Digitale Innovationen für die Bundeswehr
Digitale Technologien sind für die Bundeswehr der Zukunft unverzichtbar. Ob Bilderkennungssoftware in der Luftbildaufklärung, Programme für smarte Logistik oder Aufklärungssensorik zur Erstellung eines umfassenden Lagebildes – digitale Anwendungen können, u.a. mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz, Leben retten und die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz unterstützen. Start-ups entwickeln innovative Technologien, von denen auch die Bundeswehr profitieren kann. Die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und Start-ups wird vor diesem Hintergrund immer wichtiger.
CIH: Experimentierlabor für innovative Technologien
Die agile Arbeitsweise von Start-ups und die bürokratischen Beschaffungsprozesse im Verteidigungsbereich wirken dabei oft wie unvereinbare Gegensätze. Doch der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIH), der sich in einem der zahlreichen Hinterhöfe eines ehemaligen Berliner Fabrikkomplexes angesiedelt hat, belehrt uns eines Besseren: die Bundeswehr will Anschluss an die Start-up-Welt finden und am Puls der Zeit bleiben. „Meine Beobachtung ist, dass der kulturelle Unterschied zur Truppe, zu den Soldaten, gar nicht so groß ist. Wir finden sogar in der soldatischen Zusammenarbeit Elemente wieder, die der agilen Zusammenarbeit sehr ähnlich sind“, betont Marcel „Otto“ Yon, Leiter des CIH.
Mit dem CIH will die Bundeswehr innovative Technologien in der Start-up-Welt identifizieren, mit den Nutzern weiterentwickeln und möglichst schnell im Alltag nutzbar machen. „Dabei ist die technische Herausforderung nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Yon. Die wahre Herausforderung bestehe in der Überwindung der Innovationshemmnisse. „Digitale Innovationen müssen im geschützten Raum entstehen und zur vollen Praxistauglichkeit heranwachsen, bevor sie in großen Organisationen gedeihen können“ fasst Yon seine Erfahrung zusammen.
Bundeswehr als Treiber von Innovation
Während in den letzten Jahrhunderten zumeist der Staat, allen voran das Militär, entscheidender Treiber technologischen Fortschritts war, werden disruptive Innovationen heute primär durch zivile Akteure vorangetrieben. Diese werden immer weniger abhängig von kritischer Masse – für Unternehmen wird es somit immer leichter, disruptive Technologien auf den Markt zu bringen. Die US Air Force verkündete unlängst die Lufthoheit über den Innovationsraum an das Silicon Valley verloren zu haben. „Der Wettbewerbsvorteil von großen Organisationen schwindet“, betont Yon. Die Bundeswehr steht angesichts dieser Entwicklung vor der Aufgabe, sich stärker als bislang mit der Start-up Szene zu vernetzen und für diese ein attraktiver Auftraggeber und Kunde zu werden.
Arbeitsweisen müssen sich dem digitalen Zeitalter anpassen
In den USA und in Israel ist der Austausch zwischen Armee und Gründerszene fest etabliert. „Das heißt aber nicht, dass dort alles funktioniert, was hier nicht funktioniert“, unterstreicht Yon. „Auch diese beiden Länder haben erkannt, dass ihre Verwaltungsprozesse nicht geeignet sind, um im digitalen Zeitalter mitzuhalten“.
Die Hauptherausforderung der öffentlichen Verwaltung sieht Yon eher in der digitalen Transformation als der Digitalisierung: „Wir haben kein Innovationsproblem, sondern ein Innovationsadoptionsproblem. Wir müssen lernen, flexibler und anpassungsfähiger zu werden. Verwaltungshandeln ist ein Spiegelbild der Art und Weise, wie Zusammenarbeit in großen Organisationen vor 30 Jahren organisiert wurde. Die Führungs- und Zusammenarbeitskultur in der digitalen Welt hat sich jedoch seit der Erfindung des Internets kolossal verändert.“
Der Einzug der agilen Kultur in den öffentlichen Sektor sei deshalb unaufhaltsam, meint Yon. „In einer unbekannten, sich schnell verändernden und mit Informationen überfluteten Welt gewinnt die effektive, gelebte Zusammenarbeit zwischen Menschen gegenüber starren Prozessen und Richtlinien an Bedeutung.“