„Das Superwahljahr hat mit den ersten beiden von insgesamt sechs Landtagswahlen begonnen. Bis zur Bundestagswahl im September und der anschließenden Regierungsbildung steht „super“ durchaus für „superkompliziert“: kompliziert vor allem auch, weil kraftvolles gemeinsames Handeln der Bundesregierung mit den Ländern weiterhin zwingend ist und nicht durch den Wahlkampf der Parteien ausgehebelt werden darf. Pandemiebekämpfung erlaubt keine Pause. Sie darf aber auch nicht den Blick auf die Wahlprogramme und Zukunftsvorstellungen der Parteien für die kommenden Jahre überlagern. Beides muss Politik und Gesellschaft, muss uns parallel beschäftigen.
Die Botschaft der deutschen Industrie in die Gesellschaft hinein und besonders an die Politik ist klar: Deutschland ist ein starkes Industrieland – und muss es bleiben. Deutschland ist ein erfolgreiches Exportland – und muss es bleiben. Unsere Industrie mit ihrer Exportstärke garantiert Beschäftigung und Wohlstand. Damit das so bleibt, ist es entscheidend, die globale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu verbessern.
Es gibt ein Leben nach der akuten Pandemie. Der Blick wird dann wieder frei auf den grundlegenden Wandel des Industriestandortes Deutschland: Umbrüche durch Digitalisierung, künstliche Intelligenz, CO2-Neutralität, aber auch geopolitische und -ökonomische Umbrüche, Stichwort China.
Der BDI begreift sich in der Krise und bei der Entwicklung belastbarer Zukunftsstrategien als Teil eines Teams mit der Politik und weiteren großen gesellschaftlichen Gruppen, um unser Land und seine Institutionen stark zu halten. Industrie ist Teil der Gesellschaft und nicht Gegenpol einer sogenannten Zivilgesellschaft. Die Leistungsfähigkeit der Industrie für die Gesellschaft gehört in den Mittelpunkt der Diskussion über die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas.
Dank modernster biotechnologischer Verfahren konnte die Industrie innerhalb kürzester Zeit die Entwicklung völlig neuartiger Impfstoffe leisten und im internationalen Verbund aus mittelständischen und Großunternehmen die Massenproduktion hochfahren. Das ist ein sehr eindrucksvolles, aber bei Weitem nicht das einzige Beispiel für Innovationskraft und Umsetzungsstärke der Industrie.
Die Industrie ist in der Rolle des Machers, aber immer wieder auch des Mahners. Vieles in unserem Land dauert zu lange. Verwaltungsverfahren ziehen sich oft endlos hin. Wie sehr der öffentliche Sektor bei der Digitalisierung hinterherhinkt, hat die Pandemie überdeutlich offengelegt. Staatliches Handeln und leistungsfähige Verwaltungen sind absolut wichtig. Und in der akuten Sondersituation können auch mehr Staatseingriffe notwendig sein. Aber sie dürfen nicht zum Programm für die Zukunft werden. Dirigismus statt Markt funktioniert nicht.
Der heraufziehende Bundestagswahlkampf ist auch ein Wettbewerb der Versprechen. Es lohnt sich, genauer hinzusehen. Höhere Investitionen: ja, unbedingt – aber in echte Infrastruktur für Bildung, für lebenslanges Lernen, für bessere Mobilität, für eine global wettbewerbsfähige Wirtschaft, an deren Erfolg sehr viele partizipieren. Ehrgeizige Umwelt- und Klimaziele: klares Ja – aber so, dass die Transformation gelingt und Unternehmen und Arbeitsplätzen nicht die Basis entzogen wird. Verbesserungen im Sozialsystem: ja, gerne – aber getragen vom Grundprinzip der Subsidiarität und der Kombination von Fördern und Fordern. Und höhere Steuern als Wahlversprechen? Das irritiert, wo es doch gerade nach einer schweren Krise darum geht, wieder in Schwung zu kommen, zu wachsen und, ja, auch gezielt zu helfen.
Nach der Pandemie sehnen wir uns nach Normalität. Das ist in Ordnung. Aber Normalität ist niemals Stillstand. Sondern immer Gestaltung, Zukunftsgestaltung. Deshalb brauchen wir schnell ein langfristig angelegtes Wachstumsprogramm, das Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit vereint.
In Deutschland besteht mit Blick auf alle anstehenden Wahlen und Weichenstellungen dieses Jahres ein großer Bedarf an langfristig orientierten wirtschafts- und standortpolitischen Konzepten. Da hat die Industrie klare Erwartungen an die Parteien und Wahlkämpfer. Deutschland hat das Zeug zu mehr. Vom Krisenmodus umschalten in den Zukunftsmodus – das sollte über diesem Superwahljahr stehen.“