Für immer mehr Menschen ist es eine Selbstverständlichkeit, mit dem Flugzeug zu reisen. Die deutsche Luftfahrt transportiert zudem Frachten in die ganze Welt, ist technologischer Vorreiter für andere Schlüsselindustrien und engagierter Treiber für das Ziel eines klimaneutralen Fliegens.
Die Luft- und Raumfahrt verbindet Welten, Kulturen und Unternehmen. Vor allem verbindet sie Menschen miteinander. Besuche bei weit entfernten Verwandten und Freunden, Geschäfts- und Urlaubsreisen – all das ist undenkbar ohne Flugzeuge. Aber auch Raumfahrttechnologien reichen längst hinein in unseren Alltag: Der regelmäßige Austausch über Telefon und Internet wird erst durch Weltraumsatelliten ermöglicht.
Das Flugzeug hat sich als zentrales Verkehrsmittel etabliert. Wurden auf deutschen Flughäfen 1991 noch gut 79 Millionen Passagiere verzeichnet, so waren es 2019 mehr als 244 Millionen. Die Corona-Krise hat dem Luftverkehr weltweit einen Dämpfer versetzt. Vor der Krise wurde weltweit noch ein Anstieg von circa 3.300 Milliarden Passagierkilometer auf etwa 6.300 Milliarden Passagierkilometer im Jahre 2030 erwartet. Hier spielen insbesondere China und Indien eine Rolle, die mittelfristig als größte Wachstumsmärkte gelten. Die Luftfahrt transportiert zudem Frachten in die ganze Welt, ist technologischer Vorreiter für andere Schlüsselindustrien und engagierter Treiber für das Ziel eines klimaneutralen Fliegens.
Der gesamte weltweite Luftverkehr befindet sich in seiner tiefsten Krise seit Bestehen der zivilen Luftfahrt. Zwischenzeitlich waren drastische Rückgänge an allen deutschen Flughäfen zu verzeichnen. Das Passagieraufkommen an den deutschen Flughäfen bewegte sich im April 2020 bei ca. fünf Prozent der Normalnachfrage entsprechend der Entwicklung der Flugbewegungen. Nach einem langsamen Wachstum der Flugbewegungen, ist im Sommer 2020 ein Wiederaufleben des Luftverkehrs zu sehen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Krise auch länger anhalten wird. Mit einer Rückkehr zum Vorkrisenniveau wird nicht vor 2023 gerechnet. Die Entwicklung des Luftfracht- und des Passagierverkehrs ist von der weiteren Entwicklung der deutschen Exportwirtschaft, den globalen Handelsbeziehungen und dem Konsumentenverhalten vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie abhängig.
Keine andere Verkehrsart als die Luftfahrt befördert Menschen und Güter in so kurzer Zeit über große Distanzen. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass der Luftverkehr mit seinem Transport von Luftfracht eine unverzichtbare Stütze für die Exportnation Deutschland und ihre Schlüsselindustrien ist. Über 30 Prozent der deutschen Exportwerte nach Übersee erfolgen per Luftfracht. Mittels Luftfracht werden wichtige Warengruppen der deutschen Industrie verladen. Insbesondere elektronische Geräte, Maschinen und Metallerzeugnisse, Pharmazie- und Chemieprodukte sowie Fahrzeug-, Flugzeug- und Schiffsbauwaren stellen einen signifikanten Anteil der Luftfrachtexporte dar. Wie wichtig die Luftfracht ist, zeigt sich auch darin, dass in der Krise wichtige medizinische Schutzgüter, Pharmazie oder Chemieprodukte über die Luft international und schnell transportiert werden konnten. Starke Drehkreuze für den Passagier- und Luftfrachtverkehr sind auch ein entscheidender Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft. Über 90 Prozent des Frachtaufkommens in Deutschland wird in den Frachtzentren der Flughäfen Frankfurt, Leipzig, Köln/Bonn und München abgefertigt. Der Luftverkehr und die reibungslose Luftfrachtlogistik müssen daher auch in Zukunft gestärkt werden, damit die schnelle Verfügbarkeit dringend benötigter Güter und der Export gesichert bleiben.
