© Christian Kruppa

Klimakongress 2023: Mit der aktuellen Klimapolitik kommen wir nicht ans Ziel

Die Zeit für die klimaneutrale Transformation der Wirtschaft drängt. Der Klimawandel schreitet mit großen Schritten voran. Und auch der Wettbewerb um grüne Märkte ist in vollem Gang. Möchte Deutschland bei grünen Technologien weltweit führend sein, ist sie auf eine wettbewerbsfähige Industrie angewiesen, die am Standort Deutschland verlässlich wachsen und investieren kann.

Rund 600 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft hatten sich Ende September 2023 in der AXICA in Berlin zum Klimakongress zusammengefunden. Zwei Jahren nach der Bundestagswahl zogen sie eine kritische Bilanz über die deutsche Energie- und Klimapolitik. Zwar sei die Gaskrise überraschend gut von der Bundesregierung überwunden worden. Doch fehle es an vielen Stellen an Verständnis für die Realität der Unternehmen.  

BDI-Präsident machte in seiner Auftakt-Rede auf dem Kongress deutlich, wie wichtig der grüne Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft für Deutschland sei: „Wir brauchen diese Transformation. Wir wollen diese Transformation. Wir wollen sie lieber schneller als langsamer erreichen. Mit der aktuellen Klimapolitik kommen wir aber nicht ans Ziel.“ 

Doppelte Herausforderung: Klimaziele erreichen und Industrie stärken  

Deutschland muss aktuell an zwei Fronten gleichzeitig kämpfen: Auf der einen Seite geht es um das Erreichen der ehrgeizigen Klimaziele. Auf der anderen Seite geht es darum, die schwächelnde Wirtschaft zu stärken. Das Risiko ist real, industrielle Arbeitsplätze wegen der angespannten Wirtschaftslage und schlechten Standortbedingungen zu verlieren. Globale Mitbewerber und der Klimawandel machen den Unternehmen zusätzlich zu schaffen.  

Mittelstandsunternehmen sind beispielsweise dazu gezwungen, die hohen Energiekosten weiterzugeben. Lena Lüneburger, CEO vom Werkzeugbau Ruhla, betonte beim Klimakongress: „Wir exportieren sehr viel, wir sind typische Mittelständler. Wir müssen die hohen Energiekosten weitergeben. Alle Kunden sagen weltweit: Grüne Energie in Deutschland wunderbar, aber nicht auf unsere Kosten. Das ist schwierig.“ 

Darauf antwortete Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Kilmaschutz,: „Alle brauchen Strom. Es ist in meinem größten Interesse, dass die Strompreise runtergehen. Mich müssen Sie nicht katholisch machen.“

Um den Weg zur klimaneutralen Wertschöpfung zu ebnen, kommt es auf gezielte Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, in erneuerbare Energien und in die energetische Sanierung an. Investiert wird am Standort allerdings nur, wenn die Rahmenbedingungen attraktiv sind. Hier gibt es enormen Aufholbedarf, war die einhellige Meinung der anwesenden Gäste des Klimakongresses.   

Die Herausforderung der klimaneutralen Industrie: Industriepolitik, Kreislaufwirtschaft und Infrastrukturentwicklung in Deutschland

Während einerseits gezielte Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur als Schlüssel zur klimaneutralen Wertschöpfung betont werden, sehen wir andererseits, dass wirtschaftliche Hemmnisse wie hohe Steuern, steigende Energiekosten und umfangreiche bürokratische Anforderungen die Wirtschaftstätigkeit beeinträchtigen.

Vor allem hohe Steuern, teure Energie und wuchernde Bürokratie bremsen die Wirtschaft aus. „Als Unternehmen mit 70 Mitarbeitenden muss ich umfangreiche Statistiken und Berichtsmeldepflichten abgeben und ausufernde Rückfragen der Finanzinstitute beantworten“, sagte Kirsten Schoder-Steinmüller, CEO von Metall-Lohnfertiger Schoder GmbH und DIHK- Vizepräsidentin, auf dem Panel „Der Teufel im Detail – Wie bewältigt der Mittelstand die Bürokratie. Noch sei unklar, ob Deutschland den internationalen Wettlauf um grüne Leitmärkte gewinnen wird.  

Der Industriepolitik kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Ihre Aufgabe ist es, Pfade vorzugeben, wie die Industrie klimaneutrale Wertschöpfung erreichen kann, ohne auf der Strecke zu bleiben. Das Beispiel Kreislaufwirtschaft: Circular Economy sei ein Schlüssel zur Transformation des deutschen Industriestandorts, sie erfordere jedoch klare Ziele, Marktbedingungen und Investitionen, so der BDI-Präsident Russwurm. 

Erkenntnis allein reicht nicht aus. Es geht um die schnelle Umsetzung. Das trifft auch auf den Ausbau der Infrastruktur an und das Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren zu. Eine starke Infrastruktur sei Voraussetzung für einen starken Industriestandort, sagte der Bundesverkehrsminister Volker Wissing und kündigte an: „Verkehrswege und digitale Netze - für Fortschritt, für Nachhaltigkeit und Klimaschutz, für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Wir packen das an und legen den Turbo ein – beim Planen, Genehmigen und Bauen.“  

CO2-Abscheidung und -Speicherung: Herausforderungen und Fortschritte in Deutschland 

Auf dem 6. Klimakongress des BDI diskutierten die Rednerinnen und Redner auch über neue Wege und neue Technologien, um die Klimaziele noch zu erreichen. So müsse etwa die Nutzung von CO2-Abscheidung und -Speicherung offen und ohne ideologische Scheuklappen diskutiert werden können. Die Akzeptanz von CCUS sei in Deutschland derzeit noch begrenzt. Zudem fehle es an rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Der Klimakongress machte deutlich, dass Deutschland beim Klimaschutz und Wirtschaftswachstum vor großen Herausforderungen steht. Investitionen in die Industrie und in erneuerbare Energien sind notwendig. Eine pragmatische und schnelle Herangehensweise sind unerlässlich. Insbesondere Circular Economy und CO2-Abscheidungstechnologien können zu echten Game Changer für die grüne Transformation werden. Eine rein nationale Perspektive reicht nicht aus. Europa muss seine vielfältigen Energiekonzepte in eine kohärente Strategie umwandeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben.