„Insbesondere die mögliche Ausweitung des Emissionshandels auf Flüge aus der EU und in die EU bedeutet eine eklatante Benachteiligung der europäischen Airlines und ihrer Drehkreuze gegenüber internationalen Wettbewerbern. Sie widerspricht dem Bekenntnis der EU-Mitgliedstaaten zu einer möglichst wettbewerbsneutralen Klimaschutzpolitik im Luftverkehr“, erklärt Jost Lammers, BDL-Präsident.
Einbeziehung aller Flüge von und nach Europa in das ETS führt zu Carbon Leakage
Während europäische Airlines ihre Langstreckenflüge über ihre Drehkreuze innerhalb der EU abwickeln (z. B. Lufthansa in Frankfurt und München, Air France in Paris etc.) tun dies nicht-europäische Fluggesellschaften über ihre Drehkreuze (z. B. Turkish Airlines über Istanbul, Emirates über Dubai etc.). Nach dem bisherigen europäischen Emissionshandel müssen CO2-Zertifikate ausschließlich für innereuropäische Flüge bezahlt werden. Nach dem Willen der EU müssten künftig ab 2027 ggf. auch die Emissionen auf den Langstrecken von und in die EU bezahlt werden. Für ausländische Fluggesellschaften fielen künftig dann zwar Kosten für Zertifikate auf Zubringerflügen aus der EU zu den heimischen Drehkreuzen an (Turkish Airlines in Istanbul, Emirates in Dubai, Qatar Airways in Doha). Aber auf dem längeren Teil der Strecke von ihrem jeweiligen Drehkreuz bis zum Endziel können sie ihren Langstreckenflug ohne zusätzliche Kosten für ETS-Zertifikate durchführen. Dieser erhebliche Kostenvorteil wird zur Verlagerung von Verkehrsströmen und damit zu Carbon Leakage führen. Emissionen werden dadurch nicht verringert, sondern nur in andere Teile der Welt verlagert.
Beschluss zu SAF Allowances verhindert Wettbewerbsnachteil nicht
Der Trilogbeschluss sieht ferner vor, dass die freie Zuteilung von Zertifikaten für den Luftverkehr bis 2026 ausläuft und die Airlines danach sämtliche Zertifikate kostenpflichtig erwerben müssen. Allerdings will die EU einen Ausgleich von Mehrkosten erreichen, wenn Fluggesellschaften nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) tanken. Eine hierzu verbindliche SAF-Beimischungsquote ist im Rahmen von Fit for 55 mit dem Gesetzesvorschlag zu ReFuelEU Aviation geplant. Um den dadurch entstehenden Wettbewerbsnachteil abzumildern, sollen bis 2030 europäische Airlines 20 Millionen kostenlose Zertifikate (SAF Allowances) für die Beimischung von SAF erhalten.
Damit erkennen Rat und Europäisches Parlament die großen Carbon-Leakage Gefahren an, die von einer einseitigen Beimischungsverpflichtung ausgehen. Die europäische Luftverkehrsbranche hat daher seit Vorlage der Gesetzesvorschläge durch die EU-Kommission immer wieder auf die gefährlichen Folgen hingewiesen, die bei der für den Klimaschutz so wichtigen SAF-Beimischungsquote entstehen, wenn nicht ein wettbewerbsneutraler Mehrkostenausgleich ergänzt wird. Die SAF-Allowances sind dafür ein erster richtiger Schritt zur Minderung dieser Gefahren. Allerdings reicht die Zahl dieser Zertifikate nicht einmal annähernd aus, um die in diesem Zeitraum entstehenden Mehrkosten zu decken. Die Anzahl der benötigten SAF Allowances sollte sich stattdessen konkret an den entstehenden Mehrkosten auf den von Wettbewerbsverzerrungen betroffenen Strecken orientieren. Das sind insbesondere die East-Bound-Flüge von EU-Fluggesellschaften zu Destinationen in Asien, dem Mittleren Osten und Afrika.