen durchgeführt, im Zeitraum von 2017 bis 2019 waren es mit 443 schon mehr als doppelt so viele. Von 2016 bis 2019 führten die Untersuchungen jährlich zu je einem Verbot durch den Präsidenten, ein prominentes Verbot betraf chinesische Investitionen in das US-Technologieunternehmen Qualcomm. Mit FIRRMA hat der US-Kongress ein Reformpaket verabschiedet, das die Kompetenzen von CFIUS deutlich ausweitet.

Eingriffsrechte des Staates wurden ausgeweitet

Obwohl Investitionsprüfungen in den USA nicht neu sind, ist doch mit einer Zunahme von Untersagungen zu rechnen. Das Gesetz wird dazu führen, dass mehr ausländische Investitionen in US-Unternehmen überprüft werden. Im Vorschlag der Durchführungsverordnung wurde konkretisiert, in welchen Wirtschaftssektoren und unter welchen Umständen Auslandsinvestitionen überprüft beziehungsweise untersagt werden können. Erstens ermöglicht die Reform nun die Untersagung von Investitionen in Immobilien, wenn sich diese etwa in der Nähe von US-Militäranlagen befinden. Zweitens sind Überprüfungen vorgesehen bei der Übernahme von Unternehmen, die sich mit bestimmten Technologien, mit Infrastruktur oder mit der Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen („TID businesses“, technology, infrastructure, and data). In der Durchführungsverordnung werden für die Immobilienbranche sowie die drei TID-Sektoren Präzisierungen vorgenommen. Kritische Technologien sind im Sinne der Verordnung etwa Waffentechnologie, Nukleartechnik, bestimmte toxische Chemikalien sowie eine neue Kategorie von exportkontrollrechtlich relevanten Schlüsseltechnologien („emerging or foundational technologies“), die im neuen Abschnitt 1758 des Exportkontrollgesetzes von 2018 (ECRA) aufgeführt sind (abgegrenzte Bereiche der Biotechnologie, der Künstlichen Intelligenz, IT-Technik, Quantencomputer, Robotik, Ultraschall u. a. ). Zur kritischen Infrastruktur gehören im Sinne der Verordnung Netze in den Bereichen Telekommunikation, Energieversorgung, Öl/Gas, Wasserversorgung, Infrastruktur zum Betrieb der Finanzmärkte sowie etwa Infrastrukturen zum Betrieb militärischer Einrichtungen. Datenverarbeitende Unternehmen sind einer Prüfung zu unterziehen, wenn sie in größerem Maßstab personenbezogene Daten verarbeiten, die zur Schädigung der betroffenen Personen verwendet werden können (Gesundheitsdaten, persönliche Kommunikation, biometrische Daten) oder sicherheitsrelevant sind (etwa Ausweisdaten, Geodaten oder Regierungsdaten). 

Gegenstand der Überprüfungen ist aber nicht nur der Inhalt des Geschäftsbetriebs des zu übernehmenden Unternehmens, sondern auch die Möglichkeiten der Einflussnahme des Investors nach vollzogener Übernahme. Hier kommt es nicht mehr nur darauf an, ob eine Investition die Kontrolle über ein Unternehmen erlaubt. Vielmehr kann CFIUS nunmehr alle Investitionen überprüfen, die dem Investor Aktivitäten innerhalb des Unternehmens erlauben („nicht-passive Investitionen“). Nach der alten Regelung vor der FIRRMA-Reform konnten Investitionen ausländischer Unternehmen nur dann geprüft werden, wenn diese mit tatsächlichen Kontrollmöglichkeiten bei dem gekauften Unternehmen einhergingen. Der Fokus der Investitionskontrollen wird somit erweitert von der Möglichkeit der Kontrolle der unternehmerischen Entscheidungen durch den Investor hin zu den Handlungsmöglichkeiten des Investors innerhalb des erworbenen Unternehmens. 

Bewertung der Änderungen  

FIRRMA brachte auch längere Prüffristen mit sich, die zu Lasten von Investoren und Zielunternehmen gehen. So hat CFIUS nun maximal 60 statt wie früher 30 Tage Zeit zur Bearbeitung einer Investitionsprüfung. Auch zu Lasten der Unternehmen geht die für die Zukunft geplante Einführung von Gebühren für durchgeführte Investitionsprüfungen in Höhe von einem Prozent des Transaktionswertes (bis maximal 300.000 US-Dollar). Die Gebührenordnung ist in der 2019 vorgestellten Durchführungsverordnung noch nicht aufgeführt, soll aber zu einem späteren Zeitpunkt gesondert geregelt werden. Profitieren können Unternehmen hingegen von einem neu eingeführten vereinfachten Anmeldeverfahren, mit dem ein Unternehmen Vorab-Genehmigungen für Investitionen beantragen kann. FIRRMA hat CFIUS außerdem stärker institutionalisiert, was reibungslose Prüfungen ermöglichen könnte. CFIUS hat durch die Reform ein autonomen Haushaltsbudget erhalten und bekam das Recht, selbstständig Personal anzustellen. Ein positiver Beitrag zur Transparenz der Aktivitäten des Komitees ist die Einführung einer Berichtspflicht von CFIUS gegenüber Parlament und Öffentlichkeit.

