Herausforderung globaler Wasserstoffmarkt – Länder haben unterschiedliche Ziele
Herkunft des Wasserstoffs steht für Japan und Südkorea nicht an oberster Stelle
Als Folge der Atomkatastrophe in 2011 musste Japan seine Atomkraftwerke herunterfahren und wurde dadurch als ressourcenarmes Land abhängig von Ölimporten – zu einer Zeit von historisch hohen Ölpreisen. Um eine solche Notlage in Zukunft zu verhindern und die Versorgungssicherheit durch ein diversifiziertes Portfolio von Energieimporten zu stärken, verabschiedete Japan die weltweit erste nationale Wasserstoffstrategie im Jahr 2017. Damit gab das Land den Anstoß für die Entwicklung einer globalen Wasserstoffwirtschaft.
Dabei kommen für das Land unterschiedliche Exporteure von Wasserstoff in Frage. Die „Farbe“ des Wasserstoffs steht dabei nicht an oberster Stelle. So gelang beispielsweise 2019 bereits der Transport von „grünem“ Wasserstoff aus Australien und 2020 von „grauem“ Wasserstoff aus Brunei nach Japan. Eine weitere Kooperation von Japan mit Australien strebt den Import von „blauem“ Wasserstoff aus dem Latrobe Valley an. Neben den Lieferbeziehungen für Wasserstoff, setzt das Land für die heimische Produktion bis 2030 auf die Herstellung von Wasserstoff durch die Vergasung von Braunkohle.
Ähnlich sieht es Südkorea: Mit der Verabschiedung der Wasserstoffstrategie im Jahr 2019 will das Land vor allem eine Spitzenposition in der internationalen Wasserstoffmobilität einnehmen und die Abhängigkeit von Ölimporten verringern. Die Farbe des genutzten Wasserstoffs spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
Australien als Exportweltmeister hat viele Möglichkeiten
Australien hat seine nationale Wasserstoffstrategie Ende 2019 verabschiedet und verfolgt damit in erster Linie das Ziel, die heimische Exportindustrie zu stärken. Als größter Kohleexporteur und zweit größter Exporteur von Flüssigerdgas ist es für Australien von Vorteil, dass es Ländern wie Japan nicht zwangsweise auf die Farbe des Wasserstoffs ankommt. Damit hat das Land weiterhin die Möglichkeit, wenn auch langfristig nur mit Carbon Capture and Storage (CCS), seine reichhaltigen fossilen Energieressourcen zu exportieren.
Gleichzeitig verfügt Australien über eine Fülle von erneuerbaren Ressourcen und hat damit ein großes Potenzial und Interesse an der Herstellung von „grünem“ Wasserstoff. Ob und inwiefern Australien diesen „grünen“ Wasserstoff auch exportieren wird, ist ungewiss. Das Land könnte sich beispielsweise dazu entscheiden, das derzeit exportierte Eisenerz gleich vor Ort mithilfe dieses Wasserstoffs zu reduzieren und damit eine neue Wertschöpfungskette für „grünen“ Stahl aufzubauen.
Deutschland und die EU sehen nur grünen Wasserstoff langfristig als nachhaltig
Sowohl Deutschland als auch die EU haben ihre Wasserstoffstrategien 2020 verabschiedet. Die Hauptmotivation beider Strategien ist die Erreichung der Klimaneutralität in Jahre 2050 ohne den Verlust von industriellen Wertschöpfungsketten. Langfristig wird dafür nur „grüner“ bzw. „erneuerbarer“ Wasserstoff als nachhaltig betrachtet. Dennoch räumen beide Strategien „blauem“ Wasserstoff zumindest übergangsweise eine wichtige Rolle für den Markthochlauf ein. Deutschland hält als einziges europäisches Land auch explizit den Einsatz von „türkisen“ Wasserstoff für möglich.
Für das Erreichen der Klimaziele spielt nicht nur für Deutschland aufgrund eines begrenzten Heimatmarkts der Import von Wasserstoff eine große Rolle. Die gesamte EU ist auf einen liquiden europäischen Binnenmarkt sowie den Handel mit Drittländern angewiesen. Doch wie kann ein globaler Wasserstoffmarkt entstehen, wenn Länder unterschiedliche Ziele und damit Präferenzen bei der Farbe des Wasserstoffs haben?
Transparenz auf dem globalen Wasserstoffmarkt schaffen
Damit trotz unterschiedlicher nationaler Ansätze die Entwicklung eines zukünftigen globalen Wasserstoffmarkts möglich ist, muss Transparenz geschaffen werden. Dabei darf die Diskussion um die „Farbenlehre“ von Wasserstoff eine solche Entwicklung nicht von vorne rein beschränken. Das Entscheidende ist nicht, welche Farbe Wasserstoff hat, sondern dass seine saubere Eigenschaft nachvollziehbar ist. Die kann international nur gelingen, wenn zukünftige Zertifizierungssysteme auf dem CO2-Fußabdruck des Wasserstoffs beruhen. Damit könnten die Länder selbst entscheiden, ab welchem Grenzwert sie Wasserstoff exportieren oder importieren wollen. Damit wäre auch die Möglichkeit gegeben, die Grenzwerte entsprechend der nationalen Klimaziele sukzessiv anzupassen. Zudem könnten Produkte, die mithilfe von Wasserstoff produziert worden sind (z.B. „grüner“ Stahl), durch CO2-basierte Zertifizierungssysteme für Wasserstoff ihre „grüne“ Eigenschaft ausweisen – wodurch sie einen Mehrwert auf dem Markt hätten.
Vor der Verabschiedung des neuen Gaspakets der EU im Jahr 2021 sollte die EU-Kommission die Chance nutzen, sich auf ein einheitlichen europäisches Zertifizierungssystem zu einigen. So kann sie sich so auch als starken Dialogpartner für internationale Beziehungen etablieren.