Kundenanlagen: Auswirkungen der Entscheidungen von EuGH und BGH? – Bürokratieflut ohne Nutzen verhindern
Sind BNetzA und Gesetzgeber gefragt?
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) sollte, sofern erforderlich, in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) dafür Sorge tragen, dass der Anschluss von Unternehmen, die die bestehenden Anschlussvoraussetzungen nach geltender Rechtslage erfüllen, an die Verteilernetzebene weiterhin als Kundenanlage gesichert bleibt. Dies sollte so lange erfolgen, bis eine nationale und/oder europäische Regelung geschaffen wird. Ziel sollte neben den o. g. flankierenden und möglichen vorübergehenden Maßnahmen die Anpassung der bestehenden einschlägigen Regelungen der EU-Binnenmarktrichtlinie sein.
Die Gerichtsentscheidungen
In seinem Urteil vom 28. November 2024 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Elektrizitätsversorgungsanlagen von zwei Wohnblöcken mit einer Vielzahl von Wohnungen – in denen die Mieter ihre elektrische Energie aus zwei vor allem der Wärmeversorgung dienenden Blockheizkraftwerken geliefert bekommen – keine Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nummer 24a EnWG darstellen. Die EU-Binnenmarktrichtlinie Elektrizität (Richtlinie (EU) 2019/944) stehe der deutschen Regelung zu Kundenanlagen im vom Gericht zu entscheidenden Fall entgegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte dem EuGH die Rechtssache zur Entscheidung vorgelegt.
Das Urteil des EuGH hat der BGH in seinem Beschluss vom 13. Mai 2025 wie folgt aufgenommen und bestätigt: „Nur eine Energieanlage, die kein Verteilernetz ist, kann bei einer richtlinienkonformen Auslegung eine Kundenanlage sein“. Bei der Beantwortung der Frage, was ein Verteilnetz ist, orientiert sich der BGH eng an der EU-Binnenmarktrichtlinie Elektrizität: „Auf dieser Grundlage ist ein Verteilnetz ein Netz, das der Weiterleitung von Elektrizität mit Hoch-, Mittel- oder Niederspannung dient, die zum Verkauf an Großhändler und Endkunden bestimmt ist“.
Tatsache ist, das o. g. Entscheidungen des EuGH sowie des BGH jeweils nur inter partes und damit lediglich zwischen dem/der Kläger/in und dem/der Beklagten Bindungswirkung entfalten. Folglich ist der Fall nicht 1:1 auf andere Sachverhalte übertragbar.
Unabhängig davon könnten die beiden Gerichtsentscheidungen die seit 2011 im EnWG bestehende Regelung zu Kundenanlagen jedoch grundsätzlich in Frage stellen und damit der deutschen Volkswirtschaft insgesamt ernsthaft schaden. Denn bislang sind Energieanlagen von der Energieregulierung weitgehend ausgenommen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden, die in § 3 Nummer 24a und 24b EnWG beschrieben werden.
Dringender Verbändeappell
Die zu befürchtenden Auswirkungen beschränken sich dabei nicht nur auf die Industrie, sondern erstrecken sich u. a. auch auf den Handel und die Wohnungswirtschaft. Mittelbar könnten auch nachteilige gesamtgesellschaftliche Kosten entstehen, die derzeit noch nicht bezifferbar und damit nicht absehbar sind.
Aus o. g. Gründen haben wir als BDI zusammen mit zahlreichen weiteren betroffenen Branchen Ende August 2025 u. a. einen Verbändeappel an die beteiligten Entscheidungsträger gerichtet. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist es essenziell, dass bestimmte nicht markterhebliche Infrastrukturen so wie bisher nicht reguliert sind.
Der BDI, seine Mitgliedsverbände sowie deren Unternehmen haben gegenüber den Entscheidungsträgern nochmals ausdrücklich weitere Unterstützung angeboten, um eine rechtssichere und dauerhafte Lösung zu finden.