© G.A. Röders

„Auch in der Krise setzen wir auf Flexibilität, Kompetenz und Netzwerk“

Die G. A. Röders GmbH & Co KG ist ein Hersteller von Aluminium- und Zink-Teilen im Druckgussverfahren sowie Kunststoff-Spritzguss. „In der gegenwärtigen Krise zahlt es sich strategisch aus, über Jahre die Aktivitätenfelder breit aufgestellt zu haben“, erklärt Gerd Röders im Interview. So ist das Unternehmen im niedersächsischen Soltau ein Zulieferer für aktuell dringend benötigte Beatmungsmaschinen.

Wie gehen Sie mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie um?

Kaum etwas im Unternehmen ist zurzeit normal. Mehr als die Hälfte der kaufmännischen Mitarbeiter arbeiten im Homeoffice. Die Arbeitsplätze in der Produktion sind auf Abstand aufgebaut. Auch bei notwendigen Produktionsbesprechungen wird auf Distanz geachtet. Schon am Eingang befindet sich Desinfektionsmittel. 

Klappt die Zusammenarbeit mit Ihrem Werk in Tschechien noch?

Die Zusammenarbeit mit dem Werk in Tschechien funktioniert. Die eigene Firma besuchen, können aber zurzeit weder die Geschäftsführung noch die Fachleute aus Soltau. Die Grenzen sind zu. Aber immerhin können beide Werke noch produzieren.

In Kürze erwarten wir 500 Mundschutze, die Mitarbeiter in unserer tschechischen Niederlassung für Ihre Kollegen in Deutschland genäht haben. Ein schönes Beispiel für europäische Solidarität im Kleinen. Mehr davon im Großen wäre mein Wunsch als Unternehmer – und engagierter Bürger.

Wie gut sind Gießereien insgesamt für diese Krise gewappnet?

Die Auftragszahlen in unserer sehr arbeits- und energieintensiven Branche zeigen in vielen Fällen schon länger meist nach unten. Besonders schwer trifft, dass die Automobilindustrie – einer der Hauptabnehmer von Gießereierzeugnissen – in den letzten Jahren durch mehrere Krisen gegangen ist. Uns hat schon vor Corona erst die Dieselkrise, dann die Zulassungsbeschränkungen der EU und zuletzt die überstürzte Einführung von Elektromobilität infiziert.

Viele Gießer gehen angeschlagen in diese neuerliche Krise und mich besorgt angesichts der von mir genannten Diagnose, dass die Bundesregierung vorgibt, dass nur „gesunde“ Unternehmen auf verlässliche Finanzhilfen bauen können. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die ganze Zulieferindustrie schon länger mitten in erheblichen, substanzraubenden Verwerfungen steht. Da sollte Berlin nochmal genauer hinschauen und möglichst bald nachsteuern.

Sie liefern nicht nur an Automobilisten. Wie steht es um Aufträge anderer Branchen?

Auch das zweite Standbein der Firma, die Flugzeugindustrie, ist angesichts erheblicher Verwerfungen geschwächt. Hier haben die Probleme bei Boeing und jetzt noch dazu die weltweiten Einschränkungen des Flugzeugverkehrs zu massiven Einbrüchen bei den Bestellungen geführt. Für uns ist das ungewöhnlich, denn die Flugzeugindustrie hat sich in den letzten Krisen stets stabil gezeigt. Auch deswegen hatte sich Röders neben der Zertifizierung für die Automobilindustrie auch eine Zertifizierung für den Flugzeugbau erarbeitet – ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal unter Druckgießern.

Unsere Strategie sich breit aufzustellen zeigt – trotz oder gerade wegen der aktuellen Krise – jetzt ihre Vorteile. In guten Zeiten suchen viele Gießer eher Kunden mit großen Serien, um durch hohe Produktionsmengen die Umsätze und Gewinne zu verbessern. Röders hingegen hat immer auch kleinere Serien produziert.

Automobil, Flugzeug und wo noch greift die von Ihnen verfolgte Geschäftsstrategie?

Die Idee der kleineren Serien galt und gilt besonders in der Medizintechnik, dem dritten Standbein des Unternehmens. Die Drägerwerke in Lübeck – nur rund 140 km von uns entfernt – sind ein uns gut bekannter Kunde, den wir schon seit drei Generationen bedienen. Nicht immer läuft alles rund und wir mussten zu manchen Zeiten mächtig Federn lassen. Aber gerade in den letzten Jahren konnten wir Marktanteile zurückerobern.

Dabei setzen wir auf Flexibilität, technische Kompetenz und ein Netzwerk von Zulieferern. So können wir nicht nur Einzelteile, sondern komplette, einbaufertige Lösungen liefern. Das ist eine Zusammenarbeit über Unternehmensgrößen, Branchen und Regionen hinweg, die letztlich die Stärke des Standorts Deutschland ausmacht – und dabei hilft, Beschäftigung und Einkommen auch in ländlichen Regionen zu sichern.

Als Zulieferer der Medizintechnik sind sie stark gefordert, oder!?

Innerhalb von wenigen Tagen werden die dringend benötigten Teile für Beatmungsgeräte in der Ausbringung vervierfacht. Dabei ziehen die Mitarbeiter kräftig mit. Wir haben die Produktion nach dem Anruf von Dräger sofort umgerüstet und fertigen nun konzentriert und im Rekordtempo die benötigten Teile. An uns soll und wird es nicht scheitern, dass noch viel mehr Geräte gebaut werden können als zurzeit geplant. Das Unternehmen und die Mitarbeiter sind motiviert und stolz, an so wichtigen Produkten arbeiten zu können.

Wie wird es die nächsten Wochen für das Unternehmen weitergehen?

Medizintechnik rettet Leben und wird überall auf der Welt dringend gebraucht. Natürlich sichert es bei uns Arbeitsplätze, wenn wir zu Dräger nach Lübeck liefern. Aber bei Automobil und Flugzeugen sieht es ja vorläufig eher düster aus. Wenn sich da nicht bald grundsätzlich etwas ändert, dann werden auch wir Kurzarbeit machen müssen. Der Auftrag von Dräger gibt dem Unternehmen noch ein wenig Luft und der Belegschaft und deren Familien sichert er Arbeit und Einkommen.

Bislang bestehen wir in dieser unsicheren Zeit. Was kommt ist offen und ich will zuversichtlich bleiben. Denn das ist nicht die erste Krise und die erste tiefgreifende Veränderung, die das Unternehmen, das meine Vorfahren im Jahr 1800 gegründet haben und das ich in sechster Generation führe, erlebt.