Zu begrüßen ist auch die Schaffung von mehr rechtlicher Klarheit durch die Festlegung von Kriterien dafür, in welchen Sektoren und unter welchen Umständen Auslandsinvestitionen einer Prüfung zu unterziehen sind. Insgesamt erhöht FIRRMA jedoch die Hürden für Auslandsinvestitionen in die USA – auch zulasten deutscher Investoren und deutscher Unternehmen in den USA. Der Umfang der Prüfungen wurde ausgeweitet und in vielen Fällen wird die Prüfung verpflichtend. Mit FIRRMA liegt die Auslandsinvestitionspolitik nicht nur auf der Linie der sicherheitspolitisch und protektionistisch ausgerichteten Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung. Sie liegt auch im internationalen Trend zunehmend schärferer Investitionskontrollen, an dem sich auch Deutschland mit mehreren Verschärfungen in den letzten Jahren beteiligt hat.

Die deutsche Industrie fordert:

  • Überprüfung der Definition prüfungsrelevanter Wirtschaftssektoren im Lichte technologischer Entwicklungen und sicherheitspolitischer Bedrohungen
  • keine industriepolitische Instrumentalisierung von CFIUS durch die US-Administration
  • rasche Durchführung der Prüfungen
  • weiterhin gebührenfreie Prüfungen

Unter Joe Biden alles anders?

Die Förderung inländischer Produktion („Buy American“) und die Stärkung der US-amerikanischen Mittelschicht haben für Biden höchste Priorität. US-Firmen sollen mit Strafsteuern davon abgehalten werden, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Für Unternehmen, die in den USA investieren, soll es dagegen Steuererleichterungen geben. Biden will mehr Investitionen in die USA holen. An der kritischen, sicherheitspolitischen Prüfung dieser Investitionen wird dies jedoch nichts ändern.

Die Prüfung ist zwar nicht länderspezifisch ausgerichtet, doch bereiten gerade die Investitionen Chinas in Hochtechnologiesektoren den USA große Sorge. Die strenge Prüfung ausländischer Investitionen – gerade aus China – war dabei kein reines Trump-Phänomen, sondern begann bereits 2012 unter der Obama-Administration. Sie wird von einer großen Mehrheit der Demokraten und Republikaner im Kongress unterstützt. Seit Beginn der Covid-Pandemie haben die USA, wie Dutzende anderer Länder auch, ihr Screening für ausländische Investitionen aus China noch einmal verschärft.

Wie in vielen anderen Politikfeldern dürfte Bidens Ansatz nuancierter sein als der seines Vorgängers. Anstatt Transaktionen komplett zu verbieten, könnte CFIUS beispielsweise eine Investition stärker an Bedingungen koppeln. Der Ausschuss könnte sich auch offener gegenüber Geschäften von nicht-chinesischen Unternehmen mit Verbindungen nach China zeigen.

Auch Deutschland verschärfte in den vergangenen Jahren seine Kontrolle ausländischer Investitionen wiederholt. Im Frühjahr 2019 trat eine EU-Verordnung zum Umgang mit Investitionskontrollen innerhalb Europas in Kraft. Damit schuf die EU ein europäisches Rahmenwerk für Investitionskontrollen. Die EU und die USA sollten daher in einen Dialog über die Kontrolle ausländischer Investitionen treten, insbesondere über die Definition sensibler Technologie und Sektoren. Dabei gilt: Investitionsprüfung, um die nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung zu gewährleisten, ist richtig und notwendig. Allerdings darf diese nicht für industriepolitische Ziele zweckentfremdet werden. Zudem darf nicht vergessen werden, dass Investitionen eine wichtige Säule für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze sind.

Vergleich: Investitionsprüfungen in Deutschland und den USA

  AWG CFIUS
Prüfkriterium Öffentliche Sicherheit und Ordnung Nationale Sicherheit
Prüfungsinstanz Wirtschaftsministerium, Beteiligung verschiedener Ministerien, Beratung durch Sicherheitsbehörden Finanzministerium, Beteiligung verschiedener Ministerien, Beratung durch Sicherheitsbehörden
Prüfschwelle Ab 25 Prozent Anteil Sofern Investitionen dem Investor Aktivitäten im Unternehmen erlauben.
Prüfungsdauer Max. 120 Tage Max. 60 Tage
Untersagte Übernahmen (2009 bis heute) 1 (Leifeld Metal Spinning GmbH) 4
Prüfkosten Keine Ein Prozent des Transaktionswertes
Möglichkeit zur Anfechtung von Investitionsverboten Über Verwaltungsgerichte Nicht anfechtbar