Die aktuelle Krise wird dem Innovationsdrang der Branche langfristig keinen Abbruch tun. Die vermehrte Nachfrage nach Flexibilität, Sicherheit und Privatsphäre führen auch zu einer steigenden Individualisierung des Luftverkehrs. Dazu gehören On-demand Air Taxi Services, deren Flugpläne flexibler sind. Flugzeugtypen wie Very Light Jets machen vor allem den Geschäftsflugverkehr erheblich erschwinglicher. Insbesondere im Businessbereich wird die Nachfrage nach Luftfahrzeugen mit senkrechter Start- und Landefähigkeiten, wie zum Beispiel Hubschrauber, zunehmen. Das intensive Forschungs- und Entwicklungsengagement zur Verringerung der Lärmbelastung und CO2-Emissionen von elektrischen Vertical Take-off and Landing (eVTOL) Fluggeräten wird diese Art des Reisens voraussichtlich immer beliebter machen und das Wachstum des Urban Air Mobilitätsmarkts antreiben.
Auch bereits vor der Corona-Krise ist das Lufttransportsystem vielfach an seine Grenzen gestoßen. Zuletzt wurde beispielsweise für Deutschland ein Passagierwachstum von mehr 300 Millionen Menschen bis 2030 prognostiziert. Die Krise wird hierauf wohl auch Auswirkungen haben. Eine kurz- bis mittelfristige Prognose zur weiteren Entwicklung der Nachfrage im Luftverkehr bleibt schwierig. Die Entwicklung hängt insbesondere davon ab, wie die Eindämmung der Pandemie in den einzelnen Staaten und Regionen gelingt.
Nichtsdestotrotz braucht es auch in Zukunft ein effizientes Luftverkehrsmanagement, das den Herausforderungen eines ansteigenden Luftverkehrs gewachsen ist. Effizientere Nutzungen der Lufträume und Runways durch neustrukturierte Flugverkehrsmanagementsysteme sind Ansätze, auf gesteigerte Kapazitäten zu reagieren. In Europa wie in den USA wird intensiv daran geforscht, etwa durch hochpräzise Navigationsverfahren die Verkehrskapazität im Luftraum zu erweitern, die Sicherheit weiter zu erhöhen und dabei Emissionen sowie Flugsicherungsgebühren zu senken. Kurzum: Immer mehr Fluggäste werden immer kosteneffizienter, komfortabler und vor allem nachhaltiger reisen. Mit der Vollendung des einheitlichen europäischen Luftverkehrsraum, dem Single European Sky (SES), könnte die EU eine ökonomischen und ökologischen Effizienzsteigerung im europäischen Luftverkehr erreichen, indem Kraftstoff eingespart und Kapazitäten im Luftraummanagement besser genutzt werden können. Die Luftfahrt wird die Welt weiter vernetzen – und dabei sowohl Warenaustausch als auch den gesellschaftlichen Wohlstand anwachsen lassen. Effizienzsteigerung und Vernetzung sind dabei wichtige Hebel.
Die Zukunft der deutschen Luftfahrt ist aber nicht allein eine technologische Aufgabe. Die Politik ist ebenso aufgefordert, der Luftverkehrswirtschaft optimale Rahmenbedingungen im weltweiten Wettbewerb zu schaffen. So benötigt der Wirtschaftsstandort Deutschland international wettbewerbsfähige Betriebszeiten, die auch wirtschaftlich notwendige Nachtflüge zulassen. Nur so können die Unternehmen an einem die verschiedenen Zeitzonen übergreifenden Welthandel teilnehmen. Die finanziellen Belastungen, etwa durch die Luftverkehrsteuer, müssen der Luftverkehrswirtschaft zurückgeführt werden. Annähernd zwei Milliarden Euro pro Jahr wird die zuletzt 2020 im Rahmen des Klimapakets der Bundesregierung erhöhte Luftverkehrsteuer der Luftverkehrswirtschaft an dringend benötigten Investitionsmitteln entziehen. Diese könnten sonst in klimaverträgliche Innovationen und Technologien investiert werden. Die deutsche Luftverkehrswirtschaft sieht sich im europäischen und globalen Vergleich am heimischen Standort einer der höchsten finanziellen Belastungen durch Abgaben und Steuern ausgesetzt und rangiert nach Großbritannien auf Platz zwei der teuersten Luftfahrtstandorten in Europa. Fortschritt im Luftverkehr zu fördern, heißt auch faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Die Luftsicherheitsgebühren stellen eine weitere finanzielle Belastung dar. In Deutschland ist die Bundespolizei mit der Wahrnehmung der hoheitlichen Luftsicherheitskontrollen betraut und stellt die Kosten für Passagier- und Gepäckkontrollen den Luftfahrtunternehmen in Rechnung. Da es innerhalb der EU keine harmonisierte Gesetzgebung zur Finanzierung der Luftsicherheit gibt und die entsprechenden Gebühren in vielen EU-Ländern erheblich niedriger sind als in Deutschland, führt dies zu Verzerrungen im internationalen Wettbewerb.
