Baugenehmigungen und Auftragseingänge hingegen sind stark rückläufig. Im Jahr 2023 dürften nicht mehr als 250.000 neue Wohnungen gebaut werden, weit entfernt von dem im Koalitionsvertrag festgelegten Ziel von 400.000. Der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs) blickt daher sehr verhalten auf das neu gestartete Jahr.
„Besondere Zeiten erfordern nicht nur besondere Maßnahmen, sondern auch entschiedenes politisches Handeln“, sagt Matthias Frederichs, bbs-Hauptgeschäftsführer. Gerade die Energieversorgung bereitet der Baustoffindustrie große Sorgen. Die Energiepreisbremsen haben zwar einige Brände löschen können, dennoch seien die Instrumente zu kompliziert und nutzen den vollen Spielraum des EU-Beihilferechts nicht aus. Die aktuellen Preise dürften laut dem Verband nicht zur dauerhaften Realität werden. „Im internationalen Vergleich sind 7ct für Gas und 12ct für Strom weit von einem wettbewerbsfähigen Niveau entfernt. Da zum Jahresende 2023 die Gasspeicher wieder gefüllt werden müssen, braucht es alle verfügbaren Kapazitäten am Netz, um die Gasverstromung zu entlasten. Die Erneuerbaren müssen dringend weiter ausgebaut werden, doch auch ein temporärer Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sowie eine Ausweitung der heimischen Erdgasförderung müssen ohne ideologische Vorbehalte ergebnisoffen geprüft werden“, so Frederichs.
Nachfrageseitig erwartet der bbs für 2023 rückläufige Bauinvestitionen in allen Bausparten. Dies betrifft auch den Bereich der energetischen Gebäudesanierung sowie den Ausbau bzw. die Ertüchtigung der öffentlichen Infrastruktur. „Die absehbare Baukrise gefährdet nicht zuletzt auch die Klimaziele der Bundesregierung und sorgt für eine weitere Verschärfung der sozialen Ungleichgewichte auf dem Wohnungsmarkt“, so Frederichs. Damit der Bau seine Rolle als Stütze der Konjunktur weiter ausfüllen kann, bedarf es zielgerichteter Maßnahmen, wie die Vereinfachung ordnungsrechtlicher Vorgaben, die deutliche Erhöhung des Volumens bei der Neubauförderung sowie die Erweiterung der geplanten Wohneigentumsförderung im Hinblick auf die Stärkung der Eigenkapitalbasis. Im Bereich der energetischen Modernisierungen wäre im Einklang mit den ambitionierten Klimazielen für den Gebäudesektor die Einführung neuer befristeter Förderinstrumente, wie etwa eines Modernisierungs-Kindergeldes, sinnvoll. Öffentliche Investitionen sollten im Interesse einer funktionierenden Infrastruktur an die Preisentwicklung angepasst werden. Mit Blick auf die knappen Staatsfinanzen in Krisenzeiten verweist Frederichs auf die Rolle des Konjunkturmotors Bau: „Die gesamte Wertschöpfungskette Bau trägt dauerhaft zur Modernisierung unserer Volkswirtschaft bei und könnte Taktgeber für die gesellschaftliche Transformation und mehr Resilienz sein. Die Mittel wären also zukunftsfest investiert.“
Daneben unterstützt der bbs das Vorhaben der Bundesregierung, die nationale Rohstoffstrategie neu aufzulegen. Umso kritischer sind daher erste Eckpunkte aus dem Bundeswirtschaftsministerium zu sehen, die die Gewinnung heimischer mineralischer Rohstoffe nur unzureichend adressieren. Für Frederichs steht fest: „Ohne mineralische Roh- und Baustoffe gibt es keine erfolgreiche Energie-, Verkehrs- und Bauwende.“ Der Titel des Koalitionsvertrags „Mehr Fortschritt wagen“ müsse jetzt stärker in den Mittelpunkt der politischen Agenda gerückt werden. Wie gewagter Fortschritt aussehen kann, zeigen die Roadmaps einzelner Baustoffbranchen zur Dekarbonisierung und Ressourcenschonung. Hierin werde aufgezeigt, wie Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit zusammen funktionieren. Auch für die Themen CO2-Abscheidung und Kreislaufwirtschaft liegen die Vorschläge von Industrie und Bauwirtschaft auf dem Tisch. Diese gelte es jetzt umzusetzen.