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Europäische KMU-Definition zukunftsfest machen
Die EU-Kommission hatte im März 2020 eine Strategie für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vorgestellt. Zielsetzungen sind, Bürokratie abzubauen, grenzübergreifende Tätigkeiten zu fördern, Zugang zu Finanzierungen zu erleichtern und damit den digitalen und ökologischen Wandel voranzubringen. Zur schon 2017 angekündigten Reform der KMU-Definition schweigt das Strategiedokument. Ein Hinweis dazu findet sich aber im aktualisierten Arbeitsprogramm der EU-Kommission vom Mai 2020. Das ist zu begrüßen.
Als KMU gelten nach Definition der EU-Kommission Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro beziehungsweise einer Bilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro. Die Schwellenwerte gelten für Einzelunternehmen. Ist ein Unternehmen Teil einer Gruppe, sind je nach Höhe der Beteiligung auch die Kennzahlen der Gruppe zu berücksichtigen.
Diese Definition ist wichtig, um zu beurteilen, welche Unternehmen EU-Förderprogramme in Anspruch nehmen können. Wichtig ist es auch im Hinblick auf bestimmte Politikbereiche, wie KMU-spezifische Wettbewerbsregeln oder etwa Berichtspflichten.
Eine Reform der Definition ist aus mehreren Gründen nötig. Erstens sind die finanziellen Schwellenwerte seit 2005 unverändert. Dadurch sind seitdem viele Unternehmen rein inflationsbedingt aus der europäischen KMU-Politik herausgefallen. Zweitens wird die Definition in ihrer aktuellen Form den Besonderheiten der deutschen Mittelstandslandschaft nicht gerecht. Der Schwellenwert von 249 Beschäftigten greift zu kurz. Auch mittelständische Unternehmen können bei arbeitsintensiver Fertigung diese Schwelle schnell überschreiten und werden so durch Berichtspflichten belastet oder von Förderprogrammen ausgeschlossen. Die Schwelle sollte daher auf mindestens 499 Beschäftigte erhöht werden. Der BDI steht damit inhaltlich an der Seite der Bundesregierung, die im aktuellen Koalitionsvertrag (Zeilen 2876-2878) eine angemessene Abgrenzung für KMU bei bis zu 500 Mitarbeitern sieht, „damit mehr Unternehmen von europäischen Berichtspflichten entlastet werden“. Darüber hinaus sollte die EU-Kommission auch in Betracht ziehen, die enge Verknüpfung quantitativer Kriterien insgesamt zu lösen und künftig auch qualitative Kriterien einzubeziehen – etwa mit Blick auf Eigentum, Führung und Kontrolle.
Sollte keine klare Reform der KMU-Definition gelingen, könnten ergänzend zu KMU auch kleinere Unternehmen mit mittelgroßer Kapitalisierung („Small-Mid Caps“) und bis zu 500 Mitarbeitern als Kategorie etabliert und in ausgewählten EU-Politiken berücksichtigt werden, dazu zählen u.a. Umwelt-, Klima- oder Außenwirtschaftspolitik.
Eine praxisnahe und zukunftsfeste KMU-Definition bietet vielfältige Chancen für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU sowie für Investitionen, Arbeitsplätze und Wachstum vor Ort. Eine Reform gilt es also zeitnah anzupacken.