Sorgfaltspflichtengesetz: Kernprobleme des Regierungsentwurfs beheben
Die Achtung von Menschenrechten in globalen Lieferketten ist für die deutsche Wirtschaft selbstverständlich. Deutsche Unternehmen tragen mit ihrem Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländern zu höheren Sozial- und Umweltstandards, besserer Bildung und damit zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. Sie sind deshalb als Arbeitgeber, Auftraggeber, Kunden und Investoren weltweit geschätzt.
Was die Bundesregierung mit dem Regierungsentwurf (Reg-E) zum Sorgfaltspflichtengesetz (SorgfaltspflichtenG) im März 2021 im Bundeskabinett verabschiedet hat, geht weit über den im Koalitionsvertrag vereinbarten Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) und die zugrunde liegenden VN-Leitprinzipien sowie die von den Bundesministern Heil, Müller und Altmaier im Februar 2021 offiziell vorgestellten Eckpunkte eines solchen Gesetzes hinaus.
Der Reg-E droht seinen Regelungszweck, die Verbesserung der Menschenrechtslage im Ausland, zu verfehlen. Unternehmen, die die Risiken dieses Gesetzes nicht tragen können, müssten sich zurückziehen; in diese Lücke würden an kritischen Standorten im Zweifelsfall ausländische Wettbewerber mit niedrigeren Standards einspringen. Damit könnte das Gesetz im Ergebnis sogar eine Verschlechterung des Menschenrechtsschutzes vor Ort bewirken. Wenn deutsche Unternehmen im internationalen (System-)Wettbewerb durch nationale Vorgaben einseitig geschwächt würden, wären zudem auch Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet.
Im Vorfeld des Ende April 2021 startenden Gesetzgebungsverfahrens haben der BDI und 27 weitere Verbände deshalb einen gemeinsamen Brief an alle Bundestagsabgeordneten geschrieben. Insbesondere mit Blick auf fünf Kernprobleme muss der Gesetzgeber nachbessern: Erstens gilt es, die Sorgfaltspflichten unter Wahrung verfassungsrechtlicher Bestimmtheitsanforderungen rechtsklar und praktikabel auszugestalten. Zweitens dürfen Unternehmen unterhalb der Schwellenwerte nicht verpflichtet werden. Drittens darf es zu keiner Diskriminierung inländischer gegenüber ausländischer Unternehmen auf dem deutschen Markt kommen. Viertens darf es zu keiner zivilrechtlichen Haftung durch die Hintertür und Umgehung rechtsstaatlicher Anforderungen im Zivilprozess kommen. Fünftens darf der Gesetzgeber Unternehmen nicht verpflichten, sich selbst und ihre Zulieferer zu belasten.
Es ist nicht akzeptabel, dass bei einem für die Wirtschaft so einschneidenden und unzulänglich durchdachten Gesetzentwurf keine Zeit verwendet wurde und wird, die Belange der Wirtschaft gebührend anzuhören und zu berücksichtigen. Die Gelegenheit zur Stellungnahme betrug weniger als sieben Stunden. Der BDI und seine Mitstreiter appellieren deshalb dringend an alle Abgeordneten, den Regierungsentwurf entlang der genannten fünf Punkte grundsätzlich zu überarbeiten oder andernfalls abzulehnen.