Auch heute Morgen sind meine Frau und ich wieder gemeinsam mit dem Auto ins Büro gefahren. Seit den Anschlägen von Paris mit Verbindungen in den Brüsseler Stadtteil Molenbeek meiden wir die Metro. Der Verkehr auf den Hauptverkehrsachsen in Richtung „EU-Institutionen“ und „Zentrum“ ist wie jeden Morgen besonders dicht, die Überholmanöver sind waghalsig. Soldaten bewachen schutzbedürftige Gebäude, an der geschlossenen Metrostation „Maelbeek“ erinnern Kränze und Solidaritätsbekundungen an die erschütternden terroristischen Attentate vom 22. März 2016.
An jenem Tag waren wir wegen eines privaten Termins etwas später dran. Bereits beim Frühstück hatten wir erschütternde Bilder vom Flughafen im TV gesehen. Die ersten Berichte über Rauch und Verletzte an der Metrostation Maelbeek erreichten uns unterwegs im Auto. Kurzentschlossen änderten wir die Route. Sirenen, gehetzte Menschen am Smartphone, die uns aus Richtung des Tatorts entgegenkamen, Sorge um Freunde und Kollegen, Gefühle von Unsicherheit und Wut – all das werden wir so schnell nicht vergessen.
Im BDI-Büro angekommen, stellten wir uns als Team der schwierigen Lage. Unser Büro im House of German Business, Industries & Employers liegt nur rund 600 Meter vom Tatort entfernt, die Metrostation Maelbeek ist „unsere“ Station. Nachdem klar war, dass alle Kollegeninnen und Kollegen körperlich unversehrt geblieben waren, verständigten wir uns gemeinsam auf das weitere Vorgehen: Vorläufige Ausgangssperre, kleiner Mittagsimbiss im Büro, sichere abendliche Heimfahrt für alle Mitarbeiter, lautete die Marschroute. Der entlastende Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie permanente Sicherheitsupdates über die sozialen Medien bestimmten den Tag.
Die unzähligen besorgten Anfragen und Solidaritätsbekundungen haben in diesen Stunden sehr gut getan. Jenseits des alltäglichen Ringens um EU-Richtlinien und Verordnungen zeigte sich sehr deutlich, wie stark eine gemeinsame Wertebasis zusammenschweißt.
Nach den Osterfeiertagen ist Normalität nach Brüssel zurückgekehrt. Der Staat ist sichtbar bemüht, eine schnelle Rückkehr zum Alltag zu gewährleisten: Zahlreiche Festnahmen, hohe Polizeipräsenz in den Straßen, offene Schulen und die Schrittweise Wiederaufnahme des Metrobetriebes künden davon. Auch der Brüsseler Flughafen nahm wieder einen Teilbetrieb auf. An die Stelle der Verunsicherung treten Trotz und Alltagsroutine. Nicht zuletzt der Streik der Fluglotsen wegen der geplanten Erhöhung des Renteneintrittsalters nur eineinhalb Wochen nach Wiederaufnahme des Flugbetriebs zeugt davon: Das Leben in Belgien geht weiter!