Die Industrie macht Standortpolitik durch Steuerpolitik
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Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben die Wirtschaft in Deutschland schwer getroffen und die Verschuldung der öffentlichen Haushalte nach oben getrieben. Zukunftsorientierte finanz- und steuerpolitische Rahmenbedingungen sind jedoch die Voraussetzung für einen krisenfesten Wirtschaftsstandort Deutschland, der Wohlstand und Beschäftigung nachhaltig sicherstellt. Deswegen muss die hohe Verschuldungsquote durch mehr Wirtschaftswachstum zurückgeführt werden. Dies lässt sich mit einer Stärkung der Unternehmen und attraktiven Investitionsbedingungen erreichen. Das deutsche Unternehmensteuerrecht genügt diesem Anspruch nicht. Vielmehr erweist es sich nach zwölf Jahren des Reformstillstands als erheblicher Standortnachteil. Die Corona-Pandemie verstärkt diesen Befund. Jetzt sollte die Chance genutzt werden, eine international wettbewerbsfähige effektive Steuerbelastung der Unternehmen von maximal 25 Prozent zu erreichen, ein nachhaltiges Steuersystem, das Zukunftsinvestitionen, Innovationen und Wachstum in Deutschland zu begünstigen sowie eine einheitliche Unternehmensteuer festzulegen, welche die Gewerbesteuer integriert und eine stabile sowie konjunkturunabhängige Finanzierung der Kommunen sichert.
Für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort braucht Deutschland…
Körperschaftsteuersatz senken
Für zukünftige Investitionsentscheidungen sind Steuersätze von enormer Bedeutung. In Deutschland werden die Gewinne von Kapitalgesellschaften durch Körperschaftsteuer und Gewerbsteuer mit insgesamt über 30 Prozent belastet. In den OECD-Staaten liegt die Steuerbelastung hingegen bei durchschnittlich 23,5 Prozent. Mit einer Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf 10 Prozent käme man einer international vergleichbaren effektiven Steuerbelastung näher.
Einbehaltene Gewinne von Personenunternehmen entlasten (§ 34a EStG)
Gewinne von Personengesellschaften unterliegen bei Ausschüttung an den Gesellschafter einer nominalen Steuerbelastung von bis zu 48 Prozent. Werden die Gewinne jedoch im Unternehmen für künftige Investitionen einbehalten, so können diese begünstigt besteuert werden. Diese sog. Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34a EStG ist derzeit nicht praxistauglich. Sie muss reformiert werden, um statt dem heutigen Belastungsniveau in Höhe von rund 36 Prozent das gesetzlich beabsichtigte i.n Höhe von 28,25 Prozent zu erreichen.
Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen
Der Solidaritätszuschlag muss vollständig abgeschafft werden. Die gebotene Abschaffung entlastet nicht nur einkommensteuerpflichtige Personen, sondern insbesondere auch Unternehmen. Zwar hat der Bundestag eine Reform des Solidaritätszuschlags beschlossen, allerdings führt diese nicht zu einer Abschaffung der Ergänzungsabgabe, denn der Bund will nur auf rund die Hälfte des Aufkommens ab dem Jahr 2021 verzichten.
Zukunftsinvestitionen fördern
Wir brauchen mehr Forschung und Entwicklung (FuE) sowie mehr Innovation am Standort Deutschland. Deswegen sollte – auch für das Gelingen der Energiewende und das Vorantreiben des Klimaschutzes – statt neuer Investitionsprogramme, besser die Forschungszulage gestärkt werden. Zudem muss Deutschland als Investitionsstandort für privates Wagniskapital attraktiver werden. Zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland nach der Corona-Krise sind außerdem starke Investitionsanreize notwendig.
Verlustverrechnung verbessern
Gerade mittelständische Unternehmen, die in den vergangenen Jahren solide gewirtschaftet haben, sehen sich nun in erheblichem Umfang von Umsatzeinbrüchen und Verlusten infolge der Corona-Pandemie betroffen. Notwendige Liquidität der Unternehmen wird vor allem durch eine Ausweitung der steuerlichen Verlustverrechnung geschaffen. Gerade in Krisenzeiten verstärkt eine verbesserte steuerliche Verlustverrechnung die Liquidität von Unternehmen.
Stammhausfunktionen der Unternehmen stärken
Neben der Körperschaftsteuersatzsenkung muss der Gesetzgeber bestehende Regelungen des Unternehmensteuerrechts modernisieren, um Umstrukturierungen und wesentliche (z. B. Finanzierungs-) Funktionen deutscher Stammhausunternehmen zu erleichtern. Das deutsche Steuerrecht enthält eine Vielzahl von Regelungen, die in überschießender Weise Missbräuche zu bekämpfen suchen. Diese Regelungen bewirken vor allem Rechtsunsicherheit und behindern betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen.
Unternehmensbesteuerung zukunftsorientiert anpassen
Die Digitalisierung des Steuerrechts ist eine der dringend anstehenden steuerpolitischen Aufgaben. In Deutschland besteht erheblicher Handlungsbedarf. Es bedarf daher dringend einer stärkeren Digitalisierung und Standardisierung von Prozessen, um Effizienzgewinne und eine Prozessoptimierung auf beiden Seiten – Unternehmen und Finanzverwaltung – zu erzielen.
Besteuerung von internationalen Sachverhalten sachgerecht ausgestalten
Von zentraler Bedeutung ist eine zeitgemäße Ausgestaltung des Außensteuerrechts, insbesondere durch eine Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung. Auslandssachverhalte erfahren derzeit in zahlreichen Fällen eine höhere steuerliche Belastung als reine Inlandssachverhalte, so dass grenzüberschreitende Tätigkeiten der Unternehmen nicht wettbewerbsfähig sind und mit einem unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand einhergehen.
Gewerbesteuer in die Ertragsbesteuerung integrieren
Die Corona-Pandemie hat erneut gezeigt, dass die derzeitige Finanzierung der Kommunen durch die Gewerbesteuer nicht krisentauglich und stark konjunkturabhängig ist. Die Politik muss eine Reform der Kommunalfinanzen und einen Ersatz der Gewerbesteuer in Angriff nehmen. Ziel ist eine moderne Gemeindefinanzierung, die den Anforderungen des Unternehmensteuerrechts und dem Finanzbedarf der Kommunen gleichermaßen gerecht wird.
Rechtsformneutrale Besteuerung schaffen
Die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland sollte für alle Unternehmen, unabhängig von deren jeweiliger Rechtsform, gleich sein. Eine Möglichkeit, einer rechtsformneutralen Besteuerung näher zu kommen, ist die Einführung eines sogenannten Optionsmodells. Personengesellschaften könnte damit ein Wahlrecht eingeräumt werden, sich der Besteuerung von Kapitalgesellschaften zu unterwerfen.