Klimapolitische Debatten in Deutschland setzen oft voraus, dass der globale Konsens zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels des Pariser Abkommens auch in der Praxis besteht und andere Industrieländer Klimaschutz als primäres Ziel ihrer Energiestrategien betrachten. In China, Japan und Südkorea ist jedoch, ähnlich wie in den USA, zu beobachten, dass diese Länder Strategien verfolgen, die zwar auch zu CO2-Einsparungen führen, aber vor allem nationale Ziele im Vordergrund haben. Insbesondere wird deutlich, dass die besuchten Länder kein ähnlich klares moralisches Primat des Klimaschutzes formulieren, wie es in Deutschland der Fall ist.
So geht etwa in China die Klimapolitik Hand in Hand mit der Industriepolitik. Außerdem muss Klimapolitik einen Beitrag zur Energiesicherheit und Energieunabhängigkeit leisten, da diese Ziele besonders für Japan und Südkorea sehr hoch auf der politischen Agenda stehen. Im Gegensatz zu Deutschland können diese beiden Länder aufgrund ihrer geografischen Lage keinen Stromaustausch mit ihren Nachbarn betreiben. Deshalb muss sichere Energieversorgung zu jeder Minute aus den im eigenen Land verfügbaren oder sicher importierbaren Kapazitäten gewährleistet sein.
Die Staaten China, Japan und Südkorea verbindet der starke industriepolitische Ansatz ihrer jeweiligen Regierung. Die globalen Marktchancen der eigenen Industrieunternehmen haben Priorität, sogar in der Forschungspolitik. Südkoreanische Batteriehersteller etwa richten ihre Batterieforschung nach Entwicklungen in den chinesischen und europäischen Märkten für Elektrofahrzeuge aus. Der südkoreanische Markt spielt dabei eine nachgeordnete Rolle.
Außerdem formulieren die drei Staaten ihre langfristigen Energiestrategien mit Blick auf die Zukunftsperspektiven ihrer heutigen Industriezweige. Die Wasserstoffgesellschaft Japans erlaubt ausdrücklich, die bestehende Infrastruktur der Öl- und Flüssigerdgas-Industrie auch in der Zukunft zu nutzen.
Diese energiepolitischen Trends und Entwicklungen in zentralen Hochtechnologieländern Asiens dürfen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft hierzulande nicht außer Acht lassen. Der aktuell noch weiter wachsende Energiebedarf Chinas, der starke Wettbewerbsvorsprung der südkoreanischen Batteriehersteller sowie die visionäre Strategie Japans zum Aufbau einer Wasserstoffgesellschaft werden nicht ohne Einfluss auf die globalen Technologieentwicklungen sein. Deshalb muss das übergeordnete Ziel sein, trotz unterschiedlicher Strategien mit Partnern im Ausland nach Synergien bei der Entwicklung von innovativen Technologien zu suchen. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit die deutsche Energiewende auch international erfolgreich ist.