Wolfgang Boos © projektelf

„Nur Innovationen und Kollaboration führen zur langfristigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“

Made in Germany braucht Kollaboration zwischen Wissenschaft und Industrie. Darüber hinaus braucht es Normen und Standards, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu erhalten. Wolfgang Boos, Geschäftsführender Oberingenieur des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen University forscht auf dem Gebiet der Produktionstechnik mit Fokus auf Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung und ist davon überzeugt, dass sich industrienahe Forschung auszahlt.

Herr Boos, das WZL der RWTH Aachen University fördert die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie mit richtungsweisender Grundlagenforschung. Ist die deutsche Industrie bzw. die deutsche Forschung weiterhin gut aufgestellt, die Marke „Made in Germany“ auch zukünftig global kraftvoll verteidigen zu können?

Es gibt in Deutschland viele Unternehmen und auch viele Hidden Champions, welche "Made in Germany" im internationalen Wettbewerb vertreten. Es ist vor allem wichtig, dass Unternehmen und Universitäten weiter ihre Zusammenarbeit stärken. Hierdurch können Institute relevante Forschung betreiben, welche im direkten Transfer den Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil garantiert. Diese spannenden Projekte ziehen wiederum vielversprechende Talente an, welche wir zur Steigerung der Innovationskraft benötigen.

Kann eine strategische Betrachtung zukünftiger Technologiefelder die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie steigern?

Die strategische Betrachtung möglicher zukünftiger Technologiefelder ist nicht nur eine notwendige, sondern auch eine hinreichende Bedingung für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Nur hierdurch kann eine logische Ausrichtung von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten erfolgen, denn Innovationen führen zur langfristigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.

Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhalten, engagieren sich deutsche Unternehmen in der Normung und Standardisierung. Welche Bedeutung werden Normen und Standards in der grünen und digitalen Transformation einnehmen?

Normen und Standards haben durchaus eine wichtige Bedeutung für die Nachhaltigkeitswende und auch für die digitale Transformation. Vor allem auch in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft wird die Verfolgbarkeit, im Sinne einer digitalen Produktakte, und die Austauschbarkeit von Teilen wichtig werden. In Bezug auf die digitale Transformation gilt es, Unternehmen dazu zu befähigen, die Beute aus den Daten zu heben. Hierfür wären Standards selbstverständlich ein guter Ansatz, um beispielsweise die Vergleichbarkeit von Daten zu ermöglichen. Alternativ müssen hier durch das Management von Schnittstellen heterogene Datensätze, zum Beispiel von Maschinen unterschiedlicher Hersteller, zu Smart Data veredelt und somit auswertbar gemacht werden.

Was wird das Gütesiegel „Made in Germany“ zukünftig auszeichnen?

Ich bin davon überzeugt, dass die Kollaboration zwischen Unternehmen und auch zwischen Unternehmen und Universitäten zu systemischen Innovationen führen. Die Zusammenarbeit ermöglicht jungen wissenschaftlichen Mitarbeitenden einen direkten Zugang zu spannenden Themen. Gleichermaßen haben Unternehmen die Möglichkeit, früh Talente zu fördern und an das eigene Unternehmen heranzuführen. So kann verhindert werden, dass die wichtigen jungen Talente abwandern. Genau diesen Netzwerkansatz verfolgen wir auf dem RWTH Aachen Campus, indem wir Industrie und Wissenschaft zusammenbringen und gemeinsam an Projekten der Zukunft arbeiten. Hierbei beobachten wir auch, dass viele Hidden Champions und spannende Mittelständler Teil unserer Community werden, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu steigern.