Die Bundesregierung sollte den Mut und die Kraft aufbringen, eine Unternehmensteuerreform auf den Weg zu bringen, die den deutschen Standort im globalen Wettbewerb zukunftssicher macht. Die notwendigen steuerpolitischen Maßnahmen sind kein Selbstzweck, höhere Gewinne für die Unternehmen zu generieren, sondern Voraussetzung für ein vitales Industrieland, Innovationsland und Exportland. Von einem wettbewerbsfähigen Standort profitiert die gesamte Gesellschaft.
Damit der Standort seine globale Wettbewerbsfähigkeit stärkt, muss der Gesetzgeber die Unternehmensteuern von aktuell rund 30 Prozent auf ein international durchschnittliches Niveau von maximal 25 Prozent senken. Die nominale durchschnittliche Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften in der EU liegt nur bei etwa 21 Prozent.
Vorbild für Steuersenkungen sind unsere Nachbarstaaten: Frankreich hat die Körperschaftsteuer von 32 Prozent innerhalb von zwei Jahren schrittweise auf unter 26 Prozent gesenkt. Österreich wird die Körperschaftsteuer in diesem Jahr von 25 Prozent auf 24 Prozent und in 2024 dann auf 23 Prozent senken. Anders als in Deutschland wurde hier die Gewerbesteuer längst abgeschafft. Bedeutet: Oft führt der Weg zur Verlagerung von Produktion nur über die nächste Grenze – und nicht nach Fernost in Billiglohnländer. Diese harte, aber einfache Wahrheit muss zu politischen Schlussfolgerungen führen. Wollen wir Arbeitsplätze in Deutschland sichern, indem Unternehmen im globalen Wettbewerb um die besten Innovationen optimal aufgestellt sind, braucht es ebenfalls ein wettbewerbsfähiges Steuersystem. In Klimaneutralität und Digitalisierung am hiesigen Standort zu investieren, gelingt dauerhaft nur zu angemessenen Kosten – und die Steuerbelastung ist ein wesentlicher Kostenfaktor. Ansonsten stellen wir uns gegenüber den internationalen Wettbewerbern weiter ins Abseits.
Die degressive Abschreibung ist eine unbürokratische Möglichkeit, Investitionsanreize zu setzen. Sie ist finanzierungsneutral, etabliert und sollte daher auch nach 2022 weiterhin angewendet werden. Je höher die Abschreibungsmöglichkeiten sind, desto eher können sich Unternehmen für Investitionen entscheiden, etwa in klimafreundliche Technik.
Neben der Reduzierung der absoluten Höhe der Steuerbelastung hält der BDI drei weitere steuerpolitische Maßnahmenbündel für unerlässlich:
Erstens: Kurzfristig muss die Liquidität der deutschen Unternehmen gestärkt werden, um sicherzustellen, dass sie die Krise überstehen und damit auch Arbeitsplätze gesichert werden. Dafür muss zum einen die Verlustverrechnung weiter verbessert werden. Es ist doch ein Gebot der Gleichbehandlung, Verluste vollumfänglich steuerlich geltend machen zu können, wenn im Gegenzug auch Gewinne entsprechend besteuert werden. Außerdem sollte es möglich werden, steuerfreie Rücklagen zu bilden, mit denen die Unternehmen die Möglichkeit haben auf die Inflation, steigende Energiekosten oder den höheren Rohstofflagerungsbedarf zu reagieren.
Zweitens: Stillstand in den mehrfachen Transformationsprozessen wäre fatal. Wollen wir die Klimaziele erreichen und dabei trotzdem ein global wettbewerbsfähiger Standort bleiben, so sind umfangreiche Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung notwendig.
Hierzu muss nun schnellstmöglich die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbarte Innovationsprämie für Klimaschutz und Digitalisierung auf den Weg gebracht werden. Die steuerlichen Rahmenbedingungen sind schnell gesetzt, nun müssen ganz konkret noch die förderungsfähigen Wirtschaftsgüter definiert werden. Andernfalls drohen wir hinter unseren eigenen Zielen weit zurückzufallen.
Deutschland ist ein Innovationsland – das hat man nicht zuletzt bei der Impfstoffforschung gesehen. Doch auch hier läuft der Fiskus dem Ausland bei der Förderung hinterher. Daher muss auch die seit 2020 bestehende Forschungszulage erhöht werden und Personal- sowie Sachkosten ebenfalls gefördert werden.
Stichwort Bürokratie: Neben diesen großen gesamtgesellschaftlichen Ausgaben dürfen wir auch nicht aus dem Blick verlieren, welches Bürokratiemonster das deutsche Steuerrecht ohnehin schon darstellt. Daher ist es unerlässlich, dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der europäischen Regelungen zur globalen Mindeststeuer darauf achtet, das diese zu keinem weiteren Alptraum in ihrer Umsetzung und Administration wird.
Drittens: Zusätzlich zu der Innovationsprämie muss die Bundesregierung gezielte Maßnahmen für ein nachhaltiges Steuerrecht umsetzen. Die Stromsteuer in Deutschland muss an das europäische Mindestniveau angepasst und es müssen Anreize für die Nutzung klimafreundlicher Mobilität und die energetische Gebäudesanierungen gesetzt werden. Wollen wir die Transformation der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft tatsächlich vorantreiben, um unsere Klimaziele zu erreichen, so sollten auch im Steuerrecht alle Register gezogen werden, um Deutschland klimaneutral zu machen.