Welchen Einfluss hat Global Governance auf die deutsche Industrie?
Deutschland ist eine der handelsstärksten Nationen der Welt. Im Jahr 2014 betrug die Außenhandelsquote 84,7 Prozent des gesamten deutschen Bruttoinlandsprodukts. Auch durch Investitionen ist Deutschland stark in die Weltwirtschaft integriert: In Deutschland hängen etwa 2,8 Millionen Arbeitsplätze von ausländischen Direktinvestitionen ab und deutsche Direktinvestitionen im Ausland betragen mehr als 918 Milliarden Euro.
Aus dieser Stärke ergibt sich jedoch auch eine erhebliche Abhängigkeit – wie kaum ein anderes Land ist Deutschland auf stabile internationale Rahmenbedingungen, freie Märkte, nachhaltige Lieferketten und einen fairen Wettbewerb angewiesen. Der Erfolg der deutschen Wirtschaft hängt somit wesentlich von globalen Entwicklungen ab, die den Einflussraum Deutschlands weit überschreiten. Und dies sind durchaus nicht nur Herausforderungen bilateraler oder regionaler Natur. Der Klimawandel, ein faires Welthandelsregime oder auch die aktuelle Flüchtlingskrise beeinflussen das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands und benötigen gemeinsamer, globaler Kraftanstrengungen.
Wie kann die deutsche Industrie Global Governance effektiv mitgestalten?
Zuvorderst ist es notwendig, mit Regierungen zusammenzuarbeiten, sie über die Probleme und Bedürfnisse der deutschen Industrie zu informieren und mit unserer Expertise zu unterstützen. Dies tut der BDI gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Union, aber auch direkt gegenüber ausländischen Regierungen. Der BDI hat Auslandsvertretungen in Brüssel, Washington DC und Tokio.
In der Global Governance ist internationale Kooperation das A und O. Der BDI arbeitet eng mit Wirtschaftsverbänden in der ganzen Welt zusammen. Nur indem wir gemeinsam unsere Positionierungen sowie Aktivitäten koordinieren und abstimmen, können wir effektiv auf globaler Bühne auftreten. Unser Engagement in B7, B20, B20 Coalition, BIAC, BUSINESSEUROPE und der Internationalen Handelskammer ist fundamental, um Interessen der deutschen Industrie wirkungsvoll in der Global Governance zu vertreten.
Zudem ist die Wirtschaft, wie die gesamte Zivilgesellschaft, nicht nur Objekt, sondern auch Akteur der Global Governance. Der BDI unterstützt deutsche Unternehmen, aktiv an Global Governance-Prozessen teilzunehmen – so zum Beispiel bei ICANN oder auch in der globalen Standardisierungs- und Normungsarbeit.
Was sind die bedeutendsten Herausforderungen an Global Governance in den kommenden Jahren?
An globalen Herausforderungen mangelt es durchaus nicht. Politische Spannungen und Krisen, wie der russisch-ukrainische Konflikt und die Krisen im Mittleren Osten, wirken sich direkt auf Wachstum und Beschäftigung in Deutschland aus. Die zunehmende politische Instabilität kann nur bewältigt werden, indem sich die Stärke des Rechts gegenüber dem Recht des Stärkeren durchsetzt.
Generationsaufgaben, die wir schon heute mit voller Kraft angehen müssen, sind auch der Klimawandel und der Ressourcenmangel. Ohne Nachhaltigkeit können wir den künftigen Wohlstand Deutschlands nicht gewährleisten.
Die deutsche Industrie ist auf offene und stabile Weltmärkte angewiesen. Die protektionistischen Tendenzen der letzten Jahre und der Stillstand der Doha-Runde sind besorgniserregend. Ein faires, rechtsbasiertes und zukunftsorientiertes Welthandelsregime muss eine absolute Priorität darstellen.
Die Europäische Union ist essentiell für die deutsche Rolle in sämtlichen Global Governance-Prozessen. Wir müssen die Eurozone stärken, den Binnenmarkt vollenden und die politische Integration weiter vorantreiben. Dies sind nicht nur Grundpfeiler für Wachstum und Beschäftigung, sondern auch dafür, dass wir Europäer Global Governance effektiv mitgestalten können.