Global Governance: Die Globalisierung politisch gestalten
Deutschland profitiert wie kaum ein anderes Land von offenen Märkten. Das Verhältnis des Gesamtaußenhandels am BIP (Exporte und Importe von Waren und kommerziellen Dienstleistungen) lag 2021 bei 89 Prozent des BIP. Der Außenhandel ist einer der wichtigsten Motoren des Landes für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Jeder vierte Arbeitsplatz in unserem Land ist vom Export abhängig, in der Industrie ist es sogar mehr als jeder zweite. Die Gestaltung der Rahmenbedingungen der Globalisierung ist deshalb eine Kernaufgabe des BDI.
Die Globalisierung schafft nicht nur Chancen, sondern auch Schwachstellen. Staaten können heute im Alleingang weder die großen Chancen der Weltwirtschaft nutzen noch die großen Herausforderungen meistern. Nationale Alleingänge sind zum Scheitern verurteilt. Viele Themen benötigen eine intensive globale Zusammenarbeit. Die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, die Gewährleistungen fairer Handelsbedingungen sowie die Bekämpfung von Korruption und Kriminalität sind nur drei Herausforderungen globalen Ausmaßes, die die Relevanz internationaler Institutionen verdeutlichen. Die globalisierte Weltwirtschaft braucht Global Governance und Deutschland muss eine aktive Rolle in der Gestaltung spielen.
Globalisierung braucht kooperatives Handeln
In Ermangelung einer „Weltregierung“, die die Zusammenarbeit zwischen den 193 Staaten auf unserem Planeten steuert, lenkt und abstimmt, bedarf es einer anderen Regulierungsform. Wenn man von Global Governance spricht, so meint man den internationalen Rahmen, der – basierend auf Institutionen, Gesetzen, Prinzipen und Regeln – die internationale Ordnung gewährleistet. Solch ein Netzwerk, basierend auf formellen und informellen Strukturen und Institutionen, ist notwendig, um die zwischen Staaten auftretenden Probleme und Konflikte sowie globale Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.
Zudem gibt es eine Vielzahl an Themen, die im nationalen Kontext nicht gelöst werden können, weil ihre Ursachen oder Auswirkungen globaler Natur sind oder zumindest mehrere Staaten umfassen. Beispiele hierfür sind die Regulierung der Finanzmärkte durch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aufgestellten Leitlinien für multinationale Unternehmen. Darüber hinaus muss die Global Governance auch gemeinsame Maßnahmen initiieren und Ressourcen bündeln, wie dies beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe der Fall ist.
Formen der Global Governance
Global Governance tritt in verschiedenen Formen auf, so zum Beispiel durch völkerrechtliche Verträge (zum Beispiel das Handelsrecht der Welthandelsorganisation, WTO). Aber auch informelle Abstimmungen (zum Beispiel G7, G20) und loser Gedankenaustausch (beispielsweise Weltwirtschaftsforum) können zu einer effektiven Global Governance beitragen. Herausragende Formate der Global Governance sind die G7 und die G20. Deren Themenportfolio erstreckt sich von der Koordinierung von Finanz- und Wirtschaftspolitik über den Klimaschutz bis hin zu sozial- und arbeitsmarktpolitischen Themen.
Doch es sind bei weitem nicht nur Staaten und ihre Regierungen, die sich in der Global Governance engagieren. Gesellschaftliche Akteure haben in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an eigenen Formaten aufgebaut, mit denen sie die offiziellen politischen Formate flankieren. Beispielsweise rief der BDI im Jahr 2007 den „G8 Business Summit“ (B8, seit der Suspendierung Russlands 2014 B7) ins Leben und begleitet seither, zusammen mit den Wirtschaftsverbänden aus den anderen G7-Staaten, den G7-Prozess. Neben den Foren der Wirtschaft, wie B7, B20 und BIAC, gibt es auch eine Vielzahl weiterer Formate der Zivilgesellschaft, wie zum Beispiel Civil20. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft ist zumeist auf Konsultationen und die Möglichkeit der Eingabe von Positionen beschränkt und geht seltener auch bis hin zu Mitentscheidungsrechten.
Der BDI in der Global Governance
Als Global Player ist der BDI in vielerlei Hinsicht auf der internationalen Bühne aktiv. Im Rahmen der Business 20 vertritt er die Wirtschaft der G20-Staaten gegenüber der G20. Ebenso erarbeitet der BDI zusammen mit den Wirtschaftsverbänden der anderen G7-Staaten im Rahmen der Business 7 konsolidierte Wirtschaftspositionen. Bei der WTO bringt er sich in die Gestaltung der multilateralen Handelspolitik ein. Er engagiert sich ebenso aktiv in dem Business and Industry Advisory Committee to the OECD (Business at OECD), dem Zusammenschluss von OECD-Spitzenverbänden, der die OECD in ihrer Koordinierungsarbeit berät. Zudem ist der BDI in der Global Business Coalition vertreten, welche die Wirtschaftsdialoge von G7 und G20, B7 und B20 respektive, unterstützt.
Die 1919 gegründete Internationale Handelskammer (ICC) ist nach wie vor ein weiteres zentrales Forum der Global Governance. Die ICC hat Beobachterstatus in fast allen relevanten internationalen Organisationen und ist eng in eine Vielzahl von Global-Governance-Prozessen eingebunden, vom Handel bis zur Internet-Governance und der Bekämpfung der Geldwäsche. Sowohl Unternehmen als auch Wirtschaftsverbände (einschließlich BDI) sind Mitglieder der ICC.
Im Rahmen der Arbeit der UNCTAD ist der BDI an der Entwicklung eines modernen völkerrechtlichen Investitionsschutzes beteiligt. Auch in die internationale Klimapolitik ist der BDI eingebunden, etwa im Rahmen der Weltklimakonferenzen. Gemeinsam mit der Politik und in enger Abstimmung mit Partnern in Europa und in der G20 arbeitet der BDI an der ordnungspolitischen Gestaltung der Globalisierung. Ziel ist hierbei, nachhaltigen Wohlstand für die Menschen in Deutschland und in der Welt zu ermöglichen.
Globale Probleme und Herausforderungen können nur im internationalen Kontext gelöst werden. Der BDI, als Stimme der deutschen Industrie, engagiert sich in zahlreichen dieser Gremien und Formate und unterstützt damit die Staats- und Regierungschefs dabei, praxisnahe und zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen.