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Die Wiedereinführung der Vermögensteuer ist ein Irrweg

Einige politische Parteien befürworten die Wiedereinführung der Vermögensteuer oder die Einführung einer Vermögensabgabe. Eine solche zusätzliche Steuerbelastung würde nicht nur vermögende Privatpersonen treffen, sondern vor allem Unternehmen. Deren Vermögen steckt unter anderem in Industrieanlagen, Fabriken, Fuhrparks, Patenten und Grundstücken. Dieses Betriebsvermögen dient dem Gemeinwohl. Es sichert Arbeits- und Ausbildungsplätze und damit den Wohlstand unseres Landes.

Eine Vermögensteuer greift das Betriebsvermögen an und kann es im schlimmsten Fall sogar aufzehren. Dies hätte weitreichende wirtschaftliche und soziale Folgen:

  • Die Wiedereinführung würde Unternehmen aller Größen und Branchen massiv belasten. Jeder Euro, der für eine Vermögensteuer gezahlt werden muss, schmälert die Finanzkraft der Betriebe. Dies verschärft die derzeitige wirtschaftliche Krise, gefährdet das Überleben der Unternehmen und verhindert die notwendige Stärkung nach der Krise.
  • Betroffen von der Vermögensteuer wären vor allem auch die familien- und eigentümergeführten Unternehmen des Mittelstands. Ihr Vermögen ist in der Regel langfristig in das Unternehmen investiert und sichert so dessen Fortbestand – oftmals über Generationen hinweg. Dieses Vermögen steht somit für die Zahlung der Vermögensteuer nicht zur Verfügung.
  • Schon jetzt ist Deutschland im internationalen Vergleich ein Hochsteuerland für Unternehmen. Eine zusätzliche Belastung in Form einer Vermögensteuer würde die Wettbewerbsfähigkeit des hiesigen Standorts erheblich einschränken. Investitionsentscheidungen würden zukünftig gegen Deutschland getroffen und damit Arbeits- sowie Ausbildungsplätze gefährdet.

Verfassungswidrige Übermaßbesteuerung und zusätzliche Bürokratie

Eine Vermögensteuer kann im Zusammenwirken mit der Ertragsbesteuerung zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führen, welche sogar die Substanz der Unternehmen bedroht. Auch die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine einmalige Vermögensabgabe sind – trotz der pandemiebedingten Schulden – angesichts der gegenwärtigen Finanzlage des Staates nicht gegeben. 

Außerdem ist eine bürokratiearme Erhebung der Vermögensteuer unmöglich. Die Komplexität für Finanzverwaltung und Steuerpflichtige erwächst vor allem aus der regelmäßigen, stichtagsbezogenen Erfassung und Bewertung aller Vermögensgegenstände. Aufwendig ist vor allem die Bewertung von Sachvermögenswerten wie Immobilien- und Unternehmensvermögen. Diese kann zu nicht realitätsgerechten und damit streitanfälligen Ergebnissen führen.

Vermögensteuer ist international ein Auslaufmodell

Auch im internationalen Vergleich ist die Vermögensteuer kein Erfolgsrezept: Die Mehrzahl der EU- und OECD-Staaten hat eine solche Steuer nie erhoben oder wieder abgeschafft. In nur fünf europäischen Staaten (Frankreich, Luxemburg, Norwegen, Schweiz, Spanien) wird derzeit eine Vermögensteuer erhoben. Statt Steuererhöhungen gehören jetzt mutige Strukturreformen auf die Tagesordnung, insbesondere die überfällige Modernisierung der Unternehmensteuern, um Investitionen und Wachstum nach der Krise zu stärken.

Aktuelle Vorschläge für eine Vermögensteuer / Vermögensabgabe

Verschiedene politische Parteien sprechen sich für die Wiedereinführung der Vermögensteuer aus. Die SPD hat im Jahr 2019 einen Parteitagsbeschluss „Verteilungsgerechtigkeit herstellen: Die Vermögensteuer wieder einführen!“ mit Eckpunkten für eine Vermögensteuer verabschiedet. Auch das SPD-Zukunftsprogramm zur Bundestagswahl 2021 (Vorstandsbeschluss vom 1. März 2021) sieht eine Vermögensteuer vor, ist aber weniger konkret. Die Partei Die Linke unterstützt eine Vermögensteuer und fordert zudem eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Kosten der Corona-Pandemie. Bündnis 90/Die Grünen befürworten in ihrem Wahlprogramm 2021 die Einführung einer Vermögensteuer für Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person mit einem jährlichen Steuersatz von ein Prozent. Begünstigungen für Betriebsvermögen „im verfassungsrechtlich erlaubten und wirtschaftlich gebotenen Umfang“ sind vorgesehen, aber nicht konkret erläutert.

Eckpunkte für eine Vermögensteuer (SPD-Parteitagsbeschlusses von 2019)

  • linear-progressiver Stufentarif mit Steuersätzen von ein Prozent (ab zwei Millionen Euro Nettogesamtvermögen pro Person) bis zwei Prozent (ab einer Milliarde Euro Nettogesamtvermögen pro Person)
  • Verkehrswertenahe Bewertung des Vermögens in Anlehnung an die Erbschaftsteuer
  • Persönlicher Freibetrag: zwei Millionen Euro (bei zusammen veranlagten Personen: vier Millionen Euro) 
  • Einbeziehung von Kapitalgesellschaften mit einer Freigrenze
  • Vermeidung einer Doppelbesteuerung (Gesellschaft und Gesellschafter)
  • Einbeziehung von Auslandsvermögen (soweit nicht durch DBA freigestellt)
  • Einführung einer Meldepflicht für Banken über Wert und Umfang der in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögen
  • Weitgehende Freistellung von Altersvorsorgevermögen(nicht näher spezifiziert)
  • Verschonungsregeln für Betriebsvermögen (nicht näher spezifiziert)

Eckpunkte für eine Vermögensabgabe (DIW-Studie für die Partei Die Linke)

  • progressiver Steuertarif (linear oder alternativ als Stufentarif) von zehn Prozent bis 30 Prozent bezogen auf das individuelle Nettovermögen der natürlichen Personen
  • Schwelle zum Spitzenabgabesatz (30 Prozent) alternativ ab 30, 50 oder 100 Millionen Euro abgabepflichtiges Vermögen
  • Verkehrswertnahe Bewertung des Vermögens
  • Persönlicher Freibetrag: eine Million Euro oder alternativ zwei Millionen Euro
  • Zusätzlicher Freibetrag für Unternehmensvermögen: zwei Millionen Euro oder alternativ fünf Millionen Euro pro Unternehmen
  • Zeitlich gestreckte Zahlung der einmaligen Vermögensabgabe über 20 Jahre (Verzinsung mit zwei Prozent p. a.)
  • Abgabebelastung alternativ in „dauerhafte Staatsbeteiligungen“ umwandelbar
  • Verwaltung der Staatsbeteiligungen in einem „Staatsfonds“ mit „gewisser institutioneller Unabhängigkeit“ von politischen Entscheidungen