Sicherheit und Verteidigung müssen zentrale Themen in Europa sein
Angesichts dieser Entwicklungen hat die Diskussion über eine schlagkräftigere Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) in den vergangenen Monaten an Fahrt und Substanz aufgenommen. Initialzündung dafür war die Rede zur Lage der Union von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im September 2016, in der er eine Europäische Verteidigungsunion und die Bündelung der Verteidigungsfähigkeiten der EU-Mitgliedstaaten forderte. Als Grundlage für eine starke europäische Verteidigung sieht Juncker eine innovative europäische Rüstungsindustrie. Zur Stärkung dieser wurde, als Teil des Europäischen Verteidigungs-Aktionsplans, der Europäische Verteidigungsfonds vorgestellt, der Forschung und Innovation einen Schub verleihen soll. Diese Ankündigungen wurden von den Staats- und Regierungschefs auf den Gipfeln im Dezember 2016 und Juni 2017 bekräftigt.
Meilensteine Reflexionspapier und Verteidigungsfonds
Das Reflexionspapier über die Zukunft der europäischen Verteidigung und der Europäische Verteidigungsfonds vom Juni 2017 stellen Meilensteine für die Fortentwicklung der GSVP dar. Das Reflexionspapier beschreibt die wichtigsten Trends und Herausforderungen, die für die Zukunft der Sicherheit und Verteidigung Europas maßgeblich sind. Das Reflexionspapier ergänzt damit die Umsetzung der Globalen Strategie der EU im Sicherheits- und Verteidigungsbereich und des Europäischen Verteidigungs-Aktionsplans. Darauf aufbauend sollen nun konkrete Zielsetzungen vereinbart werden, die die Union künftig im Sicherheits- und Verteidigungsbereich verfolgen soll. Ein „Mehr“ an Kooperation soll langfristig zu einem effizienteren gemeinsamen Handeln führen. Die Union kann in diesem Zusammenhang den Rahmen und Anreize für die Mitgliedstaaten bieten, ihre Verteidigungsfähigkeiten auszubauen, zu verbessern und aufrechtzuerhalten.
Verteidigungsfonds als Wegbereiter für mehr Kooperation
Flankiert wird das Reflexionspapier durch den Europäischen Verteidigungs-Aktionsplan mit dem Europäischen Verteidigungsfonds. Er soll die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die Zusammenarbeit zur Regel zu machen und wichtige Fähigkeiten für die strategische Verteidigung gemeinsam zu erwerben. Der Europäische Verteidigungsfonds soll dabei zu einem Schlüsselfaktor für die Zukunft der europäischen Verteidigung werden. Er besteht aus zwei getrennten, aber sich ergänzenden Fenstern: dem „Forschungsfenster“ und dem „Fähigkeitenfenster“.
Mit dem Forschungsfenster wird bereits begonnen, kooperative Forschungsvorhaben für innovative Verteidigungsprodukte und -technologien auf EU-Ebene zu fördern. Die ersten Schritte wurden mit dem Start einer „vorbereitenden Maßnahme“ mit einer Dotierung in Höhe von insgesamt 90 Millionen Euro über drei Jahre bereits getan. Das Fenster soll über ein eigenes EU-Programm im Rahmen des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens vollständig aus EU-Mitteln finanziert werden. Hierfür werden Mittel in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Das „Fähigkeitenfenster“, für das mittelfristig ein Referenzbetrag von jährlich fünf Milliarden Euro angestrebt wird, soll die gemeinsame Entwicklung und die gemeinsame Beschaffung wichtiger Verteidigungsfähigkeiten unterstützen. Dabei sollen die von den Mitgliedstaaten innerhalb der EU vereinbarten Prioritäten für die Verteidigungsfähigkeit berücksichtigt werden. Die Beiträge zum Fähigkeitenfenster werden aus den Budgets der Mitgliedstaaten stammen.
Unterstützung von Bundesregierung und Industrie
Die Stärkung der europäischen Verteidigung war auch wichtiger Tagesordnungspunkt des deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrates Mitte Juli 2017. Deutschland und Frankreich bekennen sich zur Förderung einer „wahrhaft europäischen Außen- und Sicherheitspolitik“ sowie dazu, dass die EU auch im Bereich der Sicherheit und Verteidigung ein echter globaler Akteur wird. Der Europäische Verteidigungsfonds wird dabei als wichtige Säule für die Integration des europäischen Verteidigungssektors angesehen. Die Industrie begrüßt und unterstützt die angekündigten Maßnahmen. Zum Gelingen des Vorhabens wird die enge Einbindung und ein regelmäßiger Austausch mit der Industrie als grundlegend angesehen.