Die „Tax Certainty Agenda“ der OECD – Mehrwert für Unternehmen

International tätige Unternehmen sind bei Steuerkonflikten auf sichere Verfahren und weltweit einheitliche Standards zur Vermeidung von außergerichtlichen Streitvermeidungs- und Streitbeilegungsmechanismen angewiesen. Die „Tax Certainty Agenda“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schlägt zahlreiche Maßnahmen für mehr Transparenz und Rechtssicherheit vor. Davon profitieren neben Unternehmen auch Finanzverwaltungen und die Politik.

In Zeiten der Globalisierung sind Unternehmen zunehmend grenzüberschreitend tätig. Dadurch werden sie häufig mit völlig verschiedenen steuerlichen Anforderungen konfrontiert. Die Besteuerung von Betriebsstätten und Fragestellungen zu Verrechnungspreisen sind dabei allzu oft Streitpunkte. Die laufende OECD-Initiative zur Besteuerung der Digitalisierung der Wirtschaft lässt eine weitere Verschärfung dieser Konflikte erwarten. Um Doppelbesteuerungen von Unternehmen bzw. Steuerstreitigkeiten frühzeitig oder ganz zu vermeiden, hat die OECD Verbesserungen für zwischenstaatliche Mechanismen auf den Weg gebracht. Im Rahmen der „Tax Certainty Agenda“ werden insbesondere drei Instrumente diskutiert: das Pilotprojekt International Compliance Assurance Programme (ICAP 2.0), die Advanced Pricing Agreements (APA) und gemeinsam durchgeführte Betriebsprüfung von zwei oder mehr Staaten über einen Besteuerungsfall – sogenannte Joint Audits.

International Compliance Assurance Programme (ICAP 2.0)

Basiert auf einer tiefgehenden Risikoanalyse und -bewertung durch Finanzverwaltungen und soll global agierenden Unternehmen mehr Anwendungssicherheit in Bezug auf bestimmte Geschäftsaktivitäten und Transaktionen verschaffen. Unklar ist jedoch der rechtsverbindliche Charakter dieser Einschätzung. Allerdings bietet die Fortsetzung des Pilotprojekts die Chance, weitere Erfahrungen zu sammeln und das Vertrauen zwischen Finanzbehörden und Unternehmen zu festigen, um die Rechtssicherheit langfristig zu erhöhen.

Advance Pricing Agreement (APA)

Ist eine zeitlich befristete Vereinbarung zwischen einem oder mehreren steuerpflichtigen Unternehmen und mehreren Finanzverwaltungen. Durch den Abschluss werden die Verrechnungspreismethoden zwischen den betroffenen verbundenen Firmen für einen bestimmten Zeitraum in der Zukunft festgelegt. Nicht nur die Unternehmen, auch Steuerbehörden erkennen großen Nutzen von APA zur Vermeidung von Steuerstreitigkeiten. Entsprechend soll nun mit dem Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz) die Rechtsgrundlage für Vorabverständigungsverfahren im deutschen Recht geschaffen werden.

Joint Audits

Dienen der Vermeidung von Steuerstreitigkeiten hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse oder grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen von Unternehmen. Durch die bi- und multilateralen Außenprüfungen sind frühzeitig präventive und unbürokratische Lösungen möglich. Diesen hohen Nutzen erkennend müssen Politik und Unternehmensverbände die Anwendung von Joint Audits wieder prominenter auf die politische Agenda setzen.