© Fotolia

Netzentgelte: Immer mehr Erneuerbare Energien in den Verteilernetzen

Die Herausforderung ist bekannt. Das Problem aber bisher noch nicht gelöst. In einigen Regionen Deutschlands werden mehr Erneuerbare Energien eingespeist. Die Kosten sind bei Netzbetreibern und Verbrauchern in Deutschland derzeit ungleich verteilt. Dies will die Bundesnetzagentur ab Anfang 2025 ändern.

Die Bundesnetzagentur hat den Entwurf einer Festlegung zur Verteilung der Mehrkosten veröffentlicht, die in Verteilernetzen mit besonders viel erneuerbarer Stromerzeugung entstehen. Diese zweite Konsultation ist die Vorbereitung für die endgültige Entscheidung im Spätsommer 2024. Dem Vernehmen nach beabsichtigt die Bundesnetzagentur im dritten Quartal 2024 die Festlegung zu erlassen. Die Entlastung soll Anfang 2025 in Kraft treten. Die Bundesnetzagentur beabsichtigt weiterhin, Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung zu entlasten und alle Stromverbraucher fairer an den Kosten zu beteiligen. Sie weist darauf hin, dass die Energiewende eine Gemeinschaftsaufgabe ist und Investitionen in die Netze allen zugutekommen sollen. Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechts im Dezember 2023 hat die Bundesnetzagentur die Kompetenz erhalten, entsprechende Entscheidungen zu den Netzkosten zu treffen.

Gestuftes Modell

Die Bundesnetzagentur sieht weiterhin ein gestuftes Modell vor. Der erste Schritt ist die Ermittlung, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung aus dem Ausbau der Erneuerbaren betroffen ist. Hierzu legt die Bundesnetzagentur eine Kennzahl fest. Diese setzt die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung ins Verhältnis zur Verbrauchslast im Netzgebiet. Neu gegenüber den ersten Eckpunkten ist, dass nunmehr auch die Rückspeisung aus nachgelagerten Netzen dritter Netzbetreiber in die Ermittlung der Kennzahl einbezogen wird. Das erhöht die individuellen Kennzahlen. Wenn diese Kennzahl eines Netzbetreibers den festzulegenden Schwellenwert von zwei überschreitet, kann die in einem zweiten Schritt ermittelte Mehrbelastung bundesweit verteilt werden. Dabei hat die Bundesnetzagentur jetzt einen Korrekturfaktor von zehn Prozent eingezogen, um eventuell verbleibende andere Faktoren zu erfassen. Es könnten laut Bundesnetzagentur 90 Prozent der ermittelten Mehrkosten weitergegeben werden. In den betroffenen Regionen würden die Netzentgelte sinken.

Es wären derzeit 26 Netzbetreiber in Zuständigkeit der Bundesnetzagentur berechtigt, ihre Mehrkosten zu wälzen. Bei den betroffenen Netzbetreibern würden die Netzentgelte um bis zu 39 Prozent sinken. Sie lägen damit meist unter und nur zum Teil noch leicht über dem Bundesdurchschnitt. Ein durchschnittlicher Haushalt (mit einem Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunde pro Jahr) in den begünstigten Netzgebieten spart dadurch nach Einschätzung der Bundesnetzagentur bis zu 200 Euro im Jahr. Die entlasteten Netzbetreiber erhalten in einem dritten Schritt einen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung. Die Kosten hierfür können über alle Stromverbraucher bundesweit gleichmäßig verteilt werden. Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, den Mechanismus nach § 19 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) zu nutzen. Dieser bewirkt schon heute einen Ausgleich bestimmter Netzkosten zwischen allen Netznutzern. Die „§ 19-Umlage“ ist Bestandteil des Strompreises. Sie dient derzeit dazu, entgangene Erlöse eines Netzbetreibers auszugleichen, die entstehen, weil bestimmte Verbraucher ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen laut Bundesnetzagentur  überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber. Der Aufschlag auf das Netzentgelt wäre in 2024 um 0,605 Cent pro Kilowattstunde höher ausgefallen. Dies bedeutet für einen durchschnittlichen Haushalt (3.500 kWh/a) zusätzliche Kosten von etwa 21 Euro pro Jahr. Zahlen für 2025 kann die Bundesnetzagentur derzeit noch nicht nennen. Großverbraucher sollen laut Bundesnetzagentur auch weiterhin eine Reduzierung der Umlage nach § 19 StromNEV bekommen, die unverändert erhalten bleiben soll. Nach derzeitiger aktueller Einschätzung der Bundesnetzagentur beträgt die Mehrbelastung für Großverbraucher durch den Mechanismus nach § 19 Abs. 2 StromNEV maximal etwa 6.050 Euro im Jahr.

Konsultation der Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur führt derzeit eine öffentliche Konsultation zum vorliegenden Festlegungsentwurf durch und nimmt Stellungnahmen bis Mitte Juni 2024 entgegen. Der BDI wird sich an der Konsultation unter Einbeziehung seiner Mitgliedsverbände beteiligen. Der Festlegungsentwurf ist nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen zum Eckpunktepapier von der Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur veröffentlicht unter Festlegungsentwurf_EE-Kostenwälzung (pdf / 2 MB)

Erstbewertung aus Sicht des BDI

Aus Sicht des BDI ist es wichtig, dass Großverbraucher auch weiterhin eine Reduzierung der Umlage nach § 19 StromNEV bekommen und diese Reduzierung der Umlage auch in gleicher Höhe unverändert erhalten bleibt. Beides hat die Bundesnetzagentur in ihrer Pressmitteilung zur Ankündigung der Konsultation zum oben genannten Festlegungsentwurf schriftlich zugesichert. Dies setzt allerdings denklogisch voraus, dass auch die Regelung der StromNEV – als solches und mit diesem Inhalt – erhalten bleiben muss. Laut Ankündigung der Bundesnetzagentur an anderer Stelle – zur Reform der Netzentgelte – weist die Bundesnetzagentur (hingegen) ebenfalls öffentlich darauf hin, dass die StromNEV Ende 2028 wie gesetzlich in der letzten Novelle des Energiewirtschaftsgesetztes (Art. 15 EnWG) vorgesehen, auslaufen wird. Auch auf o. g. wichtiges Petitum der Industrie, die Beibehaltung einer Regelung mit einer zumindest dem § 19 StromNEV gleichwertigen Inhalt nach dem per Gesetz (Novelle des EnWG von Ende 2023) vorgesehen Auslaufen der StromNEV zum Ende 2028, werden wir die Bundesnetzagentur im Rahmen der oben genannten Konsultation sowie auch im Rahmen der anstehenden weiteren Diskussion zur Reform der Netzentgelte freundlich aufmerksam machen und dies auch entsprechend einfordern.