„Die russische Invasion in die Ukraine macht dieses Jahr wirtschaftlich extrem herausfordernd“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm gegenüber der Funke-Mediengruppe im Umfeld des TDI 2022. Der Krieg schwäche das Wirtschaftswachstum erheblich und setze viele Unternehmen unter immer größeren Druck: „Es gibt Branchen wie Glas-, Keramik- oder Stahlindustrie, die ganz unmittelbar leiden, in etlichen anderen Bereichen hat das erhebliche Folgeeffekte. Die Unternehmen passen sich an die Situation an und kämpfen sich durch.“
Wie kann der Westen der Ukraine helfen, ohne den Konflikt mit Russland auszuweiten? Diese Frage bewegt Politik und Wirtschaft wie kaum eine andere. Angesprochen auf die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Habeck, die Richtlinien für Rüstungsexporte überarbeiten zu wollen, sagte Russwurm: „Bis zum russischen Angriff auf die Ukraine gab es Debatten darüber, ob eine Verteidigungsindustrie ethisch vertretbar ist. Jetzt stellen wir fest: Die Idee der Friedensdividende hat ihre Grenzen, und wir brauchen Rüstungsgüter, um Sicherheit und Verteidigung in Europa gewährleisten zu können.“
Es sei wichtig, darüber zu sprechen, ob die deutsche Rüstungsindustrie jedem Staat alle Arten von Waffen verkaufen dürfe: „Schon heute entscheidet der Bundessicherheitsrat über jeden Rüstungsexport einzeln. Das deutsche Rüstungsexportregime ist weltweit eines der strengsten. Statt eines nationalen Alleingangs sollte sich die Bundesregierung deshalb, auch im Hinblick auf gemeinsame Rüstungsprojekte, für eine europäische Regelung stark machen.“
Scholz: Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ziehen an einem Strang
„Klima, Energiewende, Digitalisierung, die Pandemie, jetzt Putins mörderischer Krieg mit all seinen Folgen für Welthandel, Welternährung und globale Stabilität.“ Mit diesen Worten zählte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Rede auf dem TDI 2022 auf, was die Erde derzeit in Atem hält, und belegte damit, dass die „Zeitenwende“ – ein Begriff, den Scholz selbst mit seiner Rede zur Sondersitzung des Deutschen Bundestags Ende Februar prägte – „viele Facetten“ habe.
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine beschwor Scholz die Einigkeit: "Wir stehen enger denn je zusammen mit unseren Partnern u. Freunden in der EU, der Nato, der G7. National ziehen wir an einem Strang – Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.“
„Die Situation bleibt fragil“
Mit Blick auf die stetig sinkenden Wachstumszahlen der deutschen Wirtschaft sagte Russwurm: „ Wir gehen momentan noch von einer positiven Zahl aus. Aber unsere Erwartungen an Produktion und Exporte fallen geringer aus als zu Jahresbeginn. Es braucht Rahmenbedingungen, mit denen unsere Unternehmen klarkommen – Kosten, Steuern und Abgaben. Die Situation bleibt fragil.“
Auf die Frage, welche Folgen ein Importstopp für russisches Gas hätte, sagte der BDI-Präsident: „Ein Ausfall der russischen Gaslieferungen würde sofort zu massiven Einbrüchen in der Industrieproduktion führen und ganz Europa belasten. Dann wären wir deutlich in den roten Zahlen, was Konjunktur und Beschäftigung angeht.“