Nicht zuletzt muss die technologische Forschung mit nachhaltiger öffentlicher Förderung national wie europäisch vorangetrieben werden, um die Klimaschutzziele erreichen zu können. Denn für die Luftfahrtbranche ist die Kombination von Luftverkehr und Klimaschutz ein Kernanliegen. Ab 2021 soll das Wachstum des Luftverkehrs CO2-neutral erfolgen. Das hat sich die Staatengemeinschaft der Internationalen Zivilluftfahrtorganisationen (ICAO) zum Ziel gesetzt. Für den weltweiten Luftverkehr stellt die Einführung und Umsetzung des marktbasierten Klimaschutzinstruments in Form des Kompensationssystems CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) klimaneutrales Wachstum sicher. Die ICAO hatte sich bereits 2016 auf völkerrechtlich verbindlich auf das Instrument geeinigt. Neben Klimaschutzinstrumenten investiert die Luftfahrtbranche in Flugverkehrseffizienz. Dies erreichen sie durch die Verknüpfung von technologischen Innovationen, effektiveren Flugoperationen und einer Verbesserung der Infrastruktur.
Die Zukunft könnte Sonne und Wind als Treibstofflieferanten gehören. Derzeit werden Verfahren vorangetrieben, die erneuerbare Energien mit Wasser unter Entnahme von CO2 als Rohstoff aus der Luft nutzen. Im sogenannten Power-to-Liquid-Verfahren (PtL) entsteht strombasierter Kraftstoff. Hierbei wird mit Strom im Elektrolyse-Verfahren Wasserstoff gewonnen und im weiteren Produktionsverfahren mit CO2 zu einem synthetischen Rohöl verbunden und in Raffinerien zu Kerosin weiterverarbeitet. Diese Kraftstoffe sind CO2-neutral, da das CO2, das bei der Verbrennung in den Triebwerken entsteht, zuvor im Produktionsprozess der Atmosphäre entnommen wurde. Langfristig können die luftverkehrsbedingten CO2-Emissionen so auf null gesenkt werden, indem das fossile Kerosin durch regenerative Kraftstoffalternativen ersetzt wird. Diese sind in der Produktion aber noch um ein Vielfaches teurer als herkömmliches fossiles Kerosin. Diese Mehrkosten müsse aufgefangen werden. So müssen ausreichend Mittel zur Förderung und Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen im PtL-Verfahren vom Bund bereitgestellt werden. Denn noch fehlt es an ausreichend Anlagen und ausreichend verfügbaren Mengen. Auf der 1. Nationalen Luftfahrtkonferenz im Sommer 2019 hatten sich Vertreter von Bund Ländern, Gewerkschaften und Fluggesellschaften sowie Industrie auf eine Roadmap zur schnellen Markteinführung von strombasierten Kraftstoffen im Luftverkehr ausgesprochen. Innovative Unternehmen nutzen schon heute regenerative Energien und Elektrolyse-Technologie, um synthetische strombasierte Kraftstoffe herzustellen.
Damit ist die deutsche Luftfahrtindustrie gemeinsam mit der Energieindustrie und Forschungslandschaft der technologische Treiber für eine klimaneutrale Luftfahrt. Neunzig Prozent der Investitionen der Luftfahrtbranche zielen bereits heute in Forschung und Entwicklung unmittelbar auf die Senkung von CO2- und Lärmemissionen ab. Voraussetzung für das Erreichen dieses Ziels ist eine solide Investitionskraft der Luftverkehrsunternehmen, flankierende gesetzliche Rahmenbedingungen sowie erhebliche öffentliche Mittel für Forschung und Entwicklung.
Deutschland spielt in der stark vernetzten internationalen Luftfahrtindustrie eine zentrale Rolle. Hamburg zählt weltweit zu den drei größten Standorten für Flugzeugentwicklung und Flugzeugbau: Von hier wird das erfolgreichste Flugzeugprogramm aller Zeiten gesteuert – die Airbus A320-Familie. Zudem sind führenden Triebwerks- und Hubschrauberhersteller sowie innovative Ausrüster und Zulieferer in ganz Deutschland ansässig. Damit ist die Luftfahrt auch ein Jobmotor der deutschen Industrie: 330.000 Menschen in Deutschland sind direkt in der zivilen Luftfahrtindustrie, an den Flughäfen, bei den Fluggesellschaften und bei der Flugsicherung beschäftigt. Darüber hinaus haben tausende Forscher, Entwicklungsingenieure und Facharbeiter in Forschungseinrichtungen, Universitäten sowie in großen und kleinen Unternehmen einen entscheidenden Anteil an der Entwicklung von Weltklasse-Produkten für die Luftfahrt.
Produkte „Made in Germany“ sind weltweit gefragt. Grenzüberschreitende offene Märkte sind für die Export-Industrie unerlässlich. Der ungehinderte Welthandel ermöglicht eine kontinuierliche Innovationsfähigkeit und stellt den Erhalt von Wertschöpfung und Wohlstand sicher – in Deutschland, aber auch weltweit. Dabei gilt es, Handelshemmnisse abzubauen, statt mit Protektionismus und Strafzöllen neue zu errichten. Der deutsche Außenhandel wird von der Luftfahrt maßgeblich beflügelt. Beim Export nach Amerika, Asien, Afrika, Australien und Ozeanien wurden im Jahr 2018 Waren im Wert von 167,4 Milliarden Euro transportiert. Der Transport per Luftfracht ist über weite Strecken schneller und sicherer, und bietet somit einen klaren Vorteil, so dass vor allem besonders hochwertige und zeitsensible Waren transportiert wie zum Beispiel dringend benötigte Ersatz- und Bauteile, Medizinprodukte und Arzneimittel sowie Güter des täglichen Bedarfs.
Dabei werden die Waren nicht nur in reinen Frachtmaschinen bewegt, sondern auch in den Laderäumen von Passagiermaschinen. Rund 50 Prozent ist sogenannte „Belly-Fracht“. Insofern sind Fracht- und Passagierverkehr eng miteinander verzahnt. Auf deutschen Flughäfen sank der Warentransport 2019 um 3,2 Prozent auf 4.803.464 Tonnen gegenüber dem Vorjahr und spiegelt damit die weltweite Entwicklung. Der Abschwung in der Luftfracht hat sich im Zuge der Corona-Krise weiter verstärkt. Die Nachfrage nach Luftfracht ist durch die Krise im Vergleich zum Vorjahr rückläufig, wenn auch nicht so stark wie der Passagierverkehr. Zu schwelenden Handelskonflikten kam 2020 auch der Corona-bedingte Produktionsrückgang in Schlüsselindustrien hinzu. Zuvor hatte sich schon der Außenhandelsrückgang mit den USA und Asien deutlich in der Luftfrachtnachfrage gezeigt. An deutschen Flughäfen waren zu Spitzen der Covid-19-Pandemie die Flugbewegungen teilweise zwischen 89 Prozent und 95 Prozent unter dem Stand des Vorjahrs eingebrochen.
Es zeigt sich, die deutsche Luftfahrt steht im globalen Wettbewerb. Sie vernetzt Millionen von Reisenden und bindet die Exportnation Deutschland an den Welthandel an. Hierfür muss sie sich durch leistungsstarke Innovationen und Technologien sowie ihre Premium-Dienstleistungen im internationalen Passagier- und Luftfrachtmarkt behaupten können. Doch um dies zu erhalten, ist eine Weiterentwicklung von gesetzlichen und regulativen Rahmenbedingungen erforderlich. Für einen zukunftsgerichteten Luftverkehr gilt es Klimaschutzinstrumente und nachhaltige Kraftstoffe zu fördern. Aber gerade jetzt würden zusätzliche Belastungen oder Steuern auf Kraftstoffe die ohnehin angeschlagene europäische Luftverkehrswirtschaft schwer treffen und im internationalen Wettbewerb zurückwerfen. Nur eine gesunde Luftverkehrswirtschaft ist langfristig in der Lage, in klimaeffiziente Innovationen zu investieren, Konnektivität zu erhalten und Warentransporte zu ermöglichen.