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Was ist uns unsere Sicherheit wert?
Die deutsche Industrie ist wie kaum eine andere in weltweite Wertschöpfungs- und Lieferketten integriert. Ideen und Forschungen zu Produkten Made in Germany werden oft über Ländergrenzen hinweg in multinationalen Teams entwickelt. Auch die Produktion deutscher Unternehmen, ob Impfstoffe, Autos, Satelliten oder Konsumgüter, ist verstreut auf global verteilte Standorte. Gleiches gilt für Rohstoffe, Materialien und Vorprodukte, die durch Anbieter unterschiedlicher Länder zugeliefert werden. Nicht zuletzt ist Deutschland als drittgrößte Exportnation nach China und den USA in besonderem Maße von globalen Entwicklungen abhängig. Der Erhalt der liberalen Weltordnung, die Wahrung von Stabilität und Sicherheit ist damit eine zentrale Existenzfrage für die deutsche Industrie.
Sicherheitspolitische Dynamiken und geopolitische Risiken
Der russische Überfall auf die Ukraine, der amerikanische Präsident Trump, der die Beistandspflicht als Grundfeste der NATO wiederholt in Frage stellt und deutlich mehr Engagement der Europäer bei der Verteidigungsfähigkeit einfordert, Krieg im Nahen Osten, zunehmende Einflussnahme autokratischer Staaten, dazu humanitäre Katastrophen und Klimawandel zeigen: Die Sicherheitsordnung in Europa ist bedroht, Frieden, Freiheit und eine regelbasierte Ordnung sind keine Selbstverständlichkeit mehr. Das betrifft längst auch die Wirtschaft direkt: Angriffe im realen und im Cyberraum auf unsere Unternehmen und kritischen Infrastrukturen nehmen zu, soziale Spannungen werden gezielt geschürt und bedrohen nicht nur die Sicherheit von Staaten, sondern auch von Menschen und Unternehmen.
Stärkung von Verteidigungsfähigkeit und Resilienz als Schlüssel für eine sichere Zukunft
Ohne Sicherheit sind aber weder Staat noch Gesellschaft voll funktionsfähig. Auch gibt es ohne Frieden und Sicherheit keine nachhaltige Gewährleistung unserer Lebensgrundlagen. Sicherheit bildet die Basis für unsere Werte, unseren wirtschaftlichen Erfolg und unsere Wettbewerbsfähigkeit. Den akuten Krisen und langfristigen Herausforderungen unserer Zeit begegnet man am besten gemeinsam. Deutschland und Europa müssen ihre Resilienz und Souveränität gezielt stärken, um in Zeiten geopolitischer Unsicherheit und wirtschaftlicher Veränderungen handlungsfähig zu bleiben. Dafür müssen Deutschland – im europäischen Verbund – vorangehen und Investitionen in Verteidigungsfähigkeit priorisieren. Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie braucht eine langfristige Planungsbasis. Technologische Fähigkeiten bilden die notwendige Grundlage, um Abhängigkeiten zu reduzieren.
Auf europäischer Ebene ist effizientere Kooperation erforderlich. Die EU muss ihre Mitgliedstaaten mit Anreizen, Leitlinien und Standards bei der Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeit unterstützen.
Sicherheit als wertvolles Gut schätzen lernen
Sicherheit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie beginnt in den Köpfen. Auch die zivilgesellschaftliche Resilienz unserer Gesellschaft sollte durch entsprechende Mittel und Maßnahmen im Sinne einer funktionierenden Gesamtverteidigung weiter gestärkt werden. Ein Mentalitätswandel ist nötig, um gesellschaftliches Vertrauen zu stärken und unsere Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Um den sicherheitspolitischen Herausforderungen strukturell und nachhaltig zu begegnen, muss die nächste Bundesregierung dafür sorgen, dass Staat, Wirtschaft und Gesellschaft enger zusammenarbeiten. Nur so können aus abstrakten Konzepten konkrete Maßnahmen werden.
Dafür gilt es zum einen, Entwicklungen und Innovationen langfristig zu fördern, gerade in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Nur durch sie können die deutschen Sicherheitsorgane hochwertig ausgestattet, Kooperationsprojekte mit unseren Partnern umgesetzt, Bündnisverpflichtungen eingehalten werden. Dies geht nicht ohne langfristig verlässliche Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen. Dazu gehört zwingend der Zugang zu ausreichender Finanzierung, dem Kapitalmarkt und zu Versicherungen . Unsere Sicherheit und die Sicherheit unserer Freunde sollten uns diese Investitionen wert sein. Zu anderen muss die Stärkung der Cyberresilienz und des Wirtschaftsschutzes mit ausreichenden finanziellen sowie personellen Ressourcen unterlegt werden.
Deutschlands Beitrag für mehr Sicherheit
Deutschland muss mehr leisten, nicht nur bei der eigenen Verteidigungsfähigkeit. Auch bei der Unterstützung unserer unserer Partner in Europa und der NATO sollte Deutschland gezielt Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Hier können Zukunftstechnologien Made in Germany eine bedeutende Rolle einnehmen. Dies gilt sowohl für den zivilen Bereich, zum Beispiel der Elektronik, der künstlichen Intelligenz, der Informations- und Kommunikationstechnologien, als auch für den militärischen Sektor. Schlüsseltechnologien u.a. der KI, Robotik, Kryptotechnik, Sensorik und Aufklärung können einen starken Mehrwert im Rahmen unserer Bündnisse entfalten. Gleiches gilt für die Zukunftstechnologie Raumfahrt, in der Deutschland hervorragend aufgestellt ist. Angesichts der strategischen Bedeutung der Dimension Weltraum für die außen- und sicherheitspolitische Urteils- und Handlungsfähigkeit. gilt es insbesondere „Responsive Space“ – die Fähigkeit, auf Ausfälle oder Angriffe von Systemen unmittelbar reagieren zu können –in den Fokus zu nehmen. Europa muss seine Unabhängigkeit im Zugang zum Weltraum vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen stärken. Deutsches Know-how und Fähigkeiten können und sollten vielseitig eingebracht werden, um Europa und damit uns selbst und unsere engsten Partner zu stärken.
Sicherheitspolitischer Austausch auf der Münchener Sicherheitskonferenz
Plattformen des Dialogs und des Austausches wie die Münchner Sicherheitskonferenz sind unerlässlich. Sie helfen, Vertrauen aufzubauen und erleichtern die gemeinsame Suche nach Lösungen für globale Risiken. Sicherheit ist die Basis für das Zusammenleben von Menschen einer Gesellschaft, für eine florierende Wirtschaft, für Handel und Kultur. Die Münchner Sicherheitskonferenz ist ein seit Jahrzehnten international anerkanntes Forum des sicherheitspolitischen Austausches. Zahlreiche hochrangige Entscheidungsträger und -trägerinnen sowie prominente Meinungsführer aus der ganzen Welt sind vor Ort – darunter Staatsoberhäupter, Minister, führende Vertreter von internationalen Organisationen, NGOs sowie aus Wirtschaft, Medien, Forschung und Zivilgesellschaft.