Klimakongress: Wertschöpfung, Betriebe und Arbeitsplätze weiter Teile der Industrie in Deutschland sind in Gefahr
„Wertschöpfung, Betriebe und Arbeitsplätze weiter Teile der energieintensiven Industrie an ihren Standorten in Deutschland sind konkret in Gefahr. Industrielle Produktion wird zunehmend eingeschränkt und verlagert. Das Licht an deutschen Standorten wird in immer mehr Fällen ausgeschaltet“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm auf dem zweitägigen Klimakongress des BDI am Montag und Dienstag in Berlin.
„An der Notwendigkeit, den Kampf gegen den Klimawandel energisch zu führen, gibt es nichts zu relativieren. Die Ziele, die wir uns für die Dekarbonisierung gesetzt haben, will die deutsche Industrie lieber schneller als langsamer erreichen“, unterstrich der Industriepräsident. „Aber eines wollen wir nicht: Untergehen, weil uns die Konkurrenzfähigkeit abhandenkommt und jede verlässliche Planungsgrundlage fehlt.“
Ein Grund für den Überlebenskampf zahlreicher Industriebetriebe seien die im europäischen Vergleich viel zu hohen Energiepreise. Russwurm: „Eine Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß und eine Senkung der Netzentgelte wären für alle Verbraucher eine große Entlastung. Mit dem Strompreisniveau in Deutschland sind viele deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht konkurrenzfähig. Diese Unternehmen brauchen jetzt eine Akuthilfe – sonst verschwinden sie vom Standort.“ Er forderte die Politik auf, sich endlich auf ein Konzept zu einigen, das energieintensive, im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen größenunabhängig berücksichtigt.
Der BDI-Präsident forderte die Politik auf, praxisgerechte Antworten auf die großen Ambitionen zu geben: „Wir brauchen größere Kraftwerkskapazitäten, Ausbau der Infrastruktur und massive Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Seit vielen Jahren passiert alles im Schneckentempo. Es braucht jetzt einen Ruck, systematische Zusammenarbeit vom Bund bis zur Kommune.“
Russwurm drängte auf eine beschleunigte Umsetzung von Maßnahmen und eine klare Priorisierung seitens der Bundesregierung. Der Strombedarf werde sich in den kommenden Jahren stark erhöhen, und auch die Versorgung mit Wasserstoff sei dringend notwendig für die grüne Transformation der Industrie: „Wenn wir nicht endlich vorankommen mit dem Ausbau von Netzen, wasserstofffähigen Gaskraftwerken und Windrädern, dann stehen wir vor einem Desaster: Wir betreiben alles mit Strom und neuer Infrastruktur, aber importieren dafür Kohle und weitere fossile Energieträger. Das Klima wäre der große Verlierer.“
Deutschland könne beim Klimaschutz international die Technologieführung übernehmen und dadurch weit über die Dekarbonisierung im Inland hinaus zur Erreichung der globalen Klimaziele beitragen. „Wenn es uns nicht gelingt, Klimaschutz, Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung miteinander in Einklang zu bringen, drohen uns riskante gesellschaftliche Diskussionen und eine drastische Schwächung unserer Rolle in einer sich rasch verändernden Welt.“
Der sechste Klimakongress des BDI findet als Hybridveranstaltung statt. Vor Ort im AXICA Kongress- und Tagungszentrum in Berlin tauschen sich mehr als 400 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft über Herausforderungen für den Standort Deutschland im Spannungsfeld des internationalen Wettbewerbs und der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft aus.
Zu den Teilnehmenden zählen unter anderem BDI-Präsident Siegfried Russwurm, Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr sowie Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Weitere Redebeiträge übernehmen unter anderem die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Barbie Kornelia Haller, die Vorsitzende Deutscher Gewerkschaftsbund, Yasmin Fahimi, VDA-Präsidentin Hildegard Müller, Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und Vinod Philip, Mitglied der Geschäftsführung von Siemens Energy.