Die Union wird auch die neue Bundesregierung anführen. Doch es stehen eine schwierige Regierungsbildung und eine herausfordernde Legislaturperiode in einem Sieben-Parteien-Parlament bevor. Die Parteien sollten die Lage schnell sondieren und konzentriert Verhandlungen über eine tragfähige Bundesregierung aufnehmen. Denn die Unternehmen brauchen klare Signale: Es geht nun darum, Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden.
Das Wahlergebnis sollte jedem, der politisch verantwortungsvoll handelt, klar machen, jetzt erst recht konstruktiv zu agieren. Im Wahlkampf ist viel zu oft über das Gestern und viel zu wenig über das Morgen gestritten worden. Der Rückzug ins Nationale ist für unser Land keine Alternative: Die AfD ist im Kern gegen das, was Deutschland stark gemacht hat und weiter stark machen muss. Die Wahl liefert den Auftrag an die künftige Regierung, Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Deutschland muss ein starkes und offenes Land bleiben, ein Standort mit einer positiven wirtschaftspolitischen Grundstimmung.
Wir brauchen eine starke Koalition der wirtschaftlichen Vernunft
Die Stärke der deutschen Industrie ist die Stärke Deutschlands. Unsere Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, Einkommen und bieten Aufstiegschancen. Sie investieren, zahlen Steuern, sorgen für Wachstum. Das positive Deutschland-Bild in der Welt und Deutschlands Einfluss in der Weltpolitik basieren auch auf der wirtschaftlichen Leistungskraft. Deshalb muss die Politik mehr Wirtschaftspolitik wagen als in den vergangenen vier Jahren: Unser Land braucht mehr Tempo, mehr Mut und mehr Weitsicht.
Deshalb muss der Staat die Unternehmen in unserem Land stärken – mit Investitionen für die Zukunft. In der neuen Legislaturperiode werden sich die steuerlichen Mehreinnahmen der öffentlichen Kassen auf fast 300 Milliarden Euro summieren. Mein Vorschlag für die Verwendung der Mehreinnahmen lautet: ein Drittel der Überschüsse für Investitionen, ein Drittel für Bildung, ein Drittel für Steuerstrukturreformen.
Wir brauchen eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik
Wirtschaftspolitik braucht Innovation, Verlässlichkeit und Technologieoffenheit. Diese Grundsätze müssen Vorrang haben vor Quoten, Verboten und politischem Wunschdenken.
Die Digitalisierung benötigt Gigabit-Infrastrukturen im Fest- und Mobilfunknetz. Das muss die neue Bundesregierung sofort anpacken – gerade auf dem Land, wo rund zwei Drittel der Industriearbeitsplätze sind. Auch die öffentlichen Verwaltungen müssen digitaler und damit bürgernaher und effizienter werden. Wir müssen als Gesellschaft gemeinsam im digitalen Zeitalter ankommen und dafür massiv in Bildung – für alle Altersstufen – investieren.
In der Steuerpolitik ist es Zeit für Strukturreformen. Wir dürfen die Augen vor dem steuerlichen Standortwettbewerb nicht verschließen. Wir brauchen ein attraktives Steuerrecht und weniger bürokratische Lasten. Die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung ist überfällig und muss in dieser Legislaturperiode für forschende Unternehmen aller Größenklassen kommen.
Deutschland muss in der Energie- und Klimapolitik einen Modernisierungspfad einschlagen, der das Land ökologisch und ökonomisch voranbringt und eine Chance eröffnet, politische Ziele zu erreichen, ohne Beschäftigung und Wohlstand nachhaltig in Gefahr zu bringen. Diskussionen über Technologieverbote und politisch definierte Zwischenziele bringen uns den Klimazielen nicht näher. Überzeugende steuerliche Anreize für mehr Effizienz in den Gebäuden wären ein guter erster Schritt für eine neue Bundesregierung.
Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen muss ein Ziel der neuen Bundesregierung sein. Das Verständnis für industrielle Wertschöpfungsnetze ist existenziell, um den Wohlstand in Deutschland zu sichern.
Wir brauchen eine Debatte über die Zukunft und Rolle Europas
Die Exportnation Deutschland muss angesichts großer globaler Risiken zukunftsfest werden – und das schnellstmöglich. Die gute Wirtschaftslage ist für die künftige Koalition kein Freifahrtschein zum Ausruhen auf Erreichtem. Die neue Bundesregierung muss Ideen für die Weiterentwicklung unserer sozialen Marktwirtschaft in einer starken EU formulieren.
Nur in einem handlungsfähigen Europa wird Deutschland politisch und wirtschaftlich stark bleiben. Es darf kein Zurück in Europa geben. Die Wirtschafts- und Währungsunion muss institutionell gestärkt werden. Ein Eurozonen-Budget und ein Euro-Finanzminister sind sinnvoll, wenn die Risiken nicht vergemeinschaftet, sondern reduziert werden. Wir Europäer haben den Anspruch, die Globalisierung auf Grundlage unserer Werte und Interessen zu gestalten. Das schafft Frieden und Wohlstand. Außenhandel ist der Motor unserer Volkswirtschaft. Jeder zweite Arbeitsplatz in der Industrie hängt am Export. Dabei soll es bleiben.
Der BDI wird diese Debatten mit der Politik führen und als Wirtschaftserklärer unternehmerischen Sachverstand in die politische Diskussion einbringen. Die Stimme der deutschen Industrie darf aber nicht nur in Berlin zu hören sein. Überall sollten sich Unternehmen aktiv einbringen, um Deutschland zukunftsfest zu